Ein 31-Jähriger muss wegen gemeinschaftlichen Mordes lebenslänglich ins Gefängnis. Sein Verteidiger sieht keinen Beweis für ein Mordkomplott.
Verteidiger wollte FreispruchRichterin verhängt Höchststrafe im Kölner „Lynchmord“-Prozess
Im sogenannten „Lynchmob“-Komplex hat das Kölner Landgericht am Dienstag ein erstes Urteil gesprochen. Ein 31-Jähriger muss wegen gemeinschaftlichen Mordes lebenslänglich ins Gefängnis. Keine Rolle spielte dabei, dass der Angeklagte nicht aktiv an der Tötung eines Autofahrers in Höhenberg beteiligt war. Die Verteidigung hatte zuvor Freispruch beantragt.
Lynchmord-Prozess: Kölner Richterin spricht von Fassungslosigkeit
Nach langer Hauptverhandlung lasse einen das festgestellte Geschehen fassungslos zurück, erklärte die Vorsitzende Richterin Sabine Kretzschmar. Aus einem nichtigen Anlass heraus sei ein Racheplan geschmiedet und letztlich auch ausgeführt worden. Hintergrund der Tat war eine Auseinandersetzung zweier rivalisierender Großfamilien und ein im Internet veröffentlichtes Video. Statt die dort geäußerten unsäglichen Schimpftiraden eines Alkoholisierten in Serbien einfach zu ignorieren, habe sich die geschmähte Seite zu einer Reaktion entschlossen. Da der Belgrader nicht greifbar gewesen sei, habe es dessen unbeteiligten Bruder getroffen. „Nun muss eine Witwe ohne ihren Mann zurechtkommen und zwei kleine Töchter ohne ihren Vater“, sagte die Richterin.
Angehörige zweier Großfamilien hätten nichts gelernt
Auch für die Tätergruppierung seien die Folgen gravierend. Ein Angeklagter habe sich vergangenen Freitag kurz vor einem geplanten Urteil „tragischerweise das Leben genommen“, dessen mitangeklagter Sohn sei tief betroffen. Viele Familienangehörige befänden sich seit der Tat im März vergangenen Jahres auf der Flucht – wissend, dass auch ihnen lebenslänglich Haft drohe. Im Vorfeld hatte es auch in Belgrad bereits Vorfälle zwischen den Familien gegeben, es soll zu einer Schießerei gekommen sein. Auch nach dem gewaltsamen Tod des Familienvaters in Köln hätten die Beteiligten nichts gelernt, wie ein Messervorfall an den Ringen im April zeige. Der Vater des nun Verurteilten habe jüngst Videos mit dem Inhalt veröffentlicht: „Der Krieg geht weiter.“
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Kölner Verteidiger kündigt bereits Revision zum BGH an
Der nun verurteilte 31-Jährige habe am Tatort mit mehr als 30 Männern auf das spätere Opfer gewartet. Er habe verschiedene Grüppchen instruiert, so die Richterin – die Verteidiger hatten argumentiert, der Mandant habe den anderen die Tat ausreden wollen. Laut Gericht habe der Mann aber noch eine Waffe bereitgehalten, um sie einsetzen zu können, sollte das Opfer fliehen. Mehrere Männer hatten den Familienvater aus dem Auto gezerrt, geschlagen und mit Messern auf ihn eingestochen. Das Opfer überlebte die 17 Messerstiche, verstarb aber Tage später in der Klinik.
Verteidiger Abdou Gabbar hatte bereits angekündigt, bei einer Verurteilung Revision beim Bundesgerichtshof einlegen zu wollen. Gabbar sieht keinen Beweis für ein Mordkomplott, an dem sein Mandant beteiligt gewesen sei. Bereits am Mittwoch steht das nächste Urteil in dem Tatkomplex bei der gleichen Schwurgerichtskammer an. Parallel läuft noch ein drittes Verfahren.