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„Desaströse Anlagepolitik“Stadt Köln will verlorene Greensill-Millionen einklagen

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Ein Schild mit dem Firmennamen der Greensill-Bank hängt am Eingang der Bremer Privatbank.

Ein Schild mit dem Firmennamen der Greensill-Bank hängt am Eingang der Bremer Privatbank.

15 Millionen Euro könnte die Stadt Köln durch die Anlagepolitik ihrer Bühnen verlieren. Nun will sie sich zumindest einen Teil wiederholen.

Im Finanz-Drama um die sogenannten Greensill-Millionen will die Stadt Köln juristische Mittel einlegen, um zumindest einen Teil der 15 Millionen Euro zurückzuholen. Die Verantwortlichen der städtischen Bühnen hatte diese Summe im Jahr 2021 bei der Privatbank Greensill angelegt, doch dann ging die Bank insolvent und das Geld könnte komplett weg sein. Die Pläne für die Klagen gehen aus einer nicht-öffentlichen Vorlage für den Stadtrat hervor, der am Dienstag tagt und das Vorgehen genehmigen soll.

Demnach reicht die bisherige Insolvenzmasse von rund 1,3 Milliarden Euro noch nicht aus, um die Ansprüche der Kommunen zu befriedigen. Anders als für Privatanleger greift bei ihnen nicht der Einlegerschutz, um das Geld zurückzuerhalten.

Vielen Kommunen geht es wie Köln

In der Vorlage heißt es über ein Gläubigertreffen vom 26. Oktober: „Im Hinblick auf die nicht bevorrechtigten Forderungen der Kommunen müssten noch mindestens 200 bis 300 Millionen Euro eingenommen werden, bevor es zu einer Ausschüttung kommt.“ Das hängt demnach davon ab, ob der Kreditversicherer von Greensill haftbar gemacht werden kann.

Blick von oben auf die Sanierung am Offenbachplatz

Blick von oben auf die Sanierung am Offenbachplatz

Und die Stadt Köln ist nicht alleine: Demnach haben rund 50 deutsche Kommunen und öffentlich-rechtliche Körperschaften rund 320 Millionen Euro bei Greensill angelegt. Die Stadt geht von einem mehrjährigen Insolvenzverfahren aus. Da das Verfahren nicht öffentlich stattfindet, wollte sich Greensill-Insolvenzverwalter Michael Frege am Freitag nicht äußern.

Die 15-Millionen-Geldanlage zählt zur Kölner Bühnen-Sanierung am Offenbachplatz, die statt drei Jahre wohl rund zwölf Jahre dauern soll und – Stand jetzt – am 28. Juni beendet sein soll. Und die statt 253 Millionen Euro nun rund 702 Millionen Euro kosten soll.

Der Rat genehmigt den Bühnen in gewissen Abständen ein höheres Budget, damit sie weiterarbeiten können. Die Bühnen sind eine eigenbetriebliche Einrichtung der Stadt und organisieren unter anderem den Spielbetrieb von Oper und Schauspiel.

Kämmerin Dörte Diemert

Kämmerin Dörte Diemert

Ende 2020 hatten sich die Verantwortlichen um Geschäftsführer Patrick Wasserbauer ein 100-Millionen-Euro-Darlehen geholt, doch sie brauchten das Geld nicht komplett. Doch viele Banken verlangten zu diesem Zeitpunkt bei hohen Summen Negativzinse, also legte Wasserbauer am 18. Januar je 7,5 Millionen Euro für vier und fünf Monate bei der Greensill-Bank an. Der Zinssatz: null Prozent. So wollte Wasserbauer hohe Summen an Negativzinsen vermeiden. Kölns Kämmerin Dörte Diemert wusste davon nichts.

Allerdings gilt für die Bühnen als Eigenbetrieb der Stadt seit 2017 die Einlagensicherung nicht mehr, wenn eine Privatbank zahlungsunfähig ist. Bei der Sparkasse Köln-Bonn wäre das Geld abgesichert gewesen, sie gehört der Stadt Köln zu 70 Prozent, doch sie hätte damals auch Negativzinsen genommen. Der Deutsche Städtetag hatte 2019 geschrieben: „Ausreichende Sicherheit hat bei kommunalen Geldeinlagen Priorität.“

Bühnen-Geschäftsführer Patrick Wasserbauer

Bühnen-Geschäftsführer Patrick Wasserbauer

Trotzdem legten die Bühnen das Geld bei Greensill an. Dabei hätten Probleme der Bank durchaus bekannt sein können, das Internetportal „finanz-szene.de“ berichtete am 15. Oktober: „Dem Vernehmen nach herrscht dann doch ein wenig Sorge angesichts des immer größeren Rads, das die Bremer Bank dreht.“

Die Bühnen kannten laut eigener Aussage diese Artikel damals nicht, sie vertrauten auf ihren Berater, es handelte es sich um den Kölner Finanzberater ICFB – der wiederum seine Provision von Greensill bekommen haben soll.

Petelkau spricht von desaströser Anlagepolitik

Und im März 2021 schloss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zunächst die Bank für den Kundenverkehr, später meldete Greensill Insolvenz an – und die 15 Millionen Euro der Bühnen waren nicht gesichert. Wasserbauer geriet in die Kritik des Stadtrates, er selbst sagte, zum Anlagezeitpunkt seien „keine Risiken erkennbar“ gewesen. Unter anderem hatte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau damals gesagt: „Die Anlagepolitik der Bühnen-Geschäftsführung ist desaströs.

Nun soll auf dem Klageweg gerettet werden, was geht. Doch Finanzberater ICFB ist mittlerweile selbst insolvent, die Stadt ist laut eigener Aussage nie davon ausgegangen, von ihm das gesamte Geld zu erhalten. Sie hofft nun auf die Haftpflichtversicherung, doch die ist bei 1,5 Millionen Euro gedeckelt.

Gemeinde Vaterstetten als Vorbild

Und der Versicherer will laut Stadt nicht zahlen, die Chancen, vor Gericht zu gewinnen, taxiert die Verwaltung auf 40 bis 60 Prozent. Allerdings: Da ICFB mindestens neun Kommunen beraten hat – unter anderem Monheim, das 38 Millionen Euro angelegt hatte –, beträgt die Höchstsumme demnach 4,5 Millionen Euro. Diese müssten sich die Städte untereinander aufteilen.

Dass die Stadt einen Anspruch auf Schadenersatz hat, leitet sie unter anderem aus einem Urteil aus Bayern ab: Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte der Gemeinde Vaterstetten bei München einen Schadenersatz von einer Million Euro von ihrem Finanzdienstleister zugesprochen.

Streit mit dem Insolvenzverwalter

Die Gemeinde hatte laut „Süddeutscher Zeitung“ 5,5 Millionen Euro bei Greensill angelegt. Das OLG-Urteil ist laut des Anwalts der Stadt Vaterstetten, Jochen Weck, noch nicht rechtskräftig, der Finanzdienstleister klagt dagegen vor dem Bundesgerichtshof. Laut Weck hat er nur sehr niedrige Erfolgsaussichten.

Doch vor der Klage gegen den Versicherer steht laut Stadt Köln zunächst eine sogenannte Feststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter der ICFB. Denn der Insolvenzverwalter hat demnach der Anmeldung der 15 Millionen Euro zur Insolvenztabelle widersprochen. Ohnehin würde die Stadt ja nur einen kleinen Anteil aus der Insolvenzmasse bekommen. Die Stadt braucht also ein Urteil, dass ihr Recht auf Schadenersatz feststellt, damit sie danach den Versicherer verklagt.

Billig wäre das alles nicht: Die Verwaltung geht von Prozesskosten von rund 165.000 Euro aus – die Kosten für die eigenen Anwälte nicht mal eingerechnet.