Im Prozess gegen eine Kölner Apothekerin um zwei tote Menschen schilderte der Leiter der Mordkommission brisante Details.
Kölner Apothekerin angeklagtTödliche Verwechslung – lag es an der Farbe des Deckels?
Eine Schwangere kollabierte nach der Einnahme von vermeintlichem Traubenzucker, die Frau und ihr Kind starben. Verantwortlich dafür soll eine Apothekerin aus Köln-Longerich sein, bei der Abfüllung der Glukose soll sie Gefäße verwechselt und versehentlich ein Betäubungsmittel beigemischt haben. Beim Prozess vor dem Landgericht schilderte am Freitag der Leiter der Mordkommission, wie die Angeklagte reagierte, nachdem er sie mit dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung konfrontiert hatte.
Köln: Apothekerin stritt schon bei der Polizei alles ab
„Sie brach in Tränen aus, als wir fragten, was sie jetzt dazu sagen könnte“, beschrieb der Beamte die Vernehmungssituation. Die Apothekerin habe in der Folge gefasster gewirkt und im Wesentlichen alles abgestritten. Sie habe geschildert, dass die fabrikfertigen Glukoselösungen für Diabetestests von Schwangeren zur Neige gegangen seien, stattdessen selbst in der Apotheke Traubenzuckerpulver in 50 Gramm-Beuteln abgefüllt worden sei. Auch sie habe das im Tatzeitraum im September 2019 gemacht.
Der Staatsanwalt geht davon aus, dass die Apothekerin die Reste eines herumstehenden 1 Kilo-Eimers mit dem Lokalanästhetikum Lidocainhydrochlorid, das sie für Traubenzucker gehalten habe, in einen gleichartigen Glukosebehälter geschüttet und so die Giftmischung hergestellt habe. Bei der Polizei hatte die Beschuldigte angegeben, dass sie Restmengen grundsätzlich nicht mit anderen Chargen mixen würde – somit könne sie für das todbringende Gemisch auch nicht verantwortlich sein.
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Kölner Staatsanwalt hält Aussage für unschlüssig
Auch andere Mitarbeiter hätten es als „No Go“ beschrieben, unterschiedliche Chargen zu mischen. Der Staatsanwalt hielt dagegen, dass das wohl eher nur für Arzneimittel gelten dürfte. Glukose sei in der Apotheke unter der Kategorie Lebensmittel gelaufen, für die nach der erfolgten Abfüllung der Kundenbeutel keine eigene Dokumentation erstellt werde. Man hätte im Gegensatz zu angerührten Medikamenten ohnehin nicht nachvollziehen können, welche Charge man an wen verkauft hätte.
Stutzig sei der Kripo-Beamte geworden, als die Apothekerin erklärt habe, der Behälter des Betäubungsmittels habe ja einen roten Deckel, der der Glukose einen weißen. Dabei seien beide Abdeckungen weiß. Für die Ermittler sei es letztlich schlüssig gewesen, dass die Abfüllerin auch diejenige gewesen sei, die die verschiedenen Stoffe gemischt habe. Erste Verdachtsmomente gegen eine pharmazeutisch-technische Assistentin der Apotheke hätten sich hingegen nicht erhärtet.
Leiter der Mordkommission von Mordanklage überrascht
Dass die Apothekerin nun auch wegen versuchten Mordes auf der Anklagebank sitzt, ihr damit eine lebenslängliche Gefängnisstrafe droht, damit hätte der Leiter der Mordkommission jedoch nicht gerechnet. „Das war für mich völlig überraschend, das wurde so auch nicht in Betracht gezogen“, sagte der Beamte. Laut Anklage soll die Apothekerin ab einem bestimmten Zeitpunkt die Möglichkeit erkannt haben, wie genau die Schwangere vergiftet wurde und dies den Ärzten verschwiegen haben.
Von einer Rettung von Mutter und Kind habe man aber zu dem Zeitpunkt nicht mehr sicher ausgehen können, daher wurde trotz des Todeseintritts lediglich ein Mordversuch durch Unterlassen angeklagt. An jenem 19. September des Jahres 2019 starb eine 28-Jährige, sie war in der 24. Woche schwanger. Ihr Sohn Linus wurde per Not-Kaiserschnitt auf die Welt geholt, er starb einen Tag später. Der Lebensgefährte der Verstorbenen und Vater des Kindes verfolgte auch den zweiten Prozesstag.