Immer mehr verstörende Details offenbart der Strafprozess um den Tod einer Schwangeren und ihres Babys. Angeklagt ist eine Kölner Apothekerin.
„Quält mich bis heute“Gift-Vermutung in Kölner Apotheke verschwiegen – Schwangere und Baby tot
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Die Heilig-Geist-Apotheke in Köln-Longerich
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In einer emotionalen Aussage hat eine ehemalige Mitarbeiterin der Heilig-Geist-Apotheke in Longerich vor dem Landgericht geschildert, wie sehr sie der Tod einer Kundin und deren Babys bis heute berührt. Angeklagt ist ihre frühere Chefin, die laut Staatsanwalt ein harmloses Glukosepulver für Schwangere versehentlich mit einem Narkosemittel vergiftet haben soll. Sie bestreitet das.
Köln: Gift-Vermutung nicht an die Ärzte weitergegeben
Während die Kundin nach der Einnahme der verunreinigten Glukose im Krankenhaus um ihr Leben gerungen hatte, sollen die Mitarbeiterin und auch die Angeklagte zumindest bereits die vage Vermutung gehabt haben, um welches Gift es sich handelte. Die Information, dass womöglich das Narkosemittel in die Glukose gelangt sein könnte, wurde aber nicht an die Ärzte weitergegeben.
Dass sie selbst die Ärzte nicht informiert habe, „quält mich seitdem sehr“, sagte die Zeugin. Grundsätzlich sei sie aber der Meinung, damals alles richtig gemacht zu haben, immerhin habe sie ja ihre Vermutung an die Chefin weitergegeben. Die Angeklagte habe daraufhin sogar einen Krümel des Narkosemittels probiert. Der habe bitter geschmeckt, so wie die vergiftete Glukoselösung.
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Zeugin: Belastend, dass sich niemand dazu bekannt hat
„Es geht sehr hierarchisch in einer Apotheke zu“, erklärte die ehemalige Mitarbeiterin, auch herrsche Schweigepflicht. „Rein menschlich hätte ich es anders machen sollen“, räumte sie ein. Die Angeklagte habe ihr damals gesagt, es sei ja nur eine Vermutung. Der Staatsanwalt sieht einen versuchten Mord durch Unterlassen, die Angeklagte habe die Verwechslung in ihrer Apotheke vertuschen wollen.
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Die angeklagte Apothekerin mit ihren Verteidigern beim Prozessauftakt im Landgericht Köln
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Ob es eine Einschätzung zur Überlebenswahrscheinlichkeit gegeben habe, fragte die Vorsitzende Richterin. „Nein, wir waren alle sehr überrumpelt und in Schockstarre“, sagte die Zeugin. Sehr belastend sei es für sie gewesen, dass sich niemand zu dem Fehler bei der Abfüllung bekannt habe. Das Vertrauen in die Kollegen sei weggewesen, daher habe sie die Apotheke verlassen, so die Zeugin.
Erste Anzeichen auf vergiftete Glukose nicht erkannt
Das Todesopfer hatte die Glukose für einen Diabetestest in einer nahe gelegenen gynäkologischen Praxis eingenommen, aufgelöst in einem Glas Wasser. Kurz darauf sei die in der 24. Woche Schwangere kollabiert. Der Arzt habe zunächst einen epileptischen Anfall angenommen. Die 28-Jährige verstarb am selben Tag, ihr per Notkaiserschnitt auf die Welt geholtes Baby einen Tag später.
Bereits zwei Tage vor dem Unglück hatte es erste Anzeichen auf die vergiftete Glukose gegeben. Eine weitere Patientin hatte den seltsamen Geschmack der Lösung bemerkt und nur einen Schluck genommen. Sie hatte daraufhin Kreislaufprobleme. Eine Praxismitarbeiterin hatte in der Apotheke Bescheid gegeben. Dort konnte man sich den Vorgang nicht erklären. Der Prozess wird fortgesetzt.