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Kölner InnenstadtJeck de Lüx überzeugt mit Kunst auf Jacken und Fräcken

Lesezeit 4 Minuten

Gut drei Tage braucht Irene Herkenrath, um eine Jacke mit ihren Motiven zu bemalen.

Innenstadt – Kostüme von der Stange sind im Kölner Karneval immer weniger angesagt. Der Trend geht zu mehr Individualität, zu Phantasie und Wertigkeit.

In diese Marktlücke ist die Kölnerin Irene Herkenrath eher zufällig gestoßen. Es ging ihr wie so vielen: Kurz vor Weiberfastnacht hatte sie noch kein Kostüm, aus der Not heraus bemalte sie ihre alte Jeansjacke.

„Auf den Rücken kam das Kölner Stadtwappen – und statt der beiden Adler-Köpfe habe ich den Pleitegeier von Köln gemalt. Alle fanden es witzig – und die Idee kam gut an.“

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Kölsche Motive

Das war 2010 – und seitdem hat die gelernte Versicherungskauffrau fast 300 bemalte Jacken und Fräcke verkauft.

Die Motive sind sehr kölsch, am liebsten malt sie „Funken“ in allen erdenklichen Farben, mit oder ohne Trumm, dafür fast alle mit roter Pappnas und meist fehlt auch ein typisch kölsche Sproch nicht.

Da sei Karneval pur – und „Funken“ gebe es in der Domstadt ja wahrlich genug, erzählt die Künstlerin.

Alles Handarbeit

Ihr Label heißt Jeck de Lüx und ist eine gute Adresse, um sich ein Karnevalsoutfit zuzulegen, das nicht jeder hat.

Schließlich sei jede Jacke einzigartig, die Malereien entstehen immer in Handarbeit und sind jede für sich ein Unikat. „Ich bin ja keine Maschine.

Zweimal das Gleiche, da könnte ich unter die Geldfälscher gehen“, sagt sie und spannt auf der Staffelei einen Frack, der bis Weiberfastnacht noch fertig werden muss.

Die Fertigstellung einer Jacke dauert drei Tage

Der Kunde ist FC-Fan und möchte den Hennes auf den Frack-Rücken gemalt haben.

Drei Tage dauert es, bis so eine Jacke fertig ist. Zunächst wird das Motiv mit Tafelkreide auf dem Stoff vorgemalt, dann werden nacheinander die verschiedenen Farben aufgetragen und getrocknet.

Die bemalten Fräcke von Irene Herkenrath kosten zwischen 250 und 400 Euro. Sie arbeitet mit einer Herrenschneiderin zusammen, die die Fräcke und Jacken näht.

Das Problem sind Plagiate

Man kann natürlich auch eine Jacke mitbringen, entscheidend ist nur, dass der Stoff bemalbar ist.

Im Angebot hat sie inzwischen über 200 Motive, darunter auch viele aus der Zirkuswelt. Alle sind auf ihrer Homepage zu finden, aber verschlüsselt und deshalb nur für Kunden zugänglich, die von ihr einen Geheimcode erhalten haben.

Das größte Problem seien nämlich die zahlreichen Plagiate, sagt Irene Herkenrath. „Es gibt Leute, die fotografieren meine Jacken, gehen dann in den Copyshop und versuchen, meine Motive auf eine Jacke aufzubügeln.

Die Fälschungen schaden der Künstlerin

Das sieht meistens sehr dilettantisch aus und ich schäme mich, wenn ich so eine – meist schlechte – Kopie sehe. Deshalb signiere ich jetzt meine Jacken.“

Ihr Pseudonym ist „Jule“, das sei ihr Spitzname aus der Schulzeit. Sie hatte rote Haare und hieß Jülich. Daraus wurde rasch das „fussich Julchen“.

„Die Kunden legen großen Wert darauf, dass ich auf den Jacken unterschreibe. Sie wollen eine echte “Jule“, wie einen echten Picasso.

Die Leidenschaft musste lange hinten anstehen

Ich komme mir schon richtig geadelt vor“, erzählt das echt kölsche Mädchen, das sich schon als Kind bis zur Unkenntlichkeit verkleidet und immer auch sehr gerne gemalt hat. „Leider war es Ende der 1960erJahre schwierig, sich ganz der Kunst zu widmen. Meine Eltern wollten, dass ich was Anständiges lerne, so bin ich Versicherungskauffrau geworden.

Habe dann aber, nachdem meine Kinder aus dem Haus waren, den Job hingeschmissen und Malunterricht genommen – aktuell bei Bettina Mauel, einer Schülerin von Gerhard Richter“, berichtet die Rather Künstlerin, die neben den Karnevalsmotiven auch gerne Tiermotive auf die Leinwand bringt.

Zu ihren Kunden zählt auch Kölner Prominenz: Der Prinz der vergangenen Saison hat eine bestellt. Und Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes tragen ebenfalls einen echten Jule-Frack.

Tipps fürs perfekte Karnevalskostüm

Zum Schluss gibt Irene Herkenrath noch einen Tipp, wie das perfekte Karnevalskostüm auszusehen habe: „Da muss immer etwas Ironie dabei sein.

Auf dem Funkenhut sollte statt der traditionellen Feder ein Huhn sitzen. Will man eine Figur nachahmen, dann sollte sie mit einem albernen Teil geschmückt sein, so dass es lässig und auf jeden Fall lustig aussieht“, sagt die Künstlerin.

Und mit einem Schmunzeln erzählt sie noch, dass sie in ihrem Atelier im Rechtsrheinischen näht, die Fräcke aber im Linksrheinischen verkauft.

Im Geschäft ihrer Freundin, die sich auf Hutkreationen spezialisiert hat, kann man sich komplett jeck einkleiden. Dabei sei es kein Problem ob links- oder rechtsrheinisch, sie sei eben Importeur, denn wenn der Kölner über die Brücke fährt, dann sei er schon im Ausland.