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Geflüchtete im AgnesviertelAnwohner kritisieren geplante Erstaufnahmeeinrichtung erneut

Lesezeit 3 Minuten
Außenansicht der ehemaligen Oberfinanzdirektion und Generalzolldirektion an der Riehler Straße.

Seit 2021 stehen die ehemaligen Gebäude der Oberfinanzdirektion Köln im Agnesviertel leer.

Bei einer Diskussion am Reichenspergerplatz wurden Bedenken geäußert. Bezirksbürgermeister Andreas Hupke sprach sich für mehr Transparenz aus.

Seit 2021 stehen die ehemaligen Gebäude der Oberfinanzdirektion Köln im Agnesviertel leer. Dass das Land NRW zuletzt den Plan beschlossen hat, dort zwischen 2026 und 2036 eine Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 700 Geflüchtete einzurichten, stieß in den vergangenen Monaten wiederholt auf Sorgen und Kritik der Anwohner.

So versammelten sich auch am vergangenen Samstag zirka 200 Kölner aus dem Agnesviertel auf die Einladung der Interessengemeinschaft Neustadt-Nord/Villen Viertel (IGNNV), um zusammen mit Vertretern von Politik und Stadt über Probleme des Beschlusses sowie potenzielle Alternativen zu diskutieren. Es wurde hitzig.

Köln: Anwohner befürchten steigende Kriminalität

Den Anfang machte Kurt Metelmann, Vorsitzender der IGNNV: „In seiner aktuellen Form gefährdet der Beschluss, die leerstehenden Gebäude als Erstaufnahmeeinrichtung zu nutzen, die Wohnqualität sowie die Sicherheit im Viertel und stellt darüber hinaus einen Verstoß gegen den Denkmalschutz der Gebäude dar“, sagte er. Florian Weber, stellvertretender Vorsitzender, ergänzte: „Das gesamte Areal der geplanten Einrichtung ist betoniert und eingezäunt. Die Frage, wo die Geflüchteten einen Freiraum haben sollen, bleibt ungeklärt.“

Darüber hinaus stehe die Befürchtung im Raum, dass wegen der Nähe der geplanten Einrichtung zum Ebertplatz und der dortigen Drogenszene eine gesteigerte Kriminalität im Agnesviertel zu erwarten sei. Als Referenz führte der Verein das Beispiel der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der Nähe des Hauptbahnhofs an.

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke spricht am Mikro vor Anwohnern des Agnesviertels.

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke betonte, dass demokratische Entscheidungsprozesse am wichtigsten sein.

Ein Anwohner sagte, der Ebertplatz sei „sogar am hellichten Tage zu einem Angstraum geworden“. Eine Frau pflichtete ihm bei. Für Frauen sei der Platz noch unsicherer. Eine zusätzliche Flüchtlingseinrichtung verschärfe die Probleme.

Diskutiert wurde auch über Geld. Die ehemaligen Gebäude der Oberfinanzdirektion stehen leer, weil sie seit den 1960er-Jahren nicht mehr saniert wurden. Eine Sanierung inklusive Umbau würde allerdings fällig, um das Projekt zu verwirklichen. Bernd Petelkau, Vorsitzender der CDU-Stadtratsfraktion, sagte: „Die Kosten für die Einrichtung wären deutlich zu hoch. Ich gehe davon aus, dass von dem Projekt wieder Abstand genommen wird, sobald die konkreten Zahlen durchkalkuliert sind.“

In ganz Köln mangelt es an Wohn- und Gewerberäumen
Florian Weber

Florian Weber kritisierte die fehlende Nachhaltigkeit des Beschlusses. „In ganz Köln mangelt es an Wohn- und Gewerberäumen", sagte er. „Anstatt, dass die leerstehenden Gebäude in diesem Sinne genutzt werden, soll dort die Aufnahmestelle eingerichtet, und an anderer Stelle Grünflächen versiegelt und bebaut werden.“

Einige Anwohner sprachen sich grundsätzlich für die Einrichtung aus. Sie betonten, dass das Recht auf Asyl ein hohes Gut sei und äußerten die Sorge, dass Angst und Vorurteile zu viel Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen würden. Unterbrochen wurden einige Redebeiträge von emotionalen Zwischenrufen.

Köln: Interessengemeinschaft will Flüchtlingsunterkunft verhindern

Als Alternative schlug Kurt Metelmann vor, Geflüchtete in kleineren Unterkünften aufzunehmen. Eine Notwendigkeit, eine neue Unterkunft einzurichten, sieht er nicht: Die bestehenden Unterkünfte in NRW seien momentan nicht voll ausgelastet. Die IGNNV versucht, die Unterkunft auch mithilfe einer Petition zu verhindern.

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke betonte, dass er für alle weiteren Beschlüsse mehr Beteiligung der Anwohner und eine gesteigerte Transparenz geben müsse: „Ich kann die Sorgen verstehen“, sagte er. „Ich möchte daher demokratische Prozesse anstoßen, die eine gemeinsame Lösung herbeiführen. Das geht nicht mit Parteipolitik, sondern nur mit einer gemeinschaftlichen Diskussion.“