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Debatte an der Universität Köln„Wieso wurde der palästinensische Botschafter nicht eingeladen?“

Lesezeit 3 Minuten
Hörsaal II der Uni Köln ist mit Studierenden und Mitarbeitenden dr Uni Köln gefüllt, vorne sitzen die Vortragenden.

An der Uni Köln wurde am Mittwoch darüber diskutiert, wie und ob die Uni Köln in Zeiten geopolitischer Krisen Flagge zeigen soll. Kai Sicks vom DAAD (m.) sowie Völkerrechtlerin Angelika Nussberger von der Uni Köln (r.) haben jeweils einen Impulsvortrag gehalten.

Soll die Hochschule in Zeiten geopolitischer Krisen Flagge zeigen? Darüber diskutierten am Mittwoch Studierende und Mitarbeitende der Uni Köln.

Dass die Welt aus den Fugen geraten ist, beschäftigt auch zunehmend die Hochschulen. Der russische Angriff auf die Ukraine vor bald zwei Jahren, die Terrorakte der Hamas am 7. Oktober in Israel, der Gaza-Krieg, verfolgte iranische Forscherinnen: Es gebe viel, „was uns privat betrübt und sich auch auf die Hochschulen auswirkt“, sagte Unirektor Joybrato Mukherjee am Mittwoch bei der Veranstaltung „Flagge zeigen? Die Uni Köln in Zeiten geopolitischer Krisen“.

Geladen waren zum Impulsvortrag neben Kai Sicks, dem Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), auch Professorin und Völkerrechtlerin Angelika Nussberger, Direktorin der Akademie für Menschenrechtsschutz der Uni Köln.

Voll besetzter Hörsaal II der Uni Köln

Viele Studierende und auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Uni wollten Konkretes wissen: Themen waren der Nahostkonflikt, der Umgang mit China und ob geflüchtete Wissenschaftler die Chance auf die Gründung einer Universität im Exil haben

Hochschulen werden immer internationaler

Von Hochschulen werde immer mehr erwartet, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, sagte Kai Sicks vom DAAD. Uni-Beschäftigte sowie Studierende seien zudem immer internationaler zusammengesetzt, sodass mehr direkte Kontakte zu Krisengebieten bestünden. Als DAAD könne man sich nicht täglich zu politischen Lagen positionieren, da man sonst seiner Kernaufgabe – den wissenschaftlichen Austausch zu fördern – nicht gerecht werde.

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„Wir haben zur Niederschlagung der Proteste im Iran Stellung bezogen. In Afghanistan mussten wir 2021 alle Zelte abbrechen. Dort haben wir die Erhöhung des Frauenanteils an den Universitäten unterstützt. In der Stellungnahme haben wir auf die Verantwortung Deutschlands verwiesen“, so Sicks. Der DAAD fördere den Austausch auch mit Ländern, „die unsere Position und Werte nicht teilen. Trotzdem kooperieren wir weiter und sprechen. Daraus folgt jedoch nicht, dass wir unsere Haltung verstecken“, so Sicks. Die Stellungnahmen müssten Mäßigung zeigen, um DAAD-Mitarbeiter vor Ort keinen Gefahren auszusetzen.

Statements sind nicht die Sprache der Universitäten

Statements, wie sie tagtäglich Politiker im Rampenlicht abgeben, seien nicht die originäre Sprache der Universitäten, so Angelika Nussberger. Den Unis sei die Sprache der Symposien und Diskussionsrunden zu eigen, Formate, in denen der Pluralismus der Meinungen möglich sei. Auch müsse sich die Uni in ihren Augen nicht zu allem äußern. Über den Tod eines Franz Beckenbauers müsse man nicht zwingend Stellung beziehen, über die Schießerei an der Universität in Prag etwas zu sagen, sei hingegen naheliegender.

„Das Schweigen der Uni zu einer öffentlichen Angelegenheit oder Nachricht heißt nicht, dass es uns als Uni nicht unmittelbar betrifft“, so Nussberger.

Diskussionsrunde: Nahost-Thematik an der Uni Köln

Als die Diskussion schließlich für das Publikum geöffnet wurde, kam direkt der Nahostkonflikt zur Sprache. Eine Dozentin des orientalischen Seminars fragte, weshalb auf die Einladung des israelischen Botschafters an die Uni Köln keine Einladung des palästinensischen Botschafters folge.

Juristin Nussberger befürwortete diesen Vorschlag im Sinne des Meinungs- und Wissenschaftspluralismus; zudem plädierte sie dafür, dass die Mitglieder der Universität selbst Initiative ergreifen und entsprechende Veranstaltungen organisieren sollen und dies nicht als reine Aufgabe der Leitung sehen. Eine Studentin vermisste nach der „zurecht gezeigten Solidarität mit Israel am 9. Oktober“ ebenfalls eine öffentliche Solidaritätsbekundung für die palästinensischen Opfer.

„Inwieweit setzen Sie um, was Sie gerade gesagt haben?“, so die Studentin. Rektor Mukherjee ergriff daraufhin das Wort: „Wir haben eine besondere Verantwortung für Israel. Dass die jüdische Synagoge nur wenige hundert Meter entfernt ist, können wir nicht ignorieren. Dass eine Diskussion über zivile Opfer möglich sein muss – darauf war der israelische Botschafter vorbereitet“, so Mukherjee.