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Kölner Weihnachtsmärkte gut besucht„Lassen uns auch nach Magdeburg nicht von der Angst leiten“

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Familie Heep besucht trotz der Terrorgefahr den Weihnachtsmarkt am Dom.

Familie Heep besuchte trotz der Geschehnisse in Magdeburg den Weihnachtsmarkt am Dom.

Die Kölner Weihnachtsmärkte waren trotz der Tat von Magdeburg gut besucht. Viele kamen mit einem mulmigen Gefühl.

Auf dem Weihnachtsmarkt am Dom wirkt alles wie immer. Als die Sonne am frühen Sonntagnachmittag herauskommt, drängen sich die Menschen dicht an dicht im gemächlichen Tempo an den Buden vorbei. Kaum einer scheint nach den Geschehnissen von Magdeburg zu Hause geblieben zu sein. Und doch ist etwas anders: Die Atmosphäre wirkt achtsam, keiner drängelt.

Der Magdeburger Weihnachtsmarkt ist in den Köpfen präsent. Natürlich habe sie ein mulmiges Gefühl heute, sagt Elena Wagner, die mit ihren Kindern Philip und Maja am Stand mit den gebratenen Champignons steht. Jedes Jahr kommen sie am letzten Wochenende vor Weihnachten aus dem Rhein-Sieg-Kreis hier auf den Markt am Dom, um sich durch die weihnachtlichen Köstlichkeiten durchzuprobieren. „Nach dem, was in Magdeburg passiert ist, haben wir überlegt, ob wir überhaupt kommen sollen. Wir haben uns dann aber doch auf den Weg gemacht.“ Bevor sie den Markt durch den Eingang betreten haben, hat die Familie sich genau angeschaut, wie der Eingang abgesichert ist. „Auf uns wirkte das solide.“ Und so sind sie entschlossen, sich die weihnachtliche Familientradition nicht selbst zu verbieten.

Familie Thielmann besucht trotz der Terrorgefahr den Weihnachtsmarkt am Dom.

Barbara und Stephan Thielmann aus Gerolstein trafen auf dem Weihnachtsmarkt ihre Kinder Tabea und Lucas, die aus Berlin und Stuttgart angereist kamen.

Zumal die Lage hier ja völlig anders sei als in Magdeburg, analysiert Werner Heep aus Troisdorf. Dort habe der Weihnachtsmarkt an einer Straße gelegen. „Aber dieser Markt hier liegt ja auf einem Platz, der mit dem Auto ganz schwer erreichbar ist.“

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Das sei alles viel besser abzusperren und das gelte für viele Kölner Weihnachtsmärkte. Mit drei Generationen ist die Troisdorfer Familie hier. „Wir haben uns spontan hier heute im Kölner Dom verabredet, um für die Opfer des Magdeburger Anschlags zu beten“, erzählt seine Frau Gabriele.

Maja und Philip Wagner besuchen trotz der Terrorgefahr den Weihnachtsmarkt am Dom.

Die Geschwister Maja und Philip Wagner besuchen traditionell mit ihrer Mutter Elena den Weihnachtsmarkt am Dom. Trotz eines mulmigen Gefühls kamen sie auch in diesem Jahr.

Auch Sohn Benjamin und die Enkel Greta und Emil sind dabei. Anschließend genießen sie nun bei einer Bratwurst das Treiben auf dem Weihnachtsmarkt. Für Gabriele Heep ist das eine stimmige Kombination. Ihr ist wichtig, sich nicht von der Angst leiten zu lassen. „Leben ist immer lebensgefährlich“, zitiert sie eine Weisheit von Erich Kästner.

Und erinnert daran, wie sie sich mal im Dom eine schmerzhafte Hüftverletzung zugezogen hat und von Notfallärzten vor Ort behandelt und abtransportiert werden musste. „Im Dom. Wer rechnet denn damit.“ Sicherheit sei eben eine Illusion.

Für Barbara und Stephan Thielmann war die Sache nicht so einfach. Die beiden Gerolsteiner stehen mit ihren erwachsenen Kindern Tabea und Lucas am Würstchenstand. Seit einigen Jahren trudeln die Familienmitglieder aus verschiedenen Himmelsrichtungen in Köln ein, um sich auf dem Weihnachtsmarkt am Dom zu treffen.

Aber in diesem Jahr fühlt sich das anders an. Für das Ehepaar rührt das, was da am Freitag in Magdeburg passiert ist, an ein eigenes Trauma. Sie waren dabei, als am 1. Dezember 2020 in Trier ein Mann bei einer Amokfahrt einen Geländewagen vorsätzlich durch die belebte Fußgängerzone lenkte und sieben Menschen zu Tode kamen.

Es sei wie ein Flashback, erzählen sie. Daher hat es sie auch innere Kraft gekostet, heute hierher zu kommen und die familiäre Weihnachtsmarkttradition weiterzuführen. „Es ist eine bewusste Konfrontation mit der eigenen Angst“, sagt Barbara Thielmann. Und sie sind froh, dass sie gekommen sind. „Wenn man sich nicht mehr raustraut, dann kann man sich ja gleich vergraben.“