Köln – Es ist ein erster Schritt in Richtung einer autofreien Stadt, den das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt in der nächsten Ratssitzung am 24. Juni gehen will. Das Verkehrsdezernat – das am selben Tag auf Vorschlag der Grünen mit einer neuen Dezernentin oder einem neuen Dezernent besetzt werden soll – erhält den Auftrag, ein Grundnetz für den Autoverkehr zu identifizieren.
Die Stadt soll bestimmte Korridore festlegen, die einzeln zu untersuchen sind – zunächst zwei linksrheinische und einen rechtsrheinischen. Die Bewertung soll ein Facharbeitskreis aus Verkehrsplanerinnen und -planern vornehmen.
Autofahrer sollen über ausgewählte Straßen ins Zentrum fahren
Autofahrerinnen und Autofahren sollen in Zukunft nur noch über ausgewählte Straßen in bestimmte Stadtteile und das Zentrum fahren können. Alle angrenzenden Nebenstraßen sollen in Fahrradstraßen, Grünflächen, Fußgängerzonen und Plätze umgewandelt werden – der Autoverkehr darf zumindest die Fahrradstraßen als untergeordneter Verkehrsteilnehmer mitbenutzen.
Im Kern bedeutet der anstehende Beschluss, den Autoverkehr zugunsten des Radverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs nach und nach aus der Stadt zu verdrängen – ganz so, wie es Grüne und Volt vor der Kommunalwahl angekündigt haben.
Teresa De Bellis, verkehrspolitische Sprecherin der CDU, verweist mit Blick auf die eigene Wählerschaft darauf, dass Liefer- und Wirtschaftsverkehre weiterhin fließen müssten. „Die Innenstadt muss für alle erreichbar bleiben“, sagt sie. Der Autoverkehr soll zudem auf den Straßen des neuen Grundnetzes den Vorrang gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern haben. Es sei aber ganz deutlich zu erkennen, dass es die Menschen immer mehr nach draußen ziehe und sich ein mediterranes Lebensgefühl einstelle. Dafür müsse Platz geschaffen werden. „Die Straßen sind endlich“, sagt De Bellis. Die Fahrbarkeit müsse gewährleistet bleiben, aber eben nicht überall. Der öffentliche Nahverkehr wiederum müsse überall zugänglich bleiben.
Bedürfnisse des Menschen in Mittelpunkt rücken
Lars Wahlen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, verweist darauf, dass auch auf den Straßen, die im neuen Grundnetz vor allem dem Autoverkehr zugeschlagen werden, die bestehende Radinfrastruktur nicht zurückgebaut werden soll. „Wir erkennen aber an, dass wir den motorisierten Individualverkehr in einem begrenzten Umfang noch brauchen werden“, sagt er. Bislang stehe bei der Planung der Straßen stets die Leistungsfähigkeit des Autoverkehrs im Mittelpunkt – nun gehe es darum, die Bedürfnisse des Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Es gehe darum, die Stadt lebenswerter zu gestalten.
„Das Grundnetz wird nicht zu Stau führen“, sagt Max Pargmann, verkehrspolitischer Sprecher von Volt. Beispiele wie die US-Stadt Boston würden belegen, dass eine Reduzierung von Straßen Staus sogar effektiv entgegenwirken könne. Die Interstate 93 in Boston wurde durch Busspuren und Fahrradwege ersetzt und ermöglichte damit in der Stadt eine Reduzierung des Staus um 62 Prozent. Pargmann verwies darauf, dass die Bündelung des Autoverkehrs auf Hauptrouten Quartiere der kurzen Wege ermöglichen würde, etwa im Bereich der Severinstraße, Venloer Straße und Kalker Hauptstraße.
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Als Vorbild soll die Metropole Barcelona dienen. Die Stadtverwaltung setzt dort seit 2017 auf die sognannten Superblocks (auf Katalanisch „Superilles“). Dazu werden bis zu neun Häuserblocks zusammengefasst, innerhalb derer Fußgänger und Fahrradfahrer Vorrang haben.
Bei zweispurigen Straßen wird den Autos eine Spur weggenommen, so dass dort Kinder spielen und Anwohner auf Parkbänken Kaffee trinken und sich unterhalten können. Hinzu kommen bepflanzte Hochbeete, Blumenkübel und Bäumen, um den Asphalt zu ersetzen. Autoverkehr ist auf den verbleibenden Einbahnstraßen in Barcelona – wenn überhaupt – lediglich mit 10 bis 20 Kilometer pro Stunde erlaubt. „Die Straßen werden zum erweiterten Wohnzimmer“, heißt es dazu auf der Internetseite der Stadt Barcelona.