Köln – Wegen des Sturmtiefs Zeynep ging es am Freitag nicht auf die Gleueler Wiese, auf der der 1. FC Köln sein Trainingszentrum bauen will. Das Gespräch über Wortbruch, Klimawende und Verkehr fand in der Decksteiner Mühle statt.
Der Grüngürtel, insbesondere die Gleueler Wiese, war Ihnen so wichtig, dass Sie sogar den Ärger mit dem 1. FC Köln und seinen Fans in Kauf genommen haben. Warum?
Henriette Reker: Wir haben im Rat den Klimanotstand beschlossen. Von dem Moment an war mir klar, dass sich der Bau der Fußballplätze auf der Gleueler Wiese nicht mehr verwirklichen lässt. Ich habe das allerdings immer von dem ebenfalls geplanten Leistungszentrum getrennt. Mir geht es immer nur darum, den Grüngürtel zu erhalten. Ich bin doch nicht gegen den FC.
Ist denn inzwischen eine Lösung für das leidige Thema in Sicht?
Es wurde ja darüber berichtet, dass auch andere Standorte in Frage kommen. Ich habe immer gesagt: Was gut ist für den FC, ist auch gut für die Stadt. Und davon gehe ich auch nicht ab. Am Ende werden alle Beteiligten einen Kompromiss eingehen müssen.
Wann hat bei Ihnen das Bewusstsein für die Bedeutung des Klimaschutzes eingesetzt?
Schon vor langer Zeit. Ich war ja mal Umweltdezernentin, wie Sie sich erinnern. Damals war allerdings das allgemeine Bewusstsein für das Thema noch nicht so weit. Ich finde es bemerkenswert. dass heute Dinge möglich sind, die damals gar keine Mehrheit fanden.
Was tun Sie denn persönlich für den Schutz des Klimas?
Ich bin sowieso schon ziemlich nachhaltig. Wir kaufen nicht alles verpackt ein, nutzen immer Nachfüllpackungen. Bei Dienstreisen versuche ich immer möglichst auf das Flugzeug zu verzichten. Privat fahre ich seit Jahren in den Sommerurlaub immer mit der Bahn. Außerdem bin ich mit einem „Profi-Mülltrenner“ verheiratet.
Klimaschutz und Verkehr hängen eng zusammen. In Köln hat die Zahl der angemeldeten Autos in den letzten Jahren stetig zugenommen. Macht Ihnen das Sorgen?
Ja. Wir müssen vor allem den ÖPNV so attraktivieren, dass die Menschen ihn verstärkt nutzen wollen. Dazu gehört auch die Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln., vor allem elektrischen. Und das der in meiner Amtszeit begonnene Ausbau von Radwegen weiter verstärkt wird.
Dazu gehören auch die E-Roller. Aber die verschandeln die Stadt gerade gründlich.
Noch im Mai werde ich dem Rat eine aktualisierte Sondernutzungssatzung zur Abstimmung vorgelegen. Diese erlaubt es der Stadtverwaltung Sondernutzungsgebühren für E-Scooter zu erheben. Direkt im Anschluss werden befristete Sondernutzungserlaubnisse für E-Scooter Anbieter vergeben, die bereits verbindliche Qualitätskriterien sowie Verbotszonen definieren.
Zurück zu den Autos. Wo sollen die denn künftig alle hin? Schon jetzt ist es ein Glücksspiel, einen Parkplatz zu finden.
Die Autofahrer sollten sich jedenfalls darauf einstellen, dass das Parken teurer wird. Dann muss man sich jeder überlegen, ob das noch so sein muss, oder ob man nicht doch lieber den ÖPNV nutzt. Aber der muss dann natürlich besser ausgebaut sein.
Aber gerade das geschieht ja nur schleppend. Sie müssen doch jetzt die Weichen stellen, damit auch die geplanten Neubaugebiete im Norden und Süden der Stadt bereits angebunden sind, wenn die ersten Bewohner ihre Häuser beziehen – und nicht wie in Widdersdorf erst Jahrzehnte später.
So wie wir das in Widdersdorf erlebt haben, daraus hat nicht nur die Stadt Köln gelernt, sondern viele andere Städte auch. Künftig werden Menschen, die ein Neubaugebiet beziehen, vom ersten Tag an mit der Straßenbahn in die Stadt fahren.
Sie haben in ihrem Wahlprogramm angekündigt, dass Sie das 365-Euro-Ticket als Jahreskarte für den ÖPNV durchsetzen wollen. Wann kommt das denn?
Wir brauchen einen günstigeren ÖPNV. Gelingen wird dies weder Köln noch einer anderen Kommune aber alleine, da brauchen wir Unterstützung von Land und Bund. Daran arbeite ich mit meinen Oberbürgermeister-Kolleginnen und Kollegen.
Wie lange wird dieser Ausbau dauern?
Wir haben dafür dieses Jahrzehnt. Mehr Zeit ist da nicht. Kurzfristig arbeiten wir aber auch an einem Expressbusnetz.
Bekommt man das mit der KVB hin?
Ich erwarte von der KVB, dass sie für die Nutzerinnen und Nutzer eine Top Leistung erbringt. Der ÖPNV gehört zur Daseinsvorsorge. Und das kostet eben Geld. Der Konzern Stadt unterstützt die KVB deswegen mit ganz erheblichen Summen.
Muss die KVB sich angesichts der neuen Herausforderungen auch durch den Klimawandel vielleicht auch mehr bewegen und auch mal neue Wege gehen?
Jeder Akteur muss seine Haltung überprüfen. Und sie dann auch verändern.