Nach dem Rauswurf eines Pflichtverteidigers verteilte der Vorsitzende Richter nun weitere Rügen und Abmahnungen im Kölner Drach-Verfahren.
Nach „Tag der Abrechnung“Geschasster Anwalt taucht nicht mehr auf – Drach-Richter verteilt weitere Rügen
Der mutmaßliche Komplize von Schwerverbrecher Thomas Drach will seinen Pflichtverteidiger Wolfgang Heer zurück. Das kündigte der verbliebene Anwalt des Niederländers Eugen W. am Freitag beim laufenden Prozess im Landgericht Köln an. Der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern hatte Heer nach mehrfachen Beleidigungen und weiteren Vorfällen das Pflichtmandat entzogen.
Kölner Richter wirft Pflichtverteidiger Heer raus
Als „Tag der Abrechnung“ beschreiben Prozessbeobachter die Vorgänge am Donnerstag, als Richter Bern den Pflichtverteidiger Heer aus dem Verfahren geworfen hatte. Heer, der den Gerichtssaal noch während der Rauswurf-Begründung fluchtartig verlassen hatte, könnte jetzt nur noch als Wahlverteidiger von W. auftreten, müsste dann aber mit dem Mandanten selbst abrechnen.
Vom Staat bekommt Heer nichts mehr, bisher waren das 802 Euro für einen vollen Prozesstag. Am Freitag tauchte der frühere Anwalt von NSU-Terroristin Beate Zschäpe nicht mehr auf, nur der zweite Pflichtverteidiger Sebastian Dobritzsch vertrat den mutmaßlichen Drach-Komplizen. Dobritzsch kündigte an, Eugen W. wolle sofortige Beschwerde gegen die Absetzung von Heer anbringen.
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Abmahnung und Rügen für weitere Verteidiger
Mit einer Engelsgeduld hatte der Vorsitzende Richter anderthalb Jahre lang unzählige Schmähungen und spitze Bemerkungen von Verteidiger Heer ertragen. Das Fass zum Überlaufen hatte der Anwalt gebracht, als er mit seinem Kollegen laut Gericht einen Prozesstag geschwänzt habe. Wochen später habe Heer ein nicht glaubhaftes ärztliches Attest eingereicht, so heißt es im Beschluss des Richters.
Das Fernbleiben hatte Heer auch damit begründet, dass der Richter den Verhandlungstag offiziell aufgehoben habe. Das wollen sein Kollege Dobritzsch und die Drach-Verteidiger Andreas Kerkhof und Dirk Kruse ebenfalls gehört haben. Sie gaben anwaltliche Versicherungen ab, die Richter Bern als falsch bezeichnete. Dobritzsch erhielt von Bern eine Abmahnung, Kerkhof und Kruse Rügen.
Richter weist auf nahende Plädoyers hin
Beim nächsten Verstoß könnten auch die Drach-Anwälte ihr Pflichtmandat verlieren, drohte Richter Bern. Anwalt Kerkhof bestand daraufhin auf der Richtigkeit seiner anwaltlichen Versicherung und kündigte einen Befangenheitsantrag an. Sollte Bern ihm wieder eine Falschangabe attestieren und ihn und seinen Kollegen Kruse absetzen, „dann sitzt Herr Drach hier ohne Anwalt“, sagte Kerkhof.
Das von Kerkhof aufgezeigte Dilemma quittierte Richter Bern mit einem Schulterzucken: „Was soll ich jetzt dazu sagen?“. Der Richter vertagte die Sitzung kurz darauf auf den 9. Oktober. Die Beteiligten sollen sich hierfür auf die Plädoyers vorbereiten. Das hoch gesicherte Mammut-Verfahren gegen Drach um vier bewaffnete Raubüberfälle auf Geldboten mit bisher 89 Prozesstagen könnte damit bald seinen Abschluss finden.