Viele Ängste der Bevölkerung würden auch durch populistische Parteien geschürt. Die Diskussionsrunde in Köln möchte dem etwas entgegensetzen.
„Politik zwischen Wut und Zuversicht“Diskussionsrunde in der Volksbühne sucht nach Mitteln gegen die Unzufriedenheit
Ukraine-Krieg, Inflation, Migration, Klimakrise. All das schlägt den Deutschen derzeit aufs Gemüt. Es sei eine diffuse Endzeit- und Einbruchsstimmung zu spüren, sagte Frank Quiring vom Rheingold-Institut zur Einstimmung in den Abend. „Politik zwischen Wut und Zuversicht“ lautete der Titel der Diskussionsrunde in der Volksbühne am Rudolfplatz, zu der die SPD-Landtagsabgeordneten Carolin Kirsch, Lena Teschlade und Jochen Ott geladen hatten. Die Hauptfrage des von Jochen Ott moderierten Abends: Was sind mögliche Mittel gegen die Unzufriedenheit, die sich in wachsenden Zustimmungswerten für rechtsextreme Parteien äußert?
Laut einer aktuellen Studie befürchteten 85 Prozent der Befragten einen langfristigen Wohlstandsverlust, so Diplom-Psychologe Quiring: „Man fühlt sich alleingelassen, darauf reagieren viele mit Wut.“ Gleichzeitig gebe es den Trend zur Verdrängung, der zunehmende Rückzug in die Behaglichkeit des Privaten sei jedoch nicht förderlich für die Demokratie. Es gelte, die Leute aus ihren „sozialen Bunkern“ zu holen und ihnen durch gemeinschaftliches Handeln das Gefühl zu vermitteln, Probleme aus eigener Kraft lösen zu können.
Soziale Initiativen sind eine wichtige Adresse
Wie diese Selbstwirksamkeit gestärkt werden kann, zeigt seit Jahren Franz Meurer, der als katholischer Pfarrer in den Stadtteilen Höhenberg und Vingst viele soziale Initiativen wie das Freizeitangebot „HöVi-Land“ ins Leben gerufen hat. „Wenn vor Ort etwas passiert, ist eigentlich schon alles klar“, so Meurer: „Es geht nur kleinteilig.“ In Kalk sind die „Faustkämpfer Köln-Kalk“ eine wichtige Anlaufstelle für Jugendliche aus problematischen Verhältnissen.
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Das Boxen stehe nicht wirklich im Vordergrund der Vereinsarbeit, so Vorsitzender Mesut Sakar. Es gehe um Disziplin, Respekt, aber auch Unterstützung bei schulischen Problemen und der Suche nach einer Ausbildungsstelle: „Wir versuchen, denen die Wut und Ängste zu nehmen, indem wir mit ihnen reden.“ Dass die AfD so erfolgreich sei, hänge auch mit der fehlenden Nähe demokratischer Parteien zu den Menschen zusammen: „Wir müssen mehr mit den Menschen reden, müssen ihnen mehr zuhören.“
Populismus schüre Ängste
Selbstwirksamkeit führt jedoch nicht zwangsläufig zu demokratischen Grundüberzeugungen. Und gesellschaftliche Veränderungen führen nicht automatisch zu Wut und Verunsicherung. Das machte Beate Küpper von der Hochschule Niederrhein deutlich. Hier spielten die Mechanismen des Populismus eine entscheidende Rolle, der Angst schüre und Sündenböcke suche. Demokratische Kräfte müssten den Menschen zwar Wertschätzung entgegenbringen, aber auch vermitteln, dass sie Verantwortung für die Gesellschaft und ihre Aussagen tragen.
Ähnlich sah es Claudia Bogedan, Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung: „Demokraten sollten anderen nicht alles durchgehen lassen.“ Es gelte, für demokratische Überzeugungen den „Rücken gerade“ zu machen. Zum Beispiel in Betriebsräten, die wichtige Bollwerke gegen populistische Strömungen sein könnten und gestärkt werden müssten.
Zuversicht müsse von unten, aber auch von oben kommen, so Frank Quiring, Mitglied der Rheingold-Geschäftsführung. Die Politik müsse eine gesellschaftliche Vision entwickeln, sie ansteuern und entschlossen handeln. Derzeit habe man eher das Gefühl, es drehe sich alles im Kreis: „Im Moment leben wir in einer Art visionsfreier Zeit.“