Köln – Die Gründung des „Runden Tischs für Ausländerfreundlichkeit“ – so der ursprüngliche Name des Runden Tischs für Integration – vor 25 Jahren war eine direkte Reaktion auf die rechtsradikalen Mordanschläge von Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen Anfang der 90er Jahre. Eine Flugblatt-Aktion, an der sich viele Prominente von Brings bis zum damaligen OB Norbert Burger beteiligten, gehörte zu den ersten Aktivitäten. Im November 1992 war der Runde Tisch Unterstützer des legendären Konzerts der Initiative „Arsch huh“ auf dem Chlodwigplatz. In der Folgezeit engagierten sich die Mitglieder für die Flüchtlinge aus Jugoslawien, kämpften gegen Abschiebung von Roma und die Verschärfung des Asylrechts. Beim Bau der Moschee in Ehrenfeld bezogen sie Stellung gegen „Pro Köln“. „Mit Blick auf die Gegenwart“, so formulierte es OB Henriette Reker in einem Grußwort zum Jubiläum, „muss man sagen: Die Arbeit muss noch lange weitergehen.“
Ali Kemal Gün, Psychotherapeut und Integrationsbeauftrager der LVR-Klinik Köln
Ali Kemal Gün hat jahrelang Bekir Genc behandelt, der als 15-Jähriger beim Brandanschlag in Solingen schwerste Verbrennungen erlitt. „Das war der Ausschlag, mich beim Runden Tisch zu engagieren, denn es war klar: Das hätte auch mir passieren können. Auch viele meiner Patienten haben damals angesichts der Anschläge ihre Angst geäußert.“ Gün bezeichnet den Runden Tisch als „kleinen Hoffnungsträger“. „Er hat dazu beigetragen, dass sich Migranten von der Gesellschaft angenommen fühlen. Er hat uns eine Stimme gegeben.“
Hilmar Ankerstein, Ex-Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit
Angst. Das war das Gefühl von Hilmar Ankerstein angesichts der ausländerfeindlichen Anschläge Anfang der 90er Jahre. „Vor allem, dass viele Zuschauer Beifall klatschten, hat mich aufgebracht.“ Die Resonanz der Öffentlichkeit auf die Gründung des Runden Tischs sei damals ermutigend gewesen. „Aber wir müssen weitermachen. Der friedliche Zusammenhalt in der Gesellschaft ist nicht zum Nulltarif zu bekommen. Jeder ist gefragt, gegen Hass-Parolen seine Stimme zu erheben – Arsch huh, Zäng Ussenander!“
Renate Graffmann, frühere Vorsitzende des Rom e.V.
Renate Graffmann, die langjährige evangelische Pfarrerin in Bocklemünd , kam über ihr Engagement für Roma zum Runden Tisch. „Als infolge des Jugoslawienkrieges viele Roma aus dem Kosovo zu uns kamen, hat der Runde Tisch sehr geholfen. Wir haben uns gemeldet, wenn etwas falsch lief, und wir hatten Zugang zu den Entscheidungsträgern in der Stadt.“ Das hält sie auch heute für wichtiger denn je. „Die Einstufung des Kosovo als sicheres Herkunftsland ist eine Katastrophe, zurzeit gehen wir juristisch gegen die Abschiebung von Roma-Familien vor, die seit vielen Jahren in Köln leben.“
Hermann Rheindorf, Sprecher der AG „Arsch huh, Zäng ussenander“
„Der Runde Tisch hat 1992 mit zum Konzert auf dem Chlodwigplatz und der anschließenden Demo gegen Rassismus aufgerufen und war von daher eng mit der Gründung von »Arsch huh« verknüpft.“ Namentlich der vor drei Jahren verstorbene „Arsch huh“-Mitbegründer Karl Heinz Pütz habe sich über viele Jahre am Runden Tisch engagiert. „Der Runde Tisch hat uns die Tür zu Kirchen, Gewerkschaften und anderen Institutionen geöffnet. Wir aus der Musiker-Szene galten ja vorwiegend als links-alternativ . Aber der Schulterschluss mit dem bürgerlichen Lager war uns immer sehr wichtig.“
Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Sprecher des „Runden Tischs für Integration“
Als Sprachrohr der Minderheiten und Treiber einer integrativen Stadtgesellschaft bezeichnet Sprecher Wolfgang Uellenberg-van Dawen den Runden Tisch für Integration. „Wir sind unabhängig und können deshalb Missstände offen beim Namen nennen. Etwa, dass über 18-jährige Flüchtlinge keine Schule besuchen dürfen und ihnen die Integration unmöglich gemacht wird .“ Künftig will sich der Runde Tisch verstärkt für Roma-Familien einsetzen, die lange geduldet in Köln leben und jetzt abgeschoben werden sollen.
Eli Abeke, Mitglied des Integrationsrats der Stadt Köln
Der aus Nigeria stammende Architekt Eli Abeke weiß aus eigener Erfahrung, wie sich Diskriminierung auswirkt. „Migranten fühlen sich oft nicht angenommen als gleichwertiger Teil der Gesellschaft.“ Abeke möchte mit seinem Engagement am Runden Tisch auch das Verständnis für Geflüchtete aus Afrika vergrößern. „Viele Menschen sind schon vor Jahren aus ihren Ländern nach Libyen geflohen und hatten sich dort ein neues Leben aufgebaut. Dann wurde Gaddafi vernichtet, der Staat zerfiel, und nun kommen die Menschen in ihrer Hoffnungslosigkeit nach Europa.“