Köln – Für Roman Lovenfosse-Gehrt (53) kann diese Entscheidung nicht wirklich überraschend gekommen sein. Der Chef der Kliniken der Stadt Köln muss gehen. Das hat der Aufsichtsrat am Montag einstimmig empfohlen. Stadtkämmerin Gabriele C. Klug (62) muss als Chefin der Beteiligungsverwaltung die Kündigung noch formal aussprechen. Weil sie erst nach Ablauf von neun Monaten wirksam wird, soll Lovenfosse-Gehrt mit sofortiger Wirkung freigestellt werden.
Die Stadt zieht damit die Konsequenzen aus der desaströsen wirtschaftlichen Lage, in der sich das Unternehmen mit den Krankenhäusern Merheim, Holweide und der Kinderklinik an der Amsterdamer Straße befinden. Erst im März musste der Stadt eine Finanzspritze von elf Millionen Euro bewilligen, um die Kliniken vor der Zahlungsunfähigkeit zu retten. Die Häuser schreiben seit Jahren rote Zahlen, das Minus für 2017 dürfte sich auf mindestens acht Millionen Euro belaufen, das Eigenkapital spätestens am Jahresende aufgebraucht sein.
Die wirtschaftlichen Risiken sind erheblich
Lovenfosse-Gehrt, der seit 2010 an der Spitze der Städtischen Kliniken steht, war es nicht gelungen, ein tragfähiges Sanierungskonzept vorzulegen. Im Gegenteil: Die wirtschaftlichen Risiken sind erheblich. Anfang März stellte sich heraus, dass für die Geschäftsjahre 2014 bis 2016 möglicherweise noch wirtschaftliche Risiken in Höhe von rund 25 Millionen Euro auf das Unternehmen zukommen. Dabei soll es sich um Ausfälle auf Forderungen gegenüber den Krankenkasse und Wertberichtigungen in Zusammenhang mit der Tochterfirma Rehanova handeln.
Der Geschäftsführer war vor zwei Wochen noch mehr in die Schusslinie geraten, als mehr als 20 Lungenärzte aus Köln und Umgebung ihrem Ärger über die Situation an der Lungenklinik in Merheim in einem offenen Brief an OB Henriette Reker und den Stadtrat Luft verschafft hatten. Die Klinik mit ihrem ausgezeichneten Ruf, führend in der Behandlung von Beatmungspatienten und eine der wenigen wirtschaftlich erfolgreichen Abteilungen, sei systematisch kaputtgespart worden. Eine bedeutende Zahl von Ärzten und Pflegepersonal habe das Haus verlassen. Die Patienten-Warteliste sei lang, die Betten könnten wegen des Fachkräftemangels nicht mehr alle belegt werden.
Geeignete Nachfolge-Kandidaten
Doch wie geht es jetzt weiter? Offenbar hat der Aufsichtsrat sich schon nach geeigneten Nachfolge-Kandidaten umgesehen. Es gebe „einen Plan B und einen Plan C“, hieß es aus Aufsichtsratskreisen. Die Politik wurde gestern informiert: Der Hauptausschuss des Stadtrats habe die Entscheidung des Aufsichtsrats und einen Bericht der Kämmerin zur aktuellen Situation der Kliniken zur Kenntnis genommen, teilte Stadtsprecher Alexander Vogel mit. Nun solle es zeitnah eine Sondersitzung des Finanzausschusses geben.
Auf den Nachfolger des geschassten Geschäftsführer warten viele Baustellen. Er muss mögliche Verhandlungen mit der Uni-Klinik über eine weitreichende Kooperation führen. OB Reker hatte dieses Modell zur wirtschaftlichen Sanierung der Städtischen Kliniken Ende 2017 angestoßen, das im Stadtrat allerdings nicht von allen Fraktionen unterstützt wird. Vor allem die SPD und die Linke sehen einen großen Kölner Klinikverbund kritisch. Sie fürchten Nachteile bei der Grundversorgung der Patienten. Auch bei den Grünen gibt es erhebliche Bedenken. Lediglich CDU und FDP haben sich ohne Vorbehalte für eine Fusion ausgesprochen.
Möglicher Verkauf an die landeseigene Uniklinik
Vor einem möglichen Verkauf an die landeseigene Uniklinik muss die Stadt mit einem Gutachten den Wert ihrer angeschlagenen Tochter ermitteln lassen. Dies wird durch einen externen Gutachter geschehen. Derzeit suchen Wirtschaftsprüfer des Unternehmens Ernst und Young nach den Ursachen der Finanznot und Sanierungschancen. Eigentlich sollte über das Schicksal des Geschäftsführers im Aufsichtsrat erst entschieden werden, wenn diese Ergebnisse vorliegen. Das ist jetzt Makulatur.
Die jüngste Entwicklung dürfte in der Chefetage der Uni-Klinik aufmerksam verfolgt werden. Der Übernahmekandidat steckt tief in der Krise. Das dürfte erhebliche Folgen für den Kaufpreis haben. Für Oberbürgermeisterin Reker habe „die aktuell notwendige finanzielle Stabilisierung der städtischen Kliniken höchste Priorität“, hieß es noch vor zwei Wochen. Auf den neuen Chef oder die neue Chefin kommt viel Arbeit zu.