Die Kölner Bühnen-Sanierung dauert länger und kostet mehr. Das bleibt auch weiter so. Am Donnerstag präsentierte die Stadt neue Zahlen.
Kölner Bühnen-BaustelleSanierung der Oper knackt die nächste Hundert-Millionen-Marke
Die dreimonatige Verzögerung bei der Sanierung der Bühnen am Offenbachplatz kostet die Stadt Köln nach aktuellem Stand 30 Millionen Euro mehr. Die neue Summe teilten die Verantwortlichen der Sanierung am Donnerstag im Monatsbericht November mit. Sie begründeten sie unter anderem mit der Verzögerung bis zur geplanten Fertigstellung am 28. Juni 2024 sowie Baupreissteigerungen. Damit wächst das Gesamt-Baubudget von 672,2 Millionen Euro, die der Stadtrat im Mai 2023 genehmigt hatte, auf 702,2 Millionen Euro. Das entspricht einem Plus von 4,46 Prozent.
Bühnensanierung kostet insgesamt mehr als eine Milliarde Euro
Da die Bühnen die Baukosten inklusive aller Risiken jeden Monat neu schätzen, war die Summe von 672,2 Millionen Euro zuletzt nicht mehr aktuell, es ist nur die zuletzt politisch genehmigte Summe. Im Oktober hatte die Kostenprognose schon bis zu 686 Millionen Euro betragen. Gemessen daran wird die Sanierung rund 16 Millionen Euro teurer.
Inklusive der Kosten für die Finanzierung und die Ausweichspielstätten für Oper und Schauspiel im Rechtsrheinischen wird die Stadt Köln rund 1,15 Milliarden Euro für die Sanierung und ihre Folgen zahlen. Seit Mitte 2012 läuft das Bauprojekt, das eigentlich 2015 abgeschlossen sein sollte. Es waren mal Baukosten von 253 Millionen Euro angesetzt. Die Sanierung kostet damit momentan 449,2 Millionen Euro mehr als angenommen, fast eine halbe Milliarde Euro.
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Einige weitere Kosten sind noch gar nicht ermittelt: Beispielsweise basieren die 317 Millionen Euro für die Kredite noch auf einer Summe von 665 Millionen Euro und nicht auf der neuen Summe von 702,2 Millionen Euro. Die Summe wird sich also noch verändern.
Und das frühere Planungsbüro für die Haustechnik ist laut der Mitteilung der Bühnen insolvent, auch wenn die Verantwortlichen den Namen anders als in früheren Mitteilungen nicht erwähnten. Es handelt sich demnach um Deerns Deutschland, die sich laut eines Sitzungsprotokolls seit August TS & Ingenieure GmbH nennen. Im November wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung eröffnet.
Die Stadt macht die Firma für den gestörten Bauablauf veranwortlich und kündigte Deerns 2015. Damals sagte die Verwaltung die geplante Eröffnung im November ab und setzte das Projekte fast komplett neu auf.
Insolvenz verschlechtert Chancen auf Schadenersatz
Zwischen den Bühnen und Deerns läuft seit Jahren ein Gerichtsprozess, aber es liegt immer noch kein Gutachten vor, wer für die Fehler verantwortlich ist. Bis zur Summe von 40 Millionen Euro haben die Bühnen-Verantwortlichen eine Versicherung für solche Fälle abgeschlossen. Doch für den Fall, dass ein Gutachter Deerns beziehungsweise die Nachfolgefirma zu einem darüber hinaus gehenden Schadensersatz verpflichten sollte, könnte die Insolvenz ein schlechtes Zeichen für die Bühnen sein. In der Mitteilung heißt es: „Insolvenz von ehemaligem Haustechnikplaner senkt Chancen auf Schadensersatz.“
Zudem schreiben die Bühnen: „Das zur Feststellung der Schäden angestrengte gutachterliche Beweisverfahren wird durch diese Insolvenz nicht tangiert. Auch gilt weiterhin die Projekthaftpflichtversicherung.“ TS-&-Ingenieure-Geschäftsführer Thorsten Schneider sagte dazu am Donnerstagnachmittag: „Wir führen den Betrieb fort und werden unsere Forderungen gegenüber der Stadt geltend machen.“ Schneider will in Gespräche mit der Stadt Köln einsteigen.
Im Juni 2024 sollen die Häuser fertig gestellt sein
Ende November hatte Chef-Sanierer Bernd Streitberger vier Monate vor der geplanten Fertigstellung von Oper, Schauspiel, Kleinem Haus und Kinderoper mitgeteilt, dass der Übergabetermin im März nicht klappt. Der Bau komme zu langsam voran, die Arbeiten müssten besser koordiniert werden. Dafür holte er sich ein fünfköpfiges Expertenteam dazu.
Statt am 22. März 2024 sollen die vier Häuser nun am 28. Juni 2024 nach zwölf Jahren fertig saniert und gebaut sein. Oper und Schauspiel stehen unter Denkmalschutz. Doch im November waren die Kosten für die Verzögerung noch unklar, seit Donnerstag liegen sie vor. Der Rat muss über die Erhöhung wie so oft in den Vorjahren entscheiden, es gilt aufgrund der Alternativlosigkeit als sicher, dass das Gremium zustimmt.
Rat muss über höheres Budget entscheiden
Chef-Sanierer Bernd Streitberger sagte: „Da der Baubetrieb sich aber nun in voller Mannschaftsstärke um mehr als drei Monate verlängert, und entsprechende Kosten verursacht, wird eine Vorlage zur Budgetanpassung an den Rat der Stadt Köln leider unumgänglich sein.“ Das soll „zeitnah“ passieren, der Rat tagt das nächste Mal am 6. Februar.
Der neue Monatsbericht dürfte langjährige Beobachter nicht erfreuen, er dokumentiert erneut, dass es zu langsam auf der Baustelle voran geht. Der Projektsteuerer spricht von einem „unzureichenden Baufortschritt“, trotz der eingesetzten Ingenieure zur besseren Koordination.
Erst 27 Prozent aller Bereiche fertig gestellt
Erst 83 von 312 Baustellen-Bereichen sind fertiggestellt, das entspricht sechs Monate vor der Fertigstellung nur rund 27 Prozent aller Bereiche. Allerdings sind die Bereiche nicht gleich groß, wie weit der Baufortschritt am Offenbachplatz tatsächlich ist, lässt sich damit nicht en detail nachvollziehen.
Streitberger verhandelt nun mit den Firmen, ob sie mehr Arbeiter auf die Baustelle schicken. „Alle Beteiligten müssen weiter den Fokus darauf legen, die Baumaßnahmen besser zu verzahnen, damit das Projekt an Geschwindigkeit zulegt“, sagte er.
Und wie schon bei der geplatzten Eröffnung 2015 gibt es Probleme mit sogenannten Kollisionen von Leitungen, auch das weckt schlechte Erinnerungen. Im Bericht heißt es: „Insbesondere die Trassenführungen der Elektrotechnik erfordern in mehreren Bereichen Anpassungsarbeiten in Deckenbereichen zur Vermeidung von Kollisionen.“
Eröffnungstermin ist noch unklar
Wann die Stadt die Bühnen am Offenbachplatz eröffnet, ist völlig offen. Erste Ideen sahen ein Wochenende für die Bürgerinnen und Bürger Mitte September vor, Schauspiel und Oper sollten dann offiziell Ende September/Anfang Oktober öffnen. Doch Stadtsprecher Alexander Vogel hatte betont, es handele sich lediglich um „Zieldaten“, fix sei noch nichts, weil zunächst klar sein müsste, wann der Bau beendet ist.
Durch die dreimonatige Verzögerung wird die Zeit bis zu einem Beginn der Spielzeit knapp, üblicherweise starten die Spielzeiten im Herbst. Oper und Schauspiel müssen zurück aus ihren Interimsspielstätten, sich an die neuen Gegebenheiten am Offenbachplatz gewöhnen.
Die Bühnen beschäftigen rund 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb arbeitet die Stadt mittlerweile mit drei Szenarien für die Eröffnung: Herbst 2024, Winter 2024/2025 sowie Frühjahr 2024/2025. Insgesamt bieten die vier Häuser 2428 Sitzplätze.
Die Entwicklung der Kosten und wann der Stadrat das Budget erhöht hat:
März 2011: 253 Millionen Euro
März 2016: 337 Millionen Euro
November 2016: 404 Millionen Euro
September 2019: 554 Millionen Euro
Mai 2021: 642,7 Millionen Euro
Mai 2023: 672,2 Millionen Euro