Die Universität Köln will Mitarbeitende und Studierende auf dem Campus boostern.
Warum der Koalitionsvertrag der Ampel gut für die Hochschulen ist.
Der Rektor äußert sich erstmals zum Feier-Mäurchern an der Zülpicher Straße.
Köln – Herr Freimuth, nach anderthalb Jahren Pandemie bietet die Uni Köln wieder Präsenzlehre an. Andererseits steigen die Inzidenzwerte, die Corona-Variante Omikron steht vor der Tür. Wie ist die Lage?Vom Ministerium aus dürften wir den Anteil der Präsenzlehre reduzieren. Wir machen das aktuell aber nicht, weil wir im Wintersemester vorsorglich nicht vollständig auf Präsenz umgestellt haben. Wir haben für jeden Raum, der in der Lehre verwendet wird, sichergestellt, dass die Kapazität des Raumes an die Belüftung angepasst ist. Das hat dazu geführt, dass die Räume mit maximal 60 Prozent ihrer Kapazität belegt werden können. Zweitens haben wir die Maskenpflicht beibehalten. Drittens erfolgen 3G-Kontrollen bei jeder Lehrveranstaltung. Zuversichtlich macht uns, dass bei einer Umfrage vor dem Wintersemester herauskam, dass 85 Prozent der Studierenden und 90 Prozent der Mitarbeitenden die Absicht hatten, sich bis zum Beginn des Wintersemesters impfen zu lassen. Weil wir die Lage gut unter Kontrolle haben, machen wir auch unter den verschärften Bedingungen der Pandemie so weiter wie bisher. Die Nachricht ist also: Die Uni Köln bietet fast die Hälfte der Lehrveranstaltungen in Präsenz an und plant das auch so bis zum Ende des Semesters. Aber alles hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab. Essentiell für die Aufrechterhaltung des Präsenzbetriebs sind Booster-Impfungen für die Studierenden und die Mitarbeitenden.
Würden Sie Booster-Impfungen ab Januar anbieten?Wir würden Booster-Impfungen für die Studierenden und Beschäftigten gerne sofort in Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum anbieten. Derzeit versucht die Landesrektorenkonferenz, Impfstoff zu bekommen Wir haben etwa 140 Medizinstudierende, die eine Erlaubnis haben zu impfen, wenn Fachärzte dabei sind. Mit denen könnten wir sofort mehr Kapazitäten aufbauen. Aktuell gibt es schon Impfaktionen der Stadt Köln zum Beispiel in der Mensa an der Zülpicher Straße.
Kann man ausschließen, dass die Universität komplett in die Online-Lehre zurückkehrt?Was die bisherigen Varianten des Coronavirus' angeht, würden wir unser derzeitiges Präsenzkonzept durchhalten können. Wenn wir außerdem alle Mitglieder der Universität schnell boostern, haben wir eine gute Chance. Wenn es sich aber herausstellt, dass sich Omikron rasant verbreitet, müssen wir reagieren. Ein kompletter Online-Betrieb wäre dann nicht auszuschließen.
Dass wir die Lehre überhaupt flächendeckend in der Pandemie anbieten konnten, war ein Riesenerfolg und auch der Übergang zu fast 50 Prozent Präsenzlehre im laufenden Semester ist gut gelaufen. Niemand hat am Anfang der Pandemie für möglich gehalten, dass wir innerhalb eines Monats komplett auf digitale Lehre umschalten können. Die Mitarbeitenden haben sich sehr eingesetzt, und wir haben die Netzkapazitäten und IT-Strukturen ausgebaut. So war es für die Studierenden möglich, ihr Studium weiterzuführen. Die Universität zu Köln hat zudem schon sehr früh Überbrückungsstipendien für ihre Studierenden anbieten können. Lehre und Forschung liefen ebenso auf hohem Niveau weiter. Gerade ist das wichtigste deutsche Ranking herausgekommen, das Ranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Dort belegt die Uni Köln unter den nicht-technischen Universitäten auf Platz fünf und hat sich damit erneut um vier Plätze verbessert. Das ist ein hervorragendes Ergebnis. Wir haben außerdem gerade wieder zwei Alexander-von-Humboldt-Professuren erhalten. Und wir sind in der Vorbereitung von neuen Profilbereichen, die wir mit Blick auf den kommenden Exzellenzwettbewerb weiterentwickeln. Was den Bereich Studium und Lehre angeht: Wir bereiten gerade eine das Konzept der Systemakkreditierung vor, das es der Universität ermöglichen wird, künftig selbst ihre Studiengänge zu akkreditieren. Voraussetzung dafür ist eine aussagekräftige Qualitätssicherung. Wir sind also auf breiter Front handlungsfähig.
Wie viel Online-Lehre wird es nach der Pandemie geben?Es wird deutlich mehr sein als vorher. Wir hoffen, dass die großen Veranstaltungen, die schon immer wenig kommunikativ waren, zunehmend digital angeboten werden und setzen in der Präsenzlehre dann stärker auf Lehre und Lernen in kleineren Gruppen. Es wird aber nicht ein entweder oder sein: Digitale und Präsenzangebote werden sich stärker verzahnen. Große Chancen sehen wir auch bei der internationalen Vernetzung: Wir können über digitale Angebote unsere Partneruniversitäten einbinden und beispielsweise in einem Seminar internationale Expertinnen integrieren. Wir werden auch gemeinsame Studienangebote in unserm europäischen Verbund EUniWell etablieren. Digitalisierung wird also die Lehre bereichern und besteht nicht nur darin, Vorlesungen einfach ins Internet zu stellen.
Deutschland hat eine neue Regierung. Sind Sie mit den Ergebnissen zum Thema Hochschulen im Koalitionsvertrag zufrieden?Wir sind mit dem, was auf dem Papier steht, zufrieden. Die Fortführung der Exzellenzstrategie mit mehr Geld ist sehr gut. Und dass der Zukunftsvertrag Studium und Lehre dynamisiert wird, ist wichtig. Aus diesem Vertrag erhält die Uni Köln fast 60 Millionen Euro jährlich. Wichtig ist auch die geplante Reform der Nachwuchsförderung. Hierzu müssen aber zunächst die Stellenprofile der Universitäten und die Karriereverläufe analysiert werden. Was vor kurzem im Bundesland Berlin beschlossen wurde, also allen wissenschaftlichen Mitarbeitenden mit einem Doktorgrad bereits bei der Einstellung eine Anschlusszusage auf eine später unbefristete Stelle zu machen, ist weder praktikabel noch zielführend. Für die Nachwuchsförderung wäre es der Todesstoß, denn so würden in wenigen Jahren alle Stellen permanent besetzt und nachkommende Generationen hätten kaum noch Chancen auf eine Karriere in der Wissenschaft. Wir arbeiten an der Uni Köln schon seit Jahren daran, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Wir haben 60 Juniorprofessuren mit Tenure Track eingeführt, von denen die meisten nach einer Bewährungsphase auf eine dauerhafte Professur übernommen werden. Darüber hinaus haben wir auch Dauerstellen-Konzepte für den akademischen Mittelbau eingerichtet. Damit wollen wir zu besseren und planbaren Karriereverläufen kommen, ohne zukünftigen Nachwuchswissenschaftlern die Karrierechancen zu verbauen.
Auch das Bafög soll reformiert werden. Was müsste passieren? Das Wichtigste ist, dass die, die auf Bafög angewiesen sind, mit dem Bafög auch tatsächlich studieren können. Sie müssen genug Geld bekommen, um nicht mehr nebenher für ihren Lebensunterhalt arbeiten zu müssen. Im Grunde habe ich nichts dagegen, wenn es ein elternunabhängiges Bafög gibt. Aber es muss angepasst sein an die realen Kosten.
Sie haben in der Vergangenheit immer wieder auf den Sanierungsstau von mehr als einer Milliarde Euro an der Uni Köln hingewiesen. Wie ist der Stand?Wir haben einen Masterplan mit einem Umfang von 1,2 Milliarden Euro. Er war zunächst auf zehn Jahre ausgelegt und wurde im letzten Jahr wegen steigender Kosten und Risiken angepasst auf 13 bis 14 Jahre. Glücklicherweise haben wir gerade die Hochschulvereinbarung mit dem Land Nordrhein-Westfalen unterschrieben, mit der wir Planungssicherheit für die nächsten Jahre erhalten. Darin sind die Tariferhöhungen sowie regelmäßige Erhöhungen anderer Kosten, etwa der Bewirtschaftungs- und Energiekosten, enthalten. Auch der Bau-Etat steigt nun um etwa drei Prozent jährlich. Damit werden mehr Spielräume geschaffen. Es gibt allerdings auch grundlegende Probleme. Mit den Gehältern, die wir zahlen können, sind wir oft nicht konkurrenzfähig. Auch die Genehmigungsverfahren sind nicht immer einfach und schnell. Trotzdem sieht man, wenn man über unseren Campus läuft, dass sich etwas tut. Beispielsweise am Albertus-Magnus-Platz: Das Hauptgebäude und das Philosophikum wurden bereits saniert, die Sanierung des Gebäudes der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät läuft derzeit. Neu gebaut wurden das Studierenden-Service-Center, das Seminargebäude und unsere Fahrradgarage. Aber auch in anderen Bereichen geschieht viel. Ich erwähne nur das neue Herzzentrum und das CECAD-Forschungsgebäude für alters-assoziierte Erkrankungen.
Die Uni Köln ist bei der letzten Exzellenzinitiative knapp gescheitert. Wie bereitet sich die Hochschule auf die nächste Runde vor?So kann man das nicht sagen. Bei den Exzellenzclustern waren wir mit vier geförderten Projekten unter den besten Universitäten. Unsere geförderten Exzellenzcluster beschäftigen sich mit altersabhängigen Erkrankungen, der Pflanzenforschung, der Entwicklung von Quanten-Computern und den Wirtschaftswissenschaften. Diese Cluster bauen wir weiter aus und werden mit ihnen wieder antreten. Außerdem entwickeln wir neue Profilbereiche. Gerade eben wurde die Förderung von fünf neuen Initiativen aus allen Bereichen unserer Universität von unserm internationalen wissenschaftlichen Beirat empfohlen. Was die Exzellenz-Universität angeht, so sind wir beim letzten Mal in der Tat knapp gescheitert. Unsere Leistungsentwicklung ist dennoch, wie schon erwähnt, hervorragend. Dazu kommen neue Akzente, etwa der systematische Ausbau der Informatik, etwa in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Data Science, die Stärkung der Klima- und Nachhaltigkeitsforschung als Querschnittsthema in allen Fakultäten, sowie die Einrichtung des Exzellenz-Start-up Zentrums Gateway. Wir sind zuversichtlich, dass wir uns den Exzellenzstatus zurückholen werden.
Die Kooperation zwischen Uniklinik und städtischen Kliniken scheint festgefahren. Woran hakt es?Ich habe nie verstanden, woran es da hakt. Es gibt für mich keinen Grund, den Verbund nicht einzurichten. Der Verbund würde Köln im Gesundheitsbereich stärken, sowohl bei der klinischen Versorgung der Region als auch hinsichtlich Forschung, Lehre und Innovation. Wie wichtig das für die Gesellschaft ist, wird uns in der Corona-Pandemie gerade deutlich vor Augen geführt. Mit dem Klinikverbund würde sich die Uni Köln in der Medizinlandschaft ganz vorne platzieren.
Für Unmut unter den Studierenden hat gesorgt, dass das Mäuerchen gegenüber der Mensa mit Metallstangen ausgestattet wurde, so dass niemand mehr dort sitzen kann. Warum hat die Universität dort so massiv eingegriffen?Die derzeitige Situation ist für die Anwohner und die Menschen, die morgens und abends zum Bahnhof wollen, eine Zumutung. Allerdings war es unglücklich, einfach Metallwinkel anzuschrauben, ohne vorher mit den Betroffenen zu reden. Das wollen wir nachholen, um so eine für alle akzeptable Lösung zu finden.
Axel Freimuth
Axel Freimuth (64), studierte Physik in Köln. Nach Promotion und Habilitation in Köln wurde er 1996 an die Uni Karlsruhe berufen. 1998 wurde er Professur für Experimentelle Festkörperphysik an der Uni Köln. Von 1999 bis 2000 war er Geschäftsführender Direktor des II. Physikalischen Instituts, von 2003 bis 2005 Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Köln. Seit April 2005 ist er Rektor der Hochschule. Freimuth war von 2008 bis 2010 Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz NRW. (ris)
Es gibt das Gerücht, dass Sie privat Musik schreiben. Was ist da dran?Ich habe schon immer viel Musik gemacht, selbst geschrieben und arrangiert, kürzlich sogar für das Orchester und die Big Band Swingcredibles der Uni Köln. Als Student hatte ich ein kleines Studio, in dem ich Musik aufgenommen habe. Das habe ich in der Corona-Zeit wiederbelebt mit den vielen besseren digitalen Möglichkeiten, die es heute gibt. Zusammen mit meiner Frau nehme ich darin unsere eigenen Stücke und Cover-Versionen unserer Lieblingsstücke auf. Zum Spaß habe ich mich auch an einem Kompositionswettbewerb für eine Filmmusik zu einem Video-Clip beteiligt. Es gab 3.500 Einsendungen und ich habe nicht gewonnen. Aber viel Spaß gemacht hat es trotzdem.