Köln – Das zuletzt recht komplizierte Verhältnis zwischen den Verantwortlichen im Rathaus und den neun Bezirksvertretungen hat sich deutlich entspannt. Mehr noch: Die Lindenthaler Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker (CDU) findet Lob für die Kollegen im Stadtrat, weil sie eine „Verhaltensänderung“ feststelle. Und ihr Ehrenfelder Kollege Josef Wirges von der SPD macht Oberbürgermeisterin Henriette Reker öffentlich Komplimente. Er sei der OB sehr dankbar. Sie habe wesentlichen Anteil daran, dass man einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gegangen sei.
Langer Kampf um Geld und Anerkennung
Das sind neue Töne in einem lange zerrütteten Miteinander. Seit Jahren kämpfen die Bezirkspolitiker um Anerkennung, Rechte und Geld, die ihnen im Rathaus verweigert wurden. Nun hat Oberbürgermeisterin Reker einen so genannten „Abgrenzungskatalog“ als Richtlinie für die Verwaltung in Kraft gesetzt. Er ist das Ergebnis einer Kommission, die seit 2016 unter Rekers Vorsitz verhandelt. Ihr gehören Vertreter der Bezirksvertretungen, der Verwaltung und der Ratsfraktionen an.
Der „Abgrenzungskatalog“ beschreibt erstmals recht konkret die Zuständigkeiten vom Straßenbau über Kultur- und Sporteinrichtungen bis zu Grünflächen. Erstmals wird anerkannt, dass sich die Bezirksvertretungen auch um die Unterhaltung und Ausstattung der Schulen im Stadtbezirk kümmern sollen. Gymnasien und Gesamtschulen bleiben gesamtstädtische Angelegenheiten genauso wie Grundsatzentscheidungen über den Bau neuer Schulen oder Generalsanierungen. Doch bei Haupt-, Real- und Grundschulen sollen nun die Bezirksvertretungen das entscheidende Wort bekommen.
In der Innenstadt bleibt die Abgrenzung schwierig
Die Verantwortlichen haben den Versuch unternommen, zu beschreiben, was im gesamtstädtischen Interesse liegt und was nicht. In der Vergangenheit hatte vor allem der Stadtrat diese Frage zu seinen Gunsten recht großzügig ausgelegt. Für den Stadtbezirk Innenstadt bleibt die Frage eine äußerst spannungsreiche, denn hier dürfte tatsächlich vieles im Interesse der ganzen Stadt sein. Für die acht anderen Stadtbezirke ist aber offensichtlich eine zufriedenstellende Klärung erfolgt.
„Nun geht es um die praktische Umsetzung“, so Wirges. Entscheidungsprozesse müssen anders organisiert werden. In Zukunft werden die Bezirke – zum Beispiel beim Straßenbau – den Bedarf und die Prioritäten festlegen. Dazu braucht es die professionelle Unterstützung und Bewertung der Experten in der Verwaltung. Und die sitzt weiterhin in der Zentrale und nicht in den Bezirksämtern. Als Vorbild für das Verfahren gilt die Spielplatzbedarfsplanung. Qualitative Standards wurden in den Bezirken und den Fachausschüssen vorberaten und vom Stadtrat beschlossen. Die konkreten Maßnahmen in den Stadtteilen werden aber von der jeweiligen Bezirksvertretung beschlossen.
In weiteren Schritten wird es um die Frage gehen, wie die Bezirke gestärkt werden können. Mit dem „Abgrenzungskatalog“ werde nur geltendes Recht umgesetzt, so Wirges. „Der nächste Schritt muss sein, dass die Bezirke Budgets für bestimmte Aufgaben bekommen“, fordert der Rodenkirchener Bezirksbürgermeister Mike Homann (SPD). Für die aktuellen Haushaltsplanungen wird das nicht mehr gelingen können.