Wegen Überfüllung war die Zülpicher Straße zum Karnevalsauftakt am 11.11. lange geschlossen. An einer Sperre aber sollen Ordner Feiernde dennoch durchgelassen haben – und dafür Gegenleistungen kassiert haben. Die Stadt prüft Konsequenzen.
Zülpicher ViertelHaben sich Ordner am 11.11. bestechen lassen?
Der Ansturm auf das Zülpicher Viertel am Freitag war gewaltig: Aus ganz Deutschland reisten schon am frühen Morgen vorwiegend junge Menschen an, um auf der Zülpicher Straße zu feiern. Die war gegen 12 Uhr mit etwa 15.000 Besucherinnen und Besuchern bereits so voll, dass Stadt und Polizei beschlossen, aus Sicherheitsgründen vorerst niemanden mehr hineinzulassen. Der einzige Zugang in Höhe des Zülpicher Walls wurde geschlossen, Tausende waren plötzlich ausgesperrt.
Zwar gab es zahlreiche Sperrstellen im gesamten Viertel, doch die waren nur als Ausgänge vorgesehen. Hinein durfte dort nur, wer sich als Anwohnerin oder Anlieger mit einem rosafarbenen Armbändchen legitimieren konnte, das die Stadt vorher an die Nachbarschaft ausgegeben hatte.
Karneval in Köln: Ordner nimmt Geld von Feiernden an
An einer Sperrstelle auf der Engelbertstraße witterten Angestellte des beauftragten Sicherheitsunternehmens aber offenbar das große Geschäft: Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ liegen Videos vor (siehe oben in diesem Text), auf denen zu sehen ist, wie ein Mann in einer gelben Warnweste Geldscheine von kostümierten jungen Männern entgegennimmt.
Anschließend macht der Sicherheitsposten den Weg frei und lässt die Vierergruppe in Richtung Zülpicher Straße passieren. Der Vorgang spielt sich genau zwischen zwei Zäunen ab, die blickdicht verhüllt sind, die Stelle ist für Außenstehende kaum einsehbar.
Auf dem Video ist zu erkennen, wie nach einem kurzen Gespräch einer der vier einen Geldschein aus seiner Tasche zieht und ihn dem Ordner zusteckt. Der zieht daraufhin ein Bündel Geldscheine aus seiner eigenen Jacke, faltet die Scheine auf, nimmt eine weitere Fünf-Euro-Note von einem zweiten Mann aus der Gruppe entgegen und sortiert sie in das Bündel.
11.11. in Köln: Ordner sortiert Bündel Geldscheine
Als die Verkleideten abgezogen sind, stellt sich der Ordner zu seinen beiden Kollegen, ebenfalls gekleidet in gelbe Warnwesten, und zählt vor ihren Augen das Geld.
Auf einem anderen Video hält ein als Bauarbeiter verkleideter Mann dem Ordner Münzen hin - offensichtlich zu wenig. Der Ordner schickt den Mann wieder weg. Nur wenige Meter weiter gehen zwei Polizisten, die den Vorgang nicht mitbekommen.
Ordner lassen junge Frauen in Köln für ein gemeinsames Selfie durch
Der Zeuge, der diese Szenen mit seinem Handy gefilmt hat, hat noch weitere Beobachtungen gemacht, wie er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet. Demnach sollen die Sicherheitsleute an der Absperrung Feiernden, die kein oder zu wenig Geld dabei hatten, klargemacht haben, dass schräg gegenüber ein Geldautomat zu finden ist. Entsprechende Gesten sind auch auf den Videos erkennbar.
Auf einem weiteren Clip versuchen drei junge Frauen, durch die Absperrung zu gelangen. Zunächst verweigern die Ordner ihnen das. Als eine der drei einen der Männer offensiv anflirtet, ihm ihre Arme um den Hals legt, lässt er sie durch. Eine Anwohnerin berichtete zudem, die Sicherheitskräfte hätten auch junge Frauen durchgelassen, nachdem diese einem gemeinsamen Selfie zugestimmt hätten.
Stadt Köln prüft rechtliche Schritte
Die Stadt Köln hat inzwischen Kenntnis von den Vorgängen an der Absperrung. Auf Anfrage sagte Sprecherin Simone Winkelhog, Hinweisen auf „mögliche Unregelmäßigkeiten“ werde die Stadt Köln nachgehen und gemeinsam mit den beauftragten Sicherheitsunternehmen prüfen, was sich tatsächlich abgespielt habe. „Sollte sich herausstellen, dass ein oder mehrere Mitarbeitende von Sicherheitsunternehmen Geld angenommen haben, wird die Stadt Köln rechtliche Schritte einleiten“, sagte Winkelhog. Zudem erfolge eine Sperre für künftige Einsätze.
Am 11.11. haben rund 500 Einsatzkräfte von privaten Sicherheitsunternehmen die Arbeit des Ordnungsamtes unterstützt, teilte Winkelhog mit. „Das Ordnungsamt hat insgesamt 489 Sicherheitsbedienstete überprüft, 83 von ihnen am Elften im Elften selbst.“ Acht Einsatzkräfte seien abgelehnt worden, weil ihre Dokumente nicht den Anforderungen entsprochen hätten.