Wo steht Köln? Wie war das Jahr 2023? Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ analysiert in seiner Jahres-Bilanz, was gut und was schlecht war.
Köln-BarometerViele Krisen erschweren wichtige Entscheidungen
Die fetten Jahre sind vorbei. Das hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) gerade erst im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ angekündigt, die Krise ist laut Reker der neue „Normalzustand“. Was also noch nicht erledigt ist, wird angesichts der städtischen Finanzen immer schwieriger umzusetzen — und im zurückliegenden Jahr blieb erneut vieles liegen an großen Themen.
Da ist der Geißbockheim-Ausbau, auch 2023 ist nach knapp zehn Jahren Diskussion keine Entscheidung gefallen. Verwaltung, Rat und Klub kämpfen sich aneinander ab, bewegen sich mal aufeinander zu, mal wieder voneinander weg. Dass der Verein im Äußeren Grüngürtel Fußball-Plätze bauen darf, gilt als wenig aussichtsreich. Mit der alternativen Fläche in Marsdorf als Heimat für einen neuen Campus kann der FC sich anfreunden, doch auch dafür braucht er Geld von der Stadt, die diese für die Aufbauten am Geißbockheim zahlt. Nun soll es 2024 eine Lösung geben.
Kölner Klinikverbund soll entschieden werden
Ähnlich verhält es sich mit dem möglichen Klinikverbund von städtischen Kliniken und der landeseigenen Uniklinik. Was einmal eine „Charité des Westens“ werden sollte, ist bisher eine Dauer-Saga. Auch hier gilt: 2024 soll eine Entscheidung fallen, zumindest wenn es nach der Stadt geht. Die Landesministerien haben sich bislang nicht aus der Ruhe bringen lassen. Allerdings hat die Stadt vorgesorgt: Kommt der Verbund nicht, saniert die Stadt ihre Kliniken im Alleingang. Die Zentrierung der drei Krankenhäuser in Merheim hat der Rat 2023 beschlossen.
Alles zum Thema Henriette Reker
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Zusätzlich kassierte die Stadt einige Urteile vor Gericht, unter anderem zum Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit und zum Lärm-Streit am Brüsseler Platz, allerdings ist in diesem Fall das Urteil noch nichts rechtskräftig. Und der Prüfbericht zu den beauftragten Sicherheitsfirmen an Karneval offenbarte ein Ordnungsamt, das teils völlig den Überblick verloren hatte.
Klima-Konzepte sind angelegt, Umsetzung gefragt
Besser voran geht es mit der Vorbereitung der Stadt auf den Klimawandel und seine Folgen – zumindest in dem Maße, in dem die Stadt das selbst beeinflussen kann und nicht auf bundes- oder landesweite Fördermittel angewiesen ist. Nachdem die Stadt 2019 eher symbolisch den Klimanotstand erklärt hatte, sind in diesem Jahr konkrete Maßnahmenpakete gefolgt, wie der Klimaschutzaktionsplan und das Zero-Waste-Konzept. Konzepte hat Köln jetzt genug. Nun kommt es auf das Umsetzen an.
Das Köln-Barometer – alle Themen
VERKEHR Verkehrsversuche und ungünstige Urteile
KLIMA Klimaschutzaktionsplan und Zero-Waste-Konzept
SICHERHEIT Einsätze mit Polizeischüssen, aber auch erfreuliche Tendenzen
SOZIALES Das Krisenjahr 2023 hat die Ärmsten besonders hart getroffen
WOHNEN Kaum neue Wohnungen, GAG verklagt Kunden
SCHULE Der Schulbau in Köln läuft gut, doch das Platzproblem bleibt
BAUPROJEKTE Oper, Kalkberg, Museen – So geht es 2024 mit Kölns Großbauprojekten weiter
POLITIK Viele Krisen erschweren wichtige Entscheidungen
Für die Bürgerinnen und Bürger ist die Ausweitung der städtischen Förderprogramme für Photovoltaik oder Fassaden- und Dachbegrünung wichtig. Die kommunale Wärmeplanung soll Klarheit darüber bringen, wie jeder Haushalt in Köln künftig klimaschonend heizen kann und welche Gebiete an die Fernwärme angeschlossen werden können.
Politische Halbzeit-Bilanz
Das vergangene Jahr war auch das Jahr der politischen Halbzeit der Wahlperiode von 2020 bis 2025. Die Gegebenheiten für den Rat und auch die Verwaltung sind allerdings kompliziert: Auf Corona folgte der Ukraine-Krieg mit seinen Auswirkungen, dazu kommen die Zinswende, knappe Haushalte, viele Projekte. Die große Frage nach der Wahl 2020 war: Werden die Grünen ihrer Rolle als neue stärkste Kraft gerecht? Die Antwort lautet bisher: eher nein als ja.
Fraktionschefin Christiane Martin ist qua Position die Politikerin mit dem größten Einfluss, doch füllt sie diese Rolle nicht immer adäquat aus. Ihre Art macht sie nahbar, führt aber auch zu Sätzen, die sie in ihrer Position nicht sagen sollte. Zum verbaselten Verkehrsversuch auf der Venloer Straße sagte sie zum Beispiel: „Es kommt auf der Venloer Straße keiner zu Tode, es ist ein bisschen Chaos.“
Die CDU-Fraktion litt und leidet unter den jahrelangen Auseinandersetzungen der Kreis-Partei, sie tut sich mit Veränderungen in der Verkehrspolitik sehr schwer. Die Verkehrspolitik ist das große Streitthema dieses Bündnisses. Hat es eine Zukunft nach der Wahl 2025? Das wird auch davon abhängen, ob die SPD eine ernsthafte Alternative wird und ob Bündnispartner Volt ein One-Hit-Wonder bleibt oder nicht.