Pfarrer Markus Hoitz stellt sich hinter die Verwaltungsleiterin, die Kardinal Woelki schwer belastet hat. Am Wochenende kam es zudem zum Eklat in Woelkis wichtigstem Beratergremium.
Solidarität mit MitarbeiterinPfarrer attackiert Kardinal Woelki: „Als Bischof fehl am Platz“
Der Königswinterer Pfarrer Markus Hoitz hat sich in der Auseinandersetzung über eine mögliche Falschaussage von Kardinal Rainer Woelki vor seine Verwaltungsleiterin Hildegard Dahm gestellt und Woelki scharf kritisiert. Das Erzbistum Köln droht der früheren Assistentin des Personalchefs im Erzbistum wegen ihrer Aussagen zu Woelkis Kenntnisstand im Missbrauchsskandal mit arbeitsrechtlichen Schritten.
Kölner Kardinal: „Als Bischof fehl am Platz“
Als „Bruder im Glauben“ könne er es nicht zulassen, dass so mit seiner „Schwester im Glauben“ umgegangen werde, „nur weil sie aus ihrem Herzen keine Mördergrube werden lassen will“, schreibt Hoitz in einer Stellungnahme. „Ich bewundere ihren Mut, an die Öffentlichkeit gegangen zu sein.“ Aus Woelkis Verhalten gegenüber Dahm schließt Hoitz, dass Woelki „als Bischof fehl am Platz“ sei.
Am Wochenende kam es in Woelkis wichtigstem Beratergremium, dem Diözesanpastoralrat, zu einem weiteren Eklat. Eine Reihe von Mitgliedern nahm am zweiten Sitzungsteil nicht mehr teil. Zuvor hatte Woelki es abgelehnt, sein Amt für die Dauer eines gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahrens der Kölner Staatsanwaltschaft ruhen zu lassen.
Alles zum Thema Rainer Maria Woelki
- Sanierung Gladbacher Stadtkirche feiert Altarweihe mit Erzbischof
- Sanierung Neuer Altar für Gladbacher Stadtkirche St. Laurentius wird geweiht
- Oberlandesgericht Köln Kardinal Woelki steht vor Sieg in Rechtsstreit mit der „Bild“-Zeitung
- Einsegnung „Einmalige Lage in der Gummersbacher Innenstadt“
- Zehn-Jahr-Feier in Siegburg Erzbistum investiert 63,8 Millionen Euro in die Integration
- Peter Krücker geht in Ruhestand Caritas-Chef: „In Köln wird Geld für die falschen Dinge ausgegeben“
- Umstrittene Amtszeit Kardinal Woelki seit zehn Jahren Erzbischof von Köln
Dahm war im „Kölner Stadt-Anzeiger“ Aussagen Woelkis entgegengetreten, wonach dieser erst im Juni 2022 mit dem Fall des Missbrauchstäters und ehemaligen „Sternsinger“-Präsidenten Winfried Pilz befasst worden sein will. Dahm legte demgegenüber eine Täterliste mit Pilz‘ Namen vor, die sie bereits im Januar 2015 für Woelki erstellt hatte und die dieser nach Aussage eines weiteren Zeugen auch gesehen haben soll. Weil Woelki seine Angaben in einem Rechtsstreit an Eides statt versichert hatte, ermittelt nun die Kölner Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts einer strafbaren Falschaussage.
Kölner Erzbistum: Nichts als Unterstellungen
Das Erzbistum beharrt auf der Stichhaltigkeit von Woelkis Angaben. Es beschuldigte Dahm bloßer Spekulationen „ins Blaue hinein“ und vermutete hinter ihren öffentlichen Erklärungen eine Kampagne, die Woelki „mit uralten, längst geklärten Geschichten“ schaden solle.
Diese von Woelki-Sprecher Jürgen Kleikamp erhobenen Anschuldigungen seien „nichts anderes als Unterstellungen: Fake news“, schreibt Hoitz. Es gehe wohl mehr darum, Dahm „zum Bauernopfer zu machen, damit die tatsächlich Verantwortlichen ihr Fell retten können“.
Als Verwaltungsleiterin bilde Dahm mit ihm seit 2019 im Seelsorgebereich Königswinter/Am Ölberg eine Doppelspitze, schreibt der Pfarrer und beschreibt sie als „sehr kompetent, engagiert und loyal“. An Dahms Arbeit könnten „sowohl das Seelsorgepersonal als auch die übrigen Mitarbeitenden der Kirchengemeinden spüren, dass ihr die Kirche ein Herzensanliegen ist“, betonte Hoitz.
Pfarrer Mitarbeiterin habe sich äußerst loyal verhalten
Dahm habe sich auch „äußerst loyal“ verhalten, als sie Woelki über ihr Wissen zum Fall Pilz um ein Gespräch bat. „Auf diese Bitte hat sie keine Antwort erhalten und ist auch nicht zu einem Gespräch eingeladen worden. Das ist gegenüber der Arbeitnehmerin äußerst illoyal. Als Pfarrer oder sonstiger Chef kann ich es mir nicht leisten, einem ehrenamtlich oder hauptamtlichen Mitarbeitenden nicht die Gesprächsmöglichkeit zu eröffnen, wenn er oder sie darum bittet – egal wie das Gespräch dann ausgeht. Die ‚Seelen- und Gewissensnöte‘ eines Mitarbeitenden muss ich unbedingt wahr- und ernstnehmen – egal, was dann an der Sache tatsächlich dran ist. Ansonsten bin ich als Seelsorger und auch als Bischof fehl am Platz.“
Im Diözesanpastoralrat konnte Woelki einen Teilerfolg für sich verbuchen. Die Mehrheit der etwa 75 Mitglieder lehnte den Vorschlag ab, dass das Gremium eine Auszeit nimmt. Knapp 30 Anwesende stimmten aber dafür. Das Erzbistum sprach in einer Pressemitteilung von einer „breit gefächerten Simmungslage“ und „intensiven Diskussionen“ der Sitzungsteilnehmenden.
Dem vorherigen Treffen im September waren mehr 50 Delegierte aus Protest ferngeblieben. Nach Feststellung der fehlenden Beschlussfähigkeit schloss der Erzbischof die damalige Sitzung wieder.
BDKJ-Vorsitzender mit scharfer Kritik an Woelki
Diesmal wurden die Beratungen fortgesetzt. Der Vorsitzende des „Bunds der Deutschen Katholischen Jugend“ (BDKJ) im Erzbistum, Volker Andres, erklärte anschließend, es sei ihm „unerklärlich, wie man da jetzt sitzen kann und Woelki zu irgendwelchen Entscheidungen berät“. Das sei für ihn „auch eine Form, das System zu stützen.“ Das könne und wolle er nicht mehr. In keiner anderen Institution könnte sich eine Leitung im Amt halten, solange ein Ermittlungsverfahren laufe. „Aber Woelki will noch nicht einmal bis zum Ende der Ermittlungen sein Amt ruhen lassen. Wie schnell würden seine Mitarbeitenden kaltgestellt, wenn gegen sie ein solches Verfahren läuft? Aber das wäre natürlich etwas anderes“, schreibt Andres in einem Facebook-Post.
Dem Diözesanpastoralrat gehören neben den Führungskräften der größten deutschen Diözese Vertreter der Priester, Diakone, Orden und pastoralen Mitarbeiter sowie zehn Laien aus dem Diözesanrat an. Laut Erzbistum befasste sich das Gremium am Samstag mit der geplanten Pfarreireform im Erzbistum.
Unterdessen solidarisierten sich nach der Mitarbeitervertretung des Erzbistums Köln auch die Berufsverbände der Pastoral- und Gemeindereferenten und -referentinnen mit Dahm. Die Berufsverbände nannten die angekündigte Prüfung arbeitsrechtlicher Konsequenzen eine Drohgebärde auch gegenüber allen anderen Mitarbeitenden. Sie dankten Dahm, „die ihre Loyalität nicht allein im dienstrechtlichen Sinne verstanden hat, sondern sich ihrem Gewissen und der Wahrheit verpflichtet fühlt“.