25 Jahre Lanxess-Arena. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, blicken Geschäftsführer Stefan Löcher und sein Vorgänger Ralf Bernd Assenmacher auf bewegte Zeiten.
„Es ging jedes Jahr ums Überleben“Wie die Lanxess-Arena nach Insolvenz-Gefahr in die Gewinn-Zone kam
Die Corona-Pandemie hat für erhebliche Einschnitte bei der Lanxess-Arena gesorgt. Sind die Folgen inzwischen überwunden?
Stefan Löcher: Was das Live-Entertainment anbelangt, so sind wir wieder oben auf. Erfreulicherweise hatten wir auch Nachholeffekte mit vielen Konzerten und zahlreichen Gästen, die das Geschäft beflügelt haben. Wir haben sozusagen drei Jahre in eines gepackt. Wir sind stolz und sehr, sehr happy.
Aber das Geld sitzt bei vielen Menschen nicht mehr so locker, die Preise für Konzerte sind stark gestiegen ...
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Löcher: Natürlich gibt es jetzt auch nichts schönzureden. Die nächsten Jahre werden nicht einfacher. Sämtliche veranstaltungsrelevanten Kosten sind 30 bis 40 Prozent gestiegen. Die Energiekosten steigen ins Unermessliche. Aber zum Glück steht dem entgegen, dass die Leute derzeit große Lust auf Live-Entertainment haben.
Wie hoch waren die Verluste?
Löcher: Wir reden bewusst nicht so über Verluste. Wir blicken nämlich nicht zurück, sondern haben jetzt die Zukunft zu gestalten - Fakt ist: Wir müssen Geld verdienen, weil wir in den nächsten zehn Jahren locker 40 Millionen Euro in die Arena investieren müssen, um sie auf dem neuesten Stand zu halten. Doch das Geld konnten wir in der Pandemie nicht verdienen, weil wir Corona hatten. Fairerweise muss man auch sagen, dass die Corona-Hilfen des Staates ganz ordentlich waren – nichtsdestotrotz haben wir extrem gelitten.
Können Sie uns kurz das Eigentümer- und Betreiber-Modell erklären?
Löcher: Eigentümer der Immobilie ist die Junson Capital Company Limited aus Honkong, sie hat die Arena 2015 gekauft. Wir, die Arena Management GmbH, als Betreiber, gehören zu 100 Prozent zu CTS Eventim. Und wir zahlen eine Pacht. Wir sind auch in der Corona-Zeit unseren Verpflichtungen nachgekommen. Das hört sich jetzt vielleicht etwas locker an, aber eigentlich war die Zeit die reinste Pressur. Da kamen uns wieder die Anfangsjahre in die Köpfe – wir waren ja die ersten zehn Jahre lang insolvenzgefährdet.
Ralf Bernd Assenmacher: Es gab damals in Köln wohl kein vergleichbares Unternehmen, das jedes Jahr diesem Druck ausgesetzt war. Es ging jedes Jahr ums Überleben. Für uns und damit auch für einen bedeutenden Teil der Veranstaltungsbranche. Einem, wie mittlerweile jeder weiß, großen und sehr wichtigen Wirtschaftszweig.
Löcher: Es gibt, glaube ich, auch keine Arena, die ein Jahr nach Eröffnung insolvent gegangen ist wegen der Holzmann-Pleite (der Baukonzern war als Betreiber vorgesehen, Anm. d. Red.). Die Handball-WM 2007 sorgte bei uns für die ersten wirtschaftlichen Glücksgefühle. 2007 war das erste Jahr, wo wir keine Verluste verzeichnet haben.
Assenmacher: Die Politik hat sich damals nicht sehr hinter uns gestellt. Und ich betone auch heute: Wer sich entscheidend auf die Hinterbeine stellen muss, das ist nicht die Arena, sondern die Stadt Köln.
Das haben Sie in ihrer Amtszeit stets kritisiert, Herr Assenmacher, dass sie als Wirtschafts- und Image-Faktor nicht mehr Unterstützung aus dem Rathaus bekommen haben.
Assenmacher: Das beschränkte sich gefühlt auf drei Taxi-Plätze vor der Arena und eine zu kleine Busspur, und das ist quasi auch heute noch so. Das ist doch unfassbar.
Sie waren damals sehr umtriebig, sind häufig in die USA gefahren, um neue Formate aufzuspüren. Dennoch machte die Arena Verluste. Warum?
Assenmacher: Es war ja so: Die Arena steht, und ich musste Programm besorgen. Ich habe in den ersten Jahren gar nicht gewusst, wie wir die Halle mit Leben füllen können. Mein Bestreben war es immer, die Weltstars nach Köln zu holen. Das ging nur durch persönliche Kontakte und Überzeugungsarbeit. Die Arena war damals noch eine international unbekannte Spielstätte. Elton John oder Pavarotti konnten mit unserer Marke noch nichts anfangen. Und nur mit der Lachenden Kölnarena allein hält man keinen stabilen Betrieb aufrecht. Ich habe dann zum Beispiel das WWE-Wrestling aus den USA nach Köln geholt. Aber nach zwei Jahren waren die auf einmal bei einem fremden Veranstalter, was sich auf der Einnahmen-Seite natürlich bemerkbar machte.
Löcher: Wir waren auf vielen Gebieten Vorreiter. Denken Sie an die NBA, die Sie nach Köln geholt haben.
Assenmacher: Stimmt, da war ich bei den Basketball-Bossen in den USA. Die konnten das gar nicht fassen, was wir wollten. Da hat dann einer seinen Assistenten aufgefordert, einen Atlas zu holen, um zu sehen, wo dieses „crazy village“ Köln liegt. Da hab’ ich denen erst mal erklärt, dass wir auch schon Telefon haben, Fernsehen und Kühlschrank. Es war damals richtige Kärrnerarbeit.
Ist es heute einfacher als zu Assenmachers Zeiten, Herr Löcher?
Löcher: Das Entscheidende damals war, dass die Pacht zu hoch war. Zudem gab es einen verzerrten Wettbewerb, da viele andere Arenen in NRW städtisch subventioniert wurden – im Gegensatz zur rein privatwirtschaftlichen Arena. Es gab drei Faktoren, durch die wir aus der Verlustzone gekommen sind. Erstens: Wir haben einen Namensgeber-Vertrag unterzeichnet, der uns geholfen hat. Dann treten heute mehr Künstler auf als früher, auch verbunden durch die Tatsache, dass weniger Tonträger verkauft werden. Und drittens: Es dauert einfach viele Jahre, bis eine solche Arena optimal aufgestellt ist. Wir hatten hier teilweise Excel-Listen mit 500 bis 1000 Maßnahmen, bei denen wir uns optimiert haben.
Assenmacher: Man muss es einfach mal so sagen: Stefan Löcher ist ein Glücksfall für die Arena. Ohne ihn wäre das nicht so geworden.
Wollen Sie das Kompliment erwidern, Herr Löcher?
Löcher: Gerne. Ich habe von Herrn Assenmacher sehr viel mitgenommen und gelernt. Die wesentlichen Themen waren Presse, Marketing, Vertrieb. Natürlich habe ich auch unheimlich viele Menschen kennengelernt, denn ich war bei vielen Gesprächen dabei...
Assenmacher: Sie waren bei allen dabei.
Wer stellt die größte Konkurrenz für die Arena dar?
Löcher: Die sitzt hier in NRW. Krefeld ist städtisch, Dortmund ist städtisch, Düsseldorf ist städtisch – in der jetzigen Markt-Konstellation ist das für uns sehr herausfordernd. Gerade bei großen Sportveranstaltungen wird es in Zukunft schwieriger, den Zuschlag zu bekommen, weil sich die Stadt deutlich dazu bekennen muss.
Und das macht sie nicht?
Assenmacher: Nehmen Sie doch nur mal den ursprünglichen Plan der Stadt, die Gummersbacher Straße direkt vor der Arena zum Teil in eine Radstraße umzuwandeln.
Löcher: Also, ich versuche mal, es weniger reißerisch zu formulieren: Fakt ist, dass es eine Illusion ist zu glauben, dass die Stadt uns jemals was geben kann, weil sie sich immer hinter dem Beihilferecht – teilweise zurecht – zurückziehen kann. Wir haben bei Großsportveranstaltungen in der Vergangenheit hervorragend zusammengearbeitet. Aber die Radwege sind eigentlich kein schlechtes Beispiel, um zu sehen, wo es hakt. Es wäre wünschenswert, wenn wir hier noch enger zusammenrücken würden, für eine starke gemeinsame Zukunft, die wir anstreben.
Wo genau?
Löcher: Es geht uns häufig nur um Kleinigkeiten, und da ist oft nicht das Verständnis bei der Stadt vorhanden, was diese Arena für die Stadt bewirkt, allein welchen Image-Faktor sie darstellt. In vielen Städten läuft es andersrum. Da geht die Stadt zu der Arena und sagt: „Du bist so wichtig für uns, was können wir für Dich tun?“
Herr Assenmacher, neben den schönen Erlebnissen: Was war rückblickend für Sie die größte Enttäuschung?
Assenmacher: Das ist die Geschichte mit dem Niedergang des Bankhauses Oppenheim, durch das ja der Bau der Arena ermöglicht worden ist. Was da gelaufen ist, das war ein einziger Niederschlag. Diese Phase schmerzt mich persönlich sehr.
Löcher: Es war nie ein Herzensbezug von Oppenheim zur Arena vorhanden.
Assenmacher: Das war für mich so erschütternd, wie sich diese Menschen verhalten, wie die sich gegeben haben, wie sie Leute im Stich gelassen haben. Menschen, die für Karstadt Verantwortung hatten, für Zigtausende Mitarbeiter. Aber ich will nicht zu sehr ins Detail gehen.
Wie treffend ist in diesem Zusammenhang die Filmsatire „Der König von Köln“?
Assenmacher: In jedem Witz, in jeder Satire, steckt ein Funken Wahrheit.
Schauen wir in die Zukunft: Herr Löcher, eines Tages sollen Menschen gesichert über den Bogen der Lanxess-Arena gehen können, ähnlich wie auf der Harbour-Bridge in Sydney. Wie steht es um den geplanten „Skywalk“?
Löcher: Es gab unheimlich viele Hürden und es gibt auch nach wie vor Fragen, die wir klären müssen. Aber wir sind jetzt an dem Punkt, dass wir glauben, dass wir nächstes Jahr den Skywalk als neuen Touristen-Hotspot für Köln eröffnen können.