- In dieser Woche sollte das Semester an der Kölner Uni und den Fachhochschulen beginnen – eigentlich.
- Die Corona-Krise trifft auch die angehenden Akademiker hart. Keine Vorlesungen? Das wäre ja noch zu verkraften.
- Aber 78 Prozent aller Studenten müssen nebenher arbeiten, um ihren Lebensunterhalt in der teuren Großstadt zu bestreiten. Doch viele ihrer 450-Euro-Jobs sind weggebrochen.
- Einige Studenten fielen derzeit durch „alle Sicherungssysteme”, kritisiert das Studierendenwerk.
Köln – Es war an einem Dienstag vor zwei Wochen, als der Chef von Sophie die Angestellten eines Restaurants im Belgischen Viertel zusammenholte. Wegen der Corona-Krise musste die Gastronomie schließen. „Es hat sich angedeutet, deshalb war ich nicht überrascht“, sagt Sophie. Der Studentin, die im dritten Semester an der Uni Köln auf Lehramt Deutsch und Philosophie studiert und nicht mit Nachnahmen genannt werden möchte, bricht damit aber ein Teil ihres Einkommens weg.
Der 450-Euro-Job ist ein fester Bestandteil ihres Budgets. „Ich habe ein paar Rücklagen, die eigentlich für einen Urlaub gedacht waren“, sagte die 22-Jährige. Aber in acht Wochen sei das Geld aufgebraucht. Ist die Corona-Krise dann nicht ausgestanden, müsse sie vermutlich ihre Eltern um Geld bitten.
Der Fall von Sophie ist einer von vielen Studierenden, die von der Epidemie betroffen sind. Und nicht der schlimmste. Im Schnitt muss ein angehender Akademiker 850 Euro verdienen, um in Köln über die Runden zu kommen. Viele beziehen Bafög und erhalten Unterstützung durch die Eltern. 78 Prozent müssen laut Kölner Studierendenwerk aber trotzdem neben dem Studium arbeiten, um unter anderem die hohen Mieten in der Stadt bezahlen zu können. Ausländische Studenten betrifft die Epidemie besonders hart, denn sie erhalten kein Bafög.
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Am 1. April würde eigentlich das Semester an den Universitäten beginnen. Wegen der Pandemie wird der Semesterstart aber auf den 20. April verschoben. Ob es dann tatsächlich weitergeht, ist derzeit völlig unklar. Die Uni arbeitet derzeit daran, möglichst viele digitale Angebote zur Verfügung zu stellen. Der Studien- und Lehrbetrieb wurde eingestellt, an der Hochschule wurde das akademische Leben bis auf einen Minimalbetrieb heruntergefahren. „Wir wollen unsere Studierenden und alle Angehörigen der Universität so gut wie möglich vor Ansteckungen schützen“, sagte Rektor Axel Freimuth in einer Videobotschaft. Kein Wunder also, dass der Campus der Uni wie ausgestorben daliegt, die Studenten sitzen zu Hause und können nicht oder nur eingeschränkt lernen. Und eben nicht arbeiten.
Studenten, deren Eltern nicht aushelfen können, haben damit ein ernstes Problem. Das Landesasten-Treffen hat daher eine Petition ins Internet gestellt und gefordert, Studenten, die finanziell von der Pandemie betroffen sind, zu unterstützen. Die Vertretung der Studierenden fordert, dass jeder angehende Akademiker unbürokratisch eine Notfallhilfe von 3000 Euro erhalten soll, mit der die Studenten die kommenden drei Monate überstehen sollen. Eine Bedürftigkeitsprüfung soll es erst im Nachhinein geben, die Hilfe bei Bedürftigkeit als Zuschuss gewährt werden. „Im Nichtbedürftigkeitsfall wandelt sich die Zahlung in einen zinslosen Kredit um, der mit Ablauf von zehn Jahren fällig wird“, heißt es im Papier, das bereits von mehr als 34.000 Menschen unterzeichnet wurde.
„Der Staat muss sofort handeln”
„Notsituationen erfordern eine erhöhte finanzielle Flexibilität, die die meisten Studierenden nicht leisten können“, sagt Katrin Lögering vom Landes-Asten-Treffen NRW. „Daher muss der Staat sofort handeln.“ In der derzeit unklaren Studiensituation sollen Studierende nicht zusätzlich durch finanzielle Belastungen am Studienfortschritt gehindert oder zum Studienabbruch gezwungen werden. Das Angebot sollte auch für ausländische Studierende zugänglich sein. „Deutschland trägt für diese als Gastland in der Krisensituation eine besondere Verantwortung, zumal die psychische und finanzielle Belastung von ausländischen Studierenden in einigen Fällen noch angespannter ist.“
„Fallen durch alle sozialen Sicherungssysteme”
Das sieht auch Kumar Ashish, Sprecher des Bundesverbands ausländischer Studierender, ähnlich: „Aufgrund der Pandemie können viele ausländische Familien ihre Kinder, die in Deutschland studieren, nicht mehr finanziell unterstützen.“ In den wirtschaftlich schwächeren Ländern seien die Auswirkungen der derzeitigen Krise noch dramatischer. „Es gibt aktuell Studierende, die wegen des Wegfalls ihrer Jobs gar kein Geld mehr haben und durch alle sozialen Sicherungssysteme in Deutschland fallen.“
Das Deutsche Studierendenwerk (DSW) hat ebenfalls reagiert und fordert unter anderem einen Bund-Länder-Studienfonds für erwerbstätige Studierende, denen der Nebenjob wegbricht. „Fallen jetzt die Erwerbsmöglichkeiten für Studierende weg, stellt sie das vor erhebliche finanzielle Probleme, zumal jobbende Studierende in der Regel kein Kurzarbeitergeld erhalten“, sagte DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde.
„Die Bundesregierung, aber auch die Bundesländer, sind jetzt gefordert, zum Wohle der Studierenden rasch und unbürokratisch zu handeln – so wie sie es angesichts der Pandemie bereits tun.“ Auch Meyer auf der Heyde betont, dass auch internationale Studierende diese Hilfen erhalten sollen. Sie sollen für die Dauer der Pandemie keinen Finanzierungsnachweis mehr darlegen müssen. Zudem sollten Studierende überprüfen, ob sie durch die Corona-Krise nicht plötzlich Anrecht auf Bafög haben. Das sei der Fall, wenn zum Beispiel die Eltern ihren Job verlieren oder Kurzarbeit leisten müssten.
Einkommen nicht aufs Bafög anrechnen
Das DSW verlangt in einem Maßnahmenpaket aber noch mehr: So sollen die Regelstudienzeit und die Förderhöchstdauer beim Bafög um ein Semester erweitert werden, weil vermutlich im Sommersemester Klausuren und Prüfungen nur schwer oder nicht durchgeführt werden können. Einkommen von Studierenden, die bei der Pandemiebekämpfung erzielt werden, etwa als medizinische Hilfskräfte, sollen nicht aufs Bafög angerechnet werden.
Zudem sollen Bürgschaften der Bundesländer persönliche Bürgen bei den Darlehenskassen der Studenten- und Studierendenwerke ersetzen, damit diese Mittel an notleidende Studierende auch ohne Bürgen ausschütten können. Schließlich sollen finanzielle Zuschüsse von Ländern und Kommunen an die Studentenwerke, die mit massiven Einnahmeausfällen zu kämpfen haben, stützen. Hier geht es zur Petition.