Köln – Die Klimawende bei der Rheinenergie könnte deutlich günstiger werden als vom Stromanbieter selbst ausgerechnet. Statt Kosten von 247 bis 579 Millionen Euro pro Jahr könnte die Stadt sogar noch viel Geld einsparen, wenn die Rheinenergie ab 2030 ausschließlich auf Ökostrom setzt, wie es das Bündnis Klimawende Köln in einem derzeit laufenden Bürgerbegehren fordert. Nach eigenen Berechnungen, die an Schätzungen des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie anknüpfen, könnte die Umstellung auf regenerative Energien sogar ein Plus von 48,1 bis 119,1 Millionen Euro ergeben, sagte Tim Petzold von Klimawende Köln. „Die Rheinenergie hat nach unserer Auffassung an den umweltpolitischen und betriebswirtschaftlichen Realitäten der nächsten zehn Jahre vorbeigerechnet.“
Rheinenergie rechnet mit Millionenverlusten
Nachdem das Bündnis ein Bürgerbegehren Anfang des Jahres angekündigt hatte, hatte die mehrheitlich städtische Rheinenergie eine Kostenschätzung vorgelegt. Das Unternehmen kam dabei zum Ergebnis, dass eine Umstellung auf Ökostrom die Stadt mindestens 247 Millionen Euro pro Jahr kosten würde. So müsse der Stromversorger 95 Millionen Euro für die Erzeugung und den Kauf von erneuerbarer Energie ausgeben und Mehrkosten berechnen, um Fernwärme bereitzustellen. Diese beliefen sich auf 104 Millionen Euro, wenn man die Heizkessel auf Erdgas umrüste (dann müssten auch einmalig Anlagen im Wert von 84 Millionen Euro abgeschrieben werden) und gar 437 Millionen Euro, wenn alternative Energien wie Wasserstoff verwendet werden sollten. Zusätzlich entgingen der Rheinenergie ein Gewinn aus einem Rostocker Kraftwerk in Höhe von 37 Millionen Euro und der Stadt Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von fünf bis zehn Millionen Euro. Klimawende Köln kritisiert die Berechnungen.
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So rechne die Rheinenergie damit, dass die Windenergie bis 2030 ebenso teuer sei wie heute. Das Wuppertal-Institut vermutet dagegen einen Rückgang des Preises, was zu einer Einsparung von 57 Millionen Euro führen könnte. Zusätzlich habe die Rheinenergie mit einem sehr günstigen Preis für den Kauf von CO2 -Zertifikaten gerechnet. Diese müssen Unternehmen erwerben, wenn sie Kohlendioxid in die Luft ausstoßen. Pro Tonne geht die Rheinenergie von einem günstigen Preis von 31 Euro pro Tonne CO2 aus, das Wuppertal-Institut dagegen von 89 Euro.
Klimawende Köln schätzt nun, dass die Rheinenergie bis 2030 statt 2,2 Millionen Tonnen 1,9 Millionen Tonnen CO2 emittieren werde. Dies entspreche weiteren Kosten von 85 bis 110 Millionen Euro, die nicht entstehen würden, wenn auf Ökostrom umgerüstet würde. Umstritten ist zudem, ob das Rostocker Kraftwerk überhaupt Gewinne abwirft. Die Initiative glaubt auch, dass die Ausfälle bei der Gewerbesteuer durch den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen mehr als ausgeglichen werden könnte.
Bürgerbegehren
Klimawende Köln sammelt Unterschriften für das Bürgerbegehren „100 Prozent Ökostrom bis 2030“. Ziel der Initiative ist es, dass die Rheinenergie ab 2030 nur noch Strom aus erneuerbaren Energien anbietet. Unterzeichnen 25 000 Kölner das Papier, müsste sich der Rat mit dem Thema befassen. Lehnt das Gremium die Forderung der Bürger ab, könnten diese einen Bürgerentscheid anberaumen, in der die Kölner entscheiden könnten, wie grün ihr Strom künftig sein soll. Klimabündnis Köln erläuterte nicht, wie viele Unterschriften bereits eingegangen seien. (ris)
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Ein zentrales Thema bei den Berechnungen ist die Produktion von Fernwärme. Diese seien mit der Produktion von Strom in den vier Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen (KWK) der Rheinenergie (Merkenich, Niehl, Merheim und Südstadt) untrennbar verbunden, so Rheinenergie-Sprecher Frank Bender. Um zu 100 Prozent Ökostrom herzustellen müsse man die KWK-Anlagen stilllegen und Wärme über Heizkessel produzieren. Diese würden aber mit Erdgas gespeist und verfügten über eine niedrige Effizienz. Unter dem Strich würde auf diese Weise möglicherweise überhaupt kein CO2 eingespart. „Die Stromwende ist heftig, die Wärmewende ist eine Herausforderung“, sagte Bender. Klimawende Köln weist dagegen darauf hin, dass die Fernwärme nicht Teil des Bürgerbegehrens sei und daher nicht in die Rechnung einfließen dürfe.
Kölner Klimabudget fast aufgebraucht
Nach Auffassung der Initiative müsse schnell gehandelt werden. Dem Weltklimarat zufolge dürfen bis 2030 weltweit nur noch 580 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden, soll das Ziel das Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, erreicht werden. Köln habe nur noch ein CO2 -Budget von 45 Millionen Tonnen, so Petzold. Bei einem üblichen Verbrauch in der Stadt von zehn Millionen Tonnen pro Jahr sei das Budget in 4,5 Jahren verbraucht.
Würden die Emissionen langsam zurückgefahren, könnte es aber bis 2030 reichen. „Die CO2 -Reduktion muss jetzt erfolgen und kann nicht in die Zukunft verschoben werden“, heißt es in dem Papier.