- Über den Bau neuer Hochhäuser ist in Köln schon häufig gestritten worden.
- Hitzig wurde jüngst auch im Stadtrat über die Planungen für den Friesenplatz diskutiert.
- Ein Gespräch mit Dombaumeister, Peter Füssenich, und Stadtkonservator, Thomas Werner, über das Hochhaus-Bauvorhaben eines Investors an der Ecke Friesenplatz, Hohenzollernring und Magnussstraße.
Herr Füssenich, ein Investor will am Friesenplatz ein bis zu 67 Meter hohes Haus bauen. Was hat das mit dem Dom zu tunFüssenich: Der Dom stand wegen einer Hochhausplanung in unmittelbarer Nähe bereits einmal auf der Roten Liste der gefährdeten Welterbestätten. Jede Diskussion um ein Hochhaus in Sichtweite des Doms führt daher zu emotionalen Reaktionen, die ich zum Teil nachvollziehen kann. Meine Vorgängerin Barbara Schock-Werner hat sich entsprechend geäußert, weil sie in ihrer Amtszeit erfolgreich gegen Hochhauspläne kämpfen musste, die den Dom als Weltkulturerbe beeinträchtigt hätten. Für die Planungen am Friesenplatz gibt es aber auch Sachargumente, die sorgsam abgewogen werden wollen.
Wie bewerten Sie das Hochhaus-Bauvorhaben des Investors an der Ecke Friesenplatz, Hohenzollernring und Magnussstraße?
Füssenich: Alle Bauvorhaben, die über die an den Ringen vorgegebene Höhe von 22,50 Metern hinausreichen, bedürfen einer besonderen und kritischen Betrachtung. Der Investor ist aus Gründen der Wirtschaftlichkeit gewiss daran interessiert, die vorhandene Höhe von 39 Metern mindestens zu halten, wenn nicht sogar stärker auszureizen. Die Stadt hat großes Interesse, die vorhandene Bausünde zu beseitigen und den öffentlichen Raum an dieser Stelle deutlich besser zu gestalten. Damit ist ein Interessenkonflikt zwischen Stadtplanung und Investor entstanden, der sich nur mit kritischer Prüfung lösen lässt. Aus meiner Sicht wären dabei auch die verkehrlichen Auswirkungen der Planung zu prüfen, denn für die jetzt sichtbaren Erfolge der Verkehrsberuhigung auf den Ringen darf es keinen Rückschritt geben.
Herr Werner, die Investoren blicken auf das Gerling-Karree von Architekt Norman Foster auf der gegenüberliegenden Seite und argumentieren, dass dort auch schon in die Höhe gebaut wurde.
Werner: Neben dem Bezug zur Höhe des Foster-Baus gibt es Meinungen, dass man mit einem weiteren Hochhaus eine städtebauliche Torsituation schaffen könnte. Das muss ich kritisch sehen. Es gibt bislang weder eine Massenstudie noch ein Modell. Wir sprechen also über etwas Abstraktes. Das Foster-Hochhaus steht zurückversetzt vom Ring und von der Magnusstraße in Form einer Scheibe. Aus meiner Sicht wird man mit einem gegenüber geplanten Hochhausturm gestalterisch und städtebaulich kein Tor ausbilden können. Symbolisch stehen Tore außerdem immer an wichtigen Punkten einer Stadt, um einen Eintritt zu markieren. Diese Torsituation haben wir am Friesenplatz mit der verschwenkten Magnusstraße aber überhaupt nicht. Deshalb tue ich mich als Stadtkonservator schwer mit dieser Idee. Ein Hochhaus muss auch immer eine gewisse Proportion erfüllen, um eine elegante Wirkung zu erzeugen. Wenn wir in der Innenstadt ein weiteres Hochhaus bekommen, muss es diese Forderung erfüllen und ein qualitätvoller Beitrag des 21. Jahrhunderts für die Kölner Stadtsilhouette sein.
Zu den Personen
Peter Füssenich, geboren am 19. Januar 1971 in Bonn, ist Architekt und Denkmalpfleger. Im Juli 2012 wurde er zunächst stellvertretender Dombaumeister und im Januar 2016 Dombaumeister.
Thomas Werner, geboren am 4. Mai 1962 in Kiel, ist Architekt und Kunsthistoriker. 2011 wechselte er zur Stadt Köln, seit Dezember 2012 ist er als Stadtkonservator für den Denkmalschutz zuständig. (att)
Das städtische Konzept für die Ringe sieht vor, dass Solitäre zwar möglich sind, aber nicht höher als 60 Meter sein dürfen. Außerdem dürfen sie zu den Ringen hin nur sieben Geschosse hoch sein. Welche Auswirkungen hat das?
Werner: Der Foster-Bau hält das ein und springt an den Ringen zurück. Ein Hochhausbau gegenüber müsste diese Regeln natürlich auch befolgen. Vielleicht lässt das Grundstück auf der gegenüberliegenden Seite das gar nicht zu. Diese Ecke anzupacken, ist ein positiver Aspekt, aber wie sich das gestalterisch lösen lässt, das muss jetzt eine Massenstudie zeigen. Am Ende kommt eine Bruttogeschossfläche heraus. Das ist eine wirtschaftliche Fragestellung, die ich als Stadtkonservator erst einmal außen vor lasse, da es um eine ansprechende Stadtsilhouette geht. Es gibt für einen Investor keine Garantie, dass er, wenn er ein Grundstück kauft, auch eine bestimme Bruttogeschossfläche umsetzen kann.
Herr Werner, was macht die Ringe so besonders?
Werner: Wir haben hier mit der Planung der Ringstraße von Josef Stübben ein wichtiges historisches Erbe, das den gesamten Ring mit einer einheitlich durchlaufenden Höhenlinie bestimmt. Stübbens städtebauliches Konzept öffnet geschickt an verschiedenen Stellen die Ringbebauung und gibt als „Point de Vue“ den Blick auf die Hochpunkte der jeweils zurückversetzten Kirchtürme frei, wie zum Beispiel die Christuskirche. Dieses Konzept sollte man nicht aufweichen, indem man jetzt überall entlang der Ringe weitere Hochpunkte schafft. Selbst der Wiederaufbau der 1950er Jahre hat das Ringkonzept bewusst berücksichtigt.
Baudezernent Markus Greitemann hat gesagt, dass er jetzt erst einmal ein Hochhauskonzept entwickeln will. Sollte so lange gar kein Hochhaus mehr gebaut werden?
Werner: Als Stadtkonservator begrüße ich diese Vorgehensweise sehr. Im Sinne aller Beteiligten brauchen wir für die Stadt endlich ein verbindliches Konzept. Wir werden aber schwerlich warten können, bis das Hochhauskonzept fertig ist. Eine Massenstudie für den Friesenplatz wird vorausschauend zeigen, ob ein Hochhaus an dieser Stelle verträglich wäre oder nicht.
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Füssenich: Die Massenstudie ist ein gutes Planungsinstrument für eine städtebauliche Lösung an dieser Stelle, die ich sehr befürworte. Sie dient als Grundlage für die Diskussion im Rat. Das Hochhaus ist ja noch keine beschlossene Sache. Sicher kann dieser Einzelfall aber keine Blaupause für die Bebauung von Grundstücken in der Innenstadt sein. Wie würde man sonst anderen Hauseigentümern an den Ringen erklären, dass sie keine Hochhäuser errichten dürfen, ihr Nachbar aber schon? Ein Nachbarbau hat es übrigens ganz aktuell vorgemacht: Die Schließung der Ecke gleich gegenüber fügt sich wunderbar in das Ringkonzept ein.
Herr Füssenich, was halten Sie denn grundsätzlich von Hochhäusern in der Innenstadt?
Füssenich: An manchen Orten können Hochhäuser städtebaulich sinnvoll sein, an anderen nicht. Ich bin auch als Dombaumeister nicht grundsätzlich gegen Hochhäuser. Der Dom war bei seiner Fertigstellung 1880 das höchste Haus Gottes auf Erden. Er ist als Welterbestätte ein herausragendes Baudenkmal der Menschheit und besitzt damit einen Anspruch, dem sich andere Gebäude unterordnen müssen. Da sehe ich die engere, aber natürlich auch die weitere Domumgebung mit den wichtigen Sichtachsen. Würde jemand direkt neben dem Dom ein 67 Meter hohes Haus bauen wollen, wäre der Aufschrei zurecht groß. Bei dem geplanten Höhenentwicklungskonzept geht es um die Zukunft des Städtebaus in Köln, es geht aber auch immer um die Zukunft des Doms als Baudenkmal von Weltrang. Das verlangt nicht nur die Würde des Doms. Das verlangen auch die Konventionen der Unesco und künftig auch das novellierte Denkmalschutzgesetz des Landes. Der darin geforderte Managementplan für den Dom muss daher neben einer Schutzzone auch eine Höhenentwicklungsplanung beinhalten.