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Mit verlorenem SchlüsselKölner steigt bei seinen Nachbarn ein – juristischer Kniff rettet ihn vor Haftstrafe

Lesezeit 3 Minuten
Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Tobias Westkamp beim Prozess im Amtsgericht

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Tobias Westkamp beim Prozess im Amtsgericht

„Gelegenheit macht Diebe“, so umschrieb Verteidiger Tobias Westkamp den kuriosen Fall am Kölner Amtsgericht.

Ein IT-Experte aus Köln musste sich wegen Einbruchdiebstahls vor dem Kölner Amtsgericht verantworten. Der 43-Jährige war an den verlorenen Schlüssel des Nachbarn gelangt – und prompt bei diesem eingestiegen. Eine juristische Spitzfindigkeit bewahrte den vorbestraften Angeklagten am Montag bei der Verhandlung in Saal 29 des Justizgebäudes jedoch vor einer zuvor sicher geglaubten Haftstrafe.

Köln: In die Wohnung des Nachbarn eingestiegen

Der Nachbar hatte seinen Schlüssel vor dem Mehrfamilienhaus verloren. Eine weitere Bewohnerin hatte ihn gefunden und an den Angeklagten, der schon länger mit seiner Familie in dem Haus wohnte, weitergereicht. Er kümmere sich, hatte der Mann beteuert. Doch er herunterließ es, den Fund etwa im Bewohnerchat bei WhatsApp zu melden oder bei den Nachbarn zu klingeln.

Stattdessen probierte der Beschuldigte, wo der Schlüssel nun passte. Dass er zum Haus gehörte, sah er an der Ähnlichkeit zu seinem eigenen Schlüssel, es existiert eine Schließanlage in dem Haus. Und dann ging alles ganz schnell. Die Tür zur Wohnung eines Ehepaares öffnete sich, die waren zu der Zeit auf der Arbeit. Schnurstraks ging der vermeintliche Einbrecher zu einem Nachtschrank, fand dort 1000 Euro.

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Köln: Angeklagter zahlt 1000 Euro zurück

Als das bestohlene Paar den Verlust des für größere Einkäufe gebunkerten Bargelds bemerkte, schlug es Alarm. Die Polizei wurde benachrichtigt, dann die Hausverwaltung und die übrigen Bewohner. Schnell schien klar, dass der Täter über den verlorenen Schlüssel verfügt haben muss, da die Ermittler keinerlei Einbruchsspuren an den Haus- und Wohnungstüren hatten feststellen können.

Die Nachbarin, die den Schlüssel ursprünglich gefunden hatte, nannte schließlich den Namen des 43-Jährigen. Von den Einbruchsopfern konfrontiert, gab der Mann sofort alles zu und gab den Schlüssel zurück. Einen Tag später zahlte er auch die 1000 Euro zurück. „Es tut mir unendlich leid und ich schäme mit dafür“, sagte der Angeklagte beim Prozess zu seinen nun ehemaligen Nachbarn.

Köln: Nur knapp einer Gefängnisstrafe entgangen

„Gelegenheit macht Diebe“, nach diesem Motto habe sein Mandant agiert, sagte Verteidiger Tobias Westkamp. Der Angeklagte schob den Vorfall auf seine frühere Kokainsucht. Er verdiene zwar gut, doch nur seine Ehefrau habe Zugriff zu dem Bankkonto gehabt – da er früher viel zu viel für Drogen ausgegeben hatte. Nach dem erneuten Vorfall trennte sich das Paar, der Mann musste ausziehen.

Allein der Umstand, dass das Opfer zum Zeitpunkt des Diebstahls noch gedacht habe, den Schlüssel lediglich verlegt zu haben, rettete den Angeklagten vor einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis. Da der Schlüssel somit noch nicht „entwidmet“ gewesen sei, so die Richterin, sei nur ein einfacher Diebstahl verwirklicht. Sie beließ es daher bei einer Geldstrafe von insgesamt 7000 Euro.