Köln – Nachdem die Polizei im „Kölner Stadt-Anzeiger“ angesichts hoher Unfallzahlen Verständnis für Forderungen nach einem E-Scooter-Verbot geäußert hat, ist eine Diskussion um die Zukunft der Elektroroller in der Stadt entbrannt.
Die Kölner Politik reagiert besorgt bis zornig auf die Roller und deren Fahrer, von Verboten ist aber bislang nicht die Rede. „Alkoholisierte E-Scooter-Fahrten bedeuten Lebensgefahr für die Nutzerinnen und Nutzer und andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer gleichermaßen“, sagt Lars Wahlen, Verkehrspolitischer Sprecher der Grünen. Die Anbieter müssten in ihren Apps stärker auf die geltenden Regeln hinweisen, die Stadtverwaltung solle mehr Abstellflächen einrichten.
Vermietfirmen stärker in die Verantwortung nehmen
Das Thema müsse „neu gedacht werden“, sagt CDU-Chef Bernd Petelkau. „Die Unfälle häufen sich, die Scooter liegen ständig an den unmöglichsten Stellen herum und sind noch dazu Umweltverschmutzer. Ihr Beitrag zur Mobilitätswende ist so gering, dass die negativen Effekte inzwischen deutlich überwiegen.“ Die Betreiber müssten klarer in die Verantwortung genommen werden, für die Abstellzonen seien strengere Regeln nötig, Verstöße müssten konsequenter geahndet werden.
Die Roller seien zwar mitunter ein Problem, aber ebenso „ein Teil der Mikromobilität“, etwa für die Fahrt von einer Bus- oder Bahnhaltestelle nach Hause, sagt der verkehrspolitische Sprecher von Volt, Max Pargmann. Ausschließlich feste Abstellzonen seien deshalb falsch. Vielmehr müssten die Regeln fürs Abstellen geschärft werden.
„E-Scooter sind übermotorisierte Spaßgefährte“
SPD-Fraktionschef Christian Joisten beklagt eine „Wild-West-Mentalität“, weil Nutzer bei Verstößen selten erwischt würden. Polizei und Ordnungsamt müssten das stärker kontrollieren und sanktionieren. Zudem solle Mieten und Abstellen „nur noch in klar begrenzten Räumen“ möglich sein.„E-Scooter sind übermotorisierte Spaßgefährte“, sagt Güldane Tokyürek, Fraktionssprecherin der Linken. Die Stadt müsse weitere „Abstellzonen festlegen und die Vermietfirmen für die Nutzung des öffentlichen Raums zur Kasse bitten“.
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Auch Christian Beese (FDP) plädiert für eine Ausweitung der Abstellverbotszonen. In Bereichen, wo besonders viele Unfälle passierten, solle die Polizei Aufklärung betreiben, unter anderem durch „Schockvideos“.
Dr. Emmanouil Skouras, Unfallchirurg und Ärztlicher Direktor im St. Franziskus-Hospital in Ehrenfeld, hat zahlreiche Patienten operiert, die Unfälle mit E-Scootern hatten. „In der Regel handelt es sich um leichte und mittelschwere Verletzungen, meistens an Armen und Händen, weil die Menschen versucht haben, sich beim Sturz abzufangen“, sagt Skouras. Aber auch Ellenbogenverrenkungen seien dabei, Schulter- und Schlüsselbeinbrüche, Schädelhirntraumata und Gesichtsfrakturen.
Mehr als die Hälfte aller Unfälle unter Alkoholeinfluss
„Wenn wir im Krankenhaus unsere Frühbesprechung nach einem Wochenende machen, dann heißt es eigentlich immer: »E-Scooter-Unfall unter Alkoholeinfluss«. Der Anteil der Alkoholisierten unter den Verletzten ist sehr hoch, mindestens 50 Prozent“, schätzt Skouras. Auch er findet, dass die Regeln verschärft werden müssen: „Durch eine Helmpflicht wären die bislang fünf tödlichen Unfälle in Deutschland vermutlich vermieden worden. Und man sollte über eine Geschwindigkeitsverringerung nachdenken.“ Die maximale Geschwindigkeit eines Miet-Scooters von 20 Kilometern pro Stunde sei „immer noch zu schnell“, sagt der Chefarzt.
Der ADAC Nordrhein kann sich ein komplettes Scooter-Verbot „nicht vorstellen“, plädiert aber dafür, die Roller in Bereichen „mit ausreichend Mobilitätsalternativen“ ab 23 oder 24 Uhr abzuschalten, zum Beispiel in der Kern-Innenstadt.
Polizei kündigt schärfere Kontrollen an
Der Verein „Stadtmarketing Köln“ will die E-Scooter lieber heute als morgen loswerden. „Dass lebenswerte Metropolen wie Kopenhagen die Scooter nun aus dem Stadtbild verbannen, ist konsequent und begrüßenswert, genauso wie die Position der Porzer Ratsmitglieder, den Wildwuchs einzudämmen“, sagt Geschäftsführerin Annett Polster.
Die Polizei will die E-Scooter-Fahrer fortan schärfer in den Blick nehmen und ab sofort jedes Wochenende abends und nachts im Rahmen von Schwerpunkteinsätzen kontrollieren, vorwiegend in der Innenstadt. Der Fokus liege auf Alkohol, Fahren gegen die Fahrtrichtung und Nutzung eines Fahrzeugs mit mehr als einer Person, sagte ein Polizeisprecher.