Die Kölner Innenstadt verliert kaufkräftige Kunden, sogar Peek & Cloppenburg hat Umbaupläne. Was sich ändern muss, wurde im Domforum diskutiert.
Umbaupläne bei P&C, mehr GrünWie sich die Kölner City entwickeln muss, um zu überleben
Die Entwürfe der Architekturstudenten der TH Köln hängen seit über einem Jahr in der leerstehenden ehemaligen Wempe-Filiale an der Ecke Hohe Straße/Schildergasse. Die Visualisierungen zeigen Brücken über Hohe Straße und Schildergasse, auf denen Passanten von einem begrünten Dach eines Parkhauses zum nächsten gehen können. Die City bekommt so eine zweite Ebene, passend zu Köln unter dem Motto „Himmel un Äd“. Andere Bilder zeigen Pop-up-Bühnen auf schön gestalteten Platzflächen.
Neue Ideen seien dringend nötig, denn, so sagte Städtebau-Masterstudent David Bodarwe jetzt bei einer Diskussion des Bundes deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) im Domforum: „Ich und meine Mitstudenten sehen keinen Anlass, in die Innenstadt zu gehen. Sie ist für uns nicht attraktiv.“ „Innenstädte in Bewegung – Wo geht es in Köln hin?“ war der Titel der Veranstaltung. Die City verliert als Einzelhandelszentrum an Bedeutung.
Kölner City hat 13 Prozent kaufkräftiger Kunden verloren
Die Innenstadt zieht nicht mehr so wie früher, das zeigt sich auch in der durchwachsenen Bilanz der ersten beiden Adventssamstage in der City. Der Handelsverband fasste zusammen: „Nach dem entspannten Auftakt brachte auch das zweite Adventswochenende noch nicht die große Wende.“ Und eine vor kurzem veröffentlichte Studie der TU Darmstadt ergab, dass Hohe Straße und Schildergasse vor allem eine Personengruppe verloren haben: gut ausgebildete junge Großstadtmenschen mit hoher Kaufkraft. Ihr Anteil ging im Vergleich zur Vor-Pandemiezeit um fast 13 Prozent zurück.
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Die Krise führt sogar dazu, dass Peek & Cloppenburg plant, sein „Weltstadthaus“ an der Schildergasse neu zu strukturieren, möglicherweise werden auf einigen Etagen Mieter einziehen, die nichts mit Bekleidung zu tun haben (wir berichteten).
Steffen Eggebrecht von der städtischen Wirtschaftsförderungstocher Köln-Business führte an, dass Köln trotz allem im Vergleich zu anderen Städten eine sehr gute Ausgangsposition habe. Die Leerstandsquote sei niedrig. „Wir haben so viele Anfragen nach Einzelhandelsflächen, dass wir sie oft gar nicht befriedigen können.“ Die Kaufkraft sei höher als im Vergleich zu Berlin und Hamburg. Köln sei derzeit von vielen Baustellen wie dem Dom-Carré geprägt, doch in einigen Jahren werde sich das Bild gewandelt haben.
Für Peter Köddermann, Historiker und Sozialwissenschaftler von der Initiative Baukultur NRW, war das nicht genug. „Mir fehlt es an der Haltung.“ Die Gestaltung der Innenstädte sei immer noch zu sehr von den Interessen des Einzelhandels und der Wirtschaftsförderung gesteuert. Die Flächennutzung müsse grundsätzlich neu aufgeteilt werden. Auch dazu haben die TH-Studenten Zahlen gesammelt: Für mehr als 110.000 Passanten, die sich an einem Samstag durch Hohe Straße und Schildergasse schieben, stehen gerade einmal neun Sitzbänke zur Verfügung. Auf 54 Fast-Food-Läden kommen zwei Spielplätze und auf einer Fläche von 43 Fußballfeldern gibt es nur 205 Bäume.
Boulderhalle öffnet bald auf der Schildergasse
Eine zentrale Rolle spielen neben der Stadt die Immobilienbesitzer. Volker Mayntz vertrat die in Köln beheimatete Aachener Grundvermögen Investmentgesellschaft, die 30 Immobilien auf er Hohe Straße, der Schildergasse und der Ehrenstraße hat. Die Einsicht, dass es eine gemischte Nutzung geben muss, sei längst da. Umgesetzt werde das im ehemaligen Kämpgen-Haus gegenüber der Antoniter-Kirche. Dort, wo früher Schuhe verkauft wurden, wird auf den vier oberen Etagen derzeit eine Boulderhalle gebaut. „Wir sind kurz vor der Vollendung.“ Im ehemaligen Karstadt-Haus auf der Bonner Fußgängerzone habe man Kulturinitiativen angesiedelt. Für eine Mischnutzung mit nicht-kommerziellen Mietern gebe es in Köln derzeit allerdings kein Beispiel. „Auf der Schildergasse müssen wir natürlich wirtschaftlich denken.“
Steffen Eggebrecht als Stadtvertreter bot an, dass das neu eingerichtete Citymanagement die TH-Studenten und andere Initiativen über leerstehende Ladenlokale und darin mögliche Aktionen informieren werde. Was die Dächer der Parkhäuser angehe, da könne die Stadt allerdings nicht helfen. „Die Parkhäuser gehören uns nicht.“ Moderatorin Yasemin Utku, Städtebau-Professorin an der TH Köln, schloss mit den Worten, dass bei der Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure auf jeden Fall noch Luft nach oben sei.