Köln – Zwei Jahre lang haben Kasalla gewartet – und ihre Fans. Zwei Jahre auf ein neues Album, zwei Jahre, bis das geplante Stadionkonzert der Band endlich stattfinden kann. Kommenden Freitag ist es dann gleich für beides soweit: Kasalla veröffentlichen ihr neues Album „Rudeldiere“ und spielen vor über 40.000 Fans im Rhein-Energie-Stadion. Wir haben mit der Band über den größten Auftritt ihrer Karriere gesprochen und uns die neuen Songs vorab angehört.
Album-Präsentation im Reineke Fuchs
Das „Reineke Fuchs“ auf der Aachener Straße ist bestens vorbereitet auf den Besuch: Am Eingang stehen Kölschflaschen mit Kasalla-Etikett, an der Wand schreibt eine Neonleuchte „Rudeldiere“ in den sonst eher dunklen Kneipenraum. Bei Kölsch und Häppchen ist das Zeitgefühl für den Spätnachmittag in der Stadt mit K schnell verloren.
Der Vorhang fällt zur Präsentation des neuen Albums, und Frontmann Bastian Campmann singt den großartigen Titelsong: „Künnt ihr spüre, wat ich spüre/kann mich irjendeiner hüre/Wo sin all ming Rudeldiere?“ Der Raum vibriert, Band und Zuschauerinnen und Zuschauer genießen sichtlich, dass so eine Veranstaltung wieder möglich ist.
Schon vor zwei Jahren hätte das Album erscheinen sollen, dann kam die Pandemie. Jetzt wird „Rudeldiere“ mit fetten 18 neuen Songs pünktlich zum ebenfalls aufgeschobenen Stadionkonzert am 17. Juni veröffentlicht, das mit 41.000 Tickets weitgehend ausverkauft ist. Entsprechend euphorisch, aber auch nervös ist die Band. „Wir sind aufgeregt, schlafen wenig und proben viel“, sagt Sänger Basti Campmann. „Wir hoffen, dass alles gut geht. Es ist kaum vorstellbar, dass es jetzt schon nächste Woche ist, weil es immer so weit weg war.“
„Das wird zehn Nummern größer als sonst“, ergänzt Flo Peil. „Da werden fünf Leute stehen, die sehr aufgeregt und sehr, sehr emotional sein werden.“ Er sei Nacht für Nacht mit den Visuals für die große LED-Wand beschäftigt. Und gibt zu, eher skeptisch gewesen zu sein, ob man den Laden auch voll bekomme. Angesichts der Resonanz überwiegt jetzt aber die Vorfreude: „Das Wetter sieht auch gut aus, und die, die keine Tickets mehr bekommen, haben am Tag danach ja noch eine Chance, uns zu sehen.“ Denn am Samstag, 18. Juni, spielen Kasalla erneut im Rhein-Energie-Stadion: Die „Fantastischen Vier“ haben sie spontan als Vorgruppe verpflichtet.
Überraschung: Goldene Schallplatte für „Pirate“
Bei ihrem Auftritt im „Reineke Fuchs“ spielt die Band „Die jode ahle Zick vun Morje“, „Pommes un Champagner“ und, zum ersten Mal live, das ruhige „Sing mich noh Hus“. Den Kompass neu ausrichten in einer fremd gewordenen, komplizierten Welt: „Wenn he alles am Aasch es/wenn et laut es un brennt/sök ich in all däm Lärm/irjend jett datt ich kenn/kumm sing mich noh Hus/Mach et wärm in der Bruss/Bitte nimm mir die Angs un dä Fruss“.
„Ich möchte euch gratulieren zu dieser richtig geilen Scheibe“, sagt Christoph Gross, Geschäftsführer von Pavement Records, im Anschluss an das kleine Set. Er erinnert sich an den 24. August 2011, als Flo Peil und Bastian Campmann „mit sechs bis acht Demotapes“ in seinem Büro standen. „Ich hatte noch nie eine neue Band, die so geile Songs angeboten hat.“ Eine Woche später, nach dem ersten Konzert im MTC, waren er und sein Geschäftspartner Detlef Vorholt (Paveier) sich einig, der Vertrag fürs erste Album nur noch Formsache.
Und dann gab es eine Überraschung für die Band: Gross und Vorholt überreichten Campmann, Peil, Ena Schwiers, Sebi Wagner und Nils Plum ihre erste Goldene CD für mehr als 150.000 verkaufte Einheiten von „Pirate“. Auch die Frauen im Hintergrund, Managerin Kim Gerstenberg und Theresa Heering, bekamen einen goldenen Tonträger im Rahmen. „Ich hätte nie gedacht, dass wir sowas jemals kriegen“, freute sich ein überglücklicher Flo Peil.
Gemeinschaftsgefühl der „Rudeldiere“
Aber zurück zum neuen Album. „Der Titelsong steht einfach für dieses Gemeinschaftsgefühl, das während Corona entstanden ist“, sagt Peil. Auf das Bild der „Rudeldiere“ seien er und Campmann gekommen, weil sie sich beide Hunde angeschafft hätten in der Pandemie. Aktuell gefällt dem Gitarristen besonders der Text des letzten Songs „Dat letzte Leed der Welt“.
Elf Jahre nach „Pirate“ hat der Kasalla-Frachter die Pest an Bord, der Kapitän ist blind und es ist klar, dass das sinkende Schiff keiner lebend verlässt. Auch die gierigen blinden Passagiere nicht, die im VIP-Bereich der ersten Klasse Krieg und Killerviren gut gelaunt ignorieren: „…un wat die Bordkapell zom Ungerjang spillt/Dat es et letzte Leed der Welt.“ Flo Peil: „Ich mag das, weil die Welt gerade genau so ist.“
Mischung aus Partysongs und emotionalen Liedern
Ansonsten sind wegen des Aufschubs nicht alle Lieder brandneu. „Der Ress vun dingem Levve“ etwa ist aus dem Jahr 2018, das klanggewaltige „Midden em Sturm“ und „Di Leed“ wurde schon vor zwei Jahren veröffentlicht, auch „Schälsickjung“, „Pommes un Champagner“ oder „Rudeldiere“ hat man schon oft live gehört. Ganz neu dagegen zwei sehr persönliche Songs: „Bunte Hungk“ ist eine liebevolle Hommage an Nobby Campmann, den früh verstorbenen Ex-Räuber und Vater von Bastian. „Immer noch Kasalla“ reflektiert die eigene Karriere. Und in „Durch ding Aure“ hat Ena Schwiers beschrieben, wie ihm seine Nichten und sein Patenkind einen ganz neuen Blickwinkel auf die Welt eröffnen.
Schön auch der „Typ im Speejel“, der sich selbst in den Hintern tritt, um endlich was zu verändern, oder das ruhige, Optimismus verbreitende „Leuchtrakete“. Für Mitgrölstimmung bei Live-Konzerten mit zahllosen Oh, Oh, Oh, Ohs ist wohl „Limonaad“ gedacht: „Wenn et Levve dir Zitrone jitt/dann mach dir Limonaad“. Ein Highlight ist das vor Kurzem vorgestellte „Jröne Papajeie“ mit dem Rapper Eko Fresh, in dem Vielfalt, Buntheit und Toleranz dieser Stadt beschworen werden. „Yalla Yalla, Eko und Kasalla/wir passen auf - alle aufeinander.“ Jede Farbe ist wichtig für das gesamte Bild. Kasalla trägt auf jeden Fall dazu bei.