Die beiden Fraktionen wollen einen detaillierten Bericht zur Berechnung der Förderfähigkeit einsehen. Erst dann sei ein Beschluss möglich.
Ost-West-Achse in KölnSPD und Grüne verschieben Entscheidung über neuen U-Bahn-Tunnel
Nachdem die Stadtverwaltung in der vergangenen Woche (29. Mai) die Beschlussvorlage für die Ost-West-Achse veröffentlicht hatte, sollte der Stadtrat am 27. Juni entscheiden, ob zwischen Heumarkt und Aachener Weiher ein neuer U-Bahn-Tunnel gebaut werden soll oder nicht. Doch daraus wird nichts werden, da die SPD-Fraktion angekündigt hat, an diesem Tag noch nicht entscheiden zu können.
SPD attestiert Beschlussvorlage der Stadt Köln eine „schlechte Qualität“
Die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung sei von „schlechter Qualität“. „Es fehlt ein detaillierter Bericht von mehreren hundert Seiten zur Berechnung der Nutzen-Kosten-Faktoren der beiden vorgeschlagenen Streckenführungen“, sagt Lukas Lorenz, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion. Diese Untersuchung sei wichtig für die Förderfähigkeit des gesamten Projekts – sonst wisse niemand, welche möglichen Spielräume existieren und nach welchen Kriterien Unterschiede in den Varianten wie bewertet wurden.
Laut der Beschlussvorlage hatte ein externer Gutachter unter Einbeziehung der beiden Fördergeber Bund und Land errechnet, dass der Tunnel einen Kosten-Nutzen-Faktor von 1,4 erreicht und der oberirdische Ausbau 1,3. Ein Wert von mindestens 1,0 ist notwendig, um für ein Projekt Fördergelder zu erhalten. Bund und Land würden bis zu 95 Prozent der Kosten übernehmen – also entweder 95 Prozent von rund einer Milliarde Euro für den Tunnel oder 95 Prozent von 193 Millionen Euro für die oberirdische Lösung.
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„Ein Beschluss im Juni erscheint nach dem Aussetzer der Stadtverwaltung mehr als unrealistisch“, sagt Lorenz. Die SPD rechne damit, dass der Stadtrat erst bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause entscheiden könne, also am 1. Oktober. Die Stadt habe eine Beschlussvorlage vorgelegt, die „allein durch die verwirrenden Nummerierungen und wechselnden Bezeichnungen kaum zu lesen“ sei, sagt Lorenz.
Die Grünen schließen sich der Argumentation der SPD an. Und das, obwohl Partei und Fraktion den Tunnelbau ohnehin schon immer abgelehnt haben, die Entscheidung der Grünen also auch ganz unabhängig vom Inhalt der Beschlussvorlage bereits seit Jahren feststeht. „Ohne das Gutachten für den Kosten-Nutzen-Faktor ist die Vorlage aus unserer Sicht nicht vollständig – solange dieses Gutachten nicht vorliegt, können wir auch nicht beschließen“, sagt Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer. Er kritisiert damit auch die Arbeit von Verkehrsdezernent Ascan Egerer, unter dessen Verantwortung die Beschlussvorlage entstand. Egerer steht den Grünen sehr nahe, sie hatten ihn für sein Amt vorgeschlagen.
Aktivisten fordern von Stadt Köln Offenlegung des Gutachtens
„Die Vorlage zur Ost-West-Achse samt Anlagen kommt im Gewand angeblicher Neutralität und objektiver Fakten daher, ist aber tatsächlich einseitig, intransparent und manipulativ“, sagt Michael Weisenstein (Die Linke). Das Bündnis „Oben bleiben“, das den Tunnelbau seit seiner Gründung vehement ablehnt, zeigt sich ebenfalls kritisch. „Wir bezweifeln diese Ergebnisse, nicht ohne Grund wird die Nutzen-Kosten-Untersuchung dazu unter Verschluss gehalten“, sagt Sprecherin Barbara Kleine. Die Aktivisten fordern daher die Offenlegung des kompletten Gutachtens.
Teresa de Bellis-Olinger (CDU) hält die Beschlussvorlage aus dem Verkehrsdezernat hingegen für entscheidungsreif. „Ich bin irritiert, dass nun der Abschlussbericht zu den Kosten-Nutzen-Faktoren vorgelegt werden soll“, sagt de Bellis. Es handele sich um ein technisches Gutachten. Es sei bei Beschlussvorlagen eher unüblich, dass solche Abschlussberichte beigefügt werden. „Ich finde es sehr schade, dass der Entscheidungszeitpunkt für so ein wichtiges Projekt unter diesem Vorwand verzögert wird“, sagt de Bellis. Die CDU sei in der Lage, am 27. Juni abzustimmen. Die FDP sieht das ähnlich. „Ich bin enttäuscht, wenn diese wichtige Entscheidung auf die lange Bank geschoben wird – wir wären entscheidungsfähig“, sagt Fraktionschef Ralph Sterck.
Die Stadt verteidigt ihre Beschlussvorlage. Es handele sich mit 17 Seiten und 51 Anlagen um eine der umfangreichsten Vorlagen in der Geschichte des Stadtrates. „Die Inhalte sind der Politik zum großen Teil in regelmäßigen Treffen mit dem politischen Begleitgremium vorgestellt worden – dazu gehört beispielsweise der Kriterienkatalog zu den zu untersuchenden Kriterien für beide Planungsvarianten, hier konnte sich die Politik auch mit Ideen und Wünschen einbringen“, teilte ein Stadtsprecher mit.
Wie Verkehrsdezernent Ascan Egerer angekündigt hatte, sei der Beschlussvorlage die Zusammenfassung des zwischen dem externen Gutachter und den Fördergeldgebern abgestimmten Ergebnisses der Nutzen-Kosten-Untersuchung beigelegt worden. „Beide Alternativen sind demnach eindeutig förderfähig, was maßgeblich für eine mögliche Entscheidungsfindung ist“, so der Sprecher. Der ausführliche Bericht werde in den nächsten Wochen zusammengestellt – am Ergebnis ändere dieser nichts.