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Neue Grundsteuer ab 2025Warum der Plan der Stadt Wohnen in Köln deutlich teurer macht

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28.08.2024, Köln: Die Kleingartenanlage "Hoffnung e.V." liegt im Nordpark. Xantener Straße in Nippes. Wohnungen, Wohnungsmarkt, Mieten, Mietpreise, Immobilien in Köln. Foto: Uwe Weiser

Blick über die Kleingartenanlage „Hoffnung“ und Wohngebäude in Nippes

Die Kämmerin hat jetzt vorgeschlagen: Es soll der gleiche Grundsteuersatz gelten wie zuvor. Doch das sorgt für höhere Kosten.

Aus dem zwölften Stück des Hochhauses, in dem das Dezernat für Finanzen sitzt, überblickt man einen Großteil der Häuser Kölns. Hier stellt am Donnerstag Kämmerin Dörte Diemert den letzten Schritt zur Vollendung der Grundsteuerreform vor: Ihren Plan zur Festlegung der neuen Hebesätze für Köln. Und der sieht vor, die alten Sätze beizubehalten. Allerdings steigt die Steuerlast der Bürger. Gleich bleibt nämlich nicht die Berechnung, in die der Hebesatz einfließt.

Grundsteuer B seit 2012 nicht erhöht

Demnach zahlen Hausbesitzer und Mieter, auf die höhere Steuern umgelegt werden dürfen, ab 2025 zum Großteil mehr als doppelt so viel wie bisher an die Stadt. Einnahmen von 259,75 Millionen Euro will Diemert so erzielen, durch Beibehaltung des Hebesatzes von 515 Prozent einen Mehrertrag von 23 Millionen. „Damit erreicht die Verwaltung einen guten Kompromiss zwischen den absehbaren Belastungen der Bürgerinnen und Bürger und den Zwängen eines genehmigungsfähigen Haushalts“, sagte sie.

Die Grundsteuer ist neben der Gewerbesteuer die einzige ertragreiche Steuer, die Kommunen selbst senken oder erhöhen können. Deshalb werden sie genutzt, um notwendige Einnahmen zu generieren. „Wir haben bei der Grundsteuer bisher sehr zurückhaltend agiert“, sagte Dörte Diemert. Seit 2012 hat die Stadt Köln die Grundsteuer B nicht erhöht, die für alle bebauten und unbebauten Grundstücke gilt.

Das bisherige System zur Festsetzung der Grundsteuer war laut Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 verfassungswidrig. Es behandelte gleichartige Grundstücke unterschiedlich. NRW wählte wie acht weitere Bundesländer für die Reformierung das sogenannte Scholzmodell als neue Berechnungsgrundlage. Dafür ersetzt der neue Grundsteuerwert den vorherigen Einheitswert. Er soll die Wertsteigerung von Grundstücken einberechnen und ein faireres System bilden. „Die Entscheidung haben wir auch mit Blick darauf getroffen, dass sich im Zuge der Neubewertungen der Grundstücke durch die Grundsteuerreform teils ohnehin Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger ergeben werden“, sagte Diemert.


Wie sich die Grundsteuer für Kölner berechnet

In der neuen Berechnung ersetzt der Grundsteuerwert den ehemaligen Einheitswert, er ergibt sich unter anderem aus dem Bodenrichtwert. Die Grundsteuer ergibt sich nun aus der Multiplikation des Grundsteuerwerts mit der Steuermesszahl und dem Hebesatz. Den Grundsteuerwert können Eigentümer einem Bescheid des Finanzamts entnehmen. Die Steuermesszahl wird ebenfalls per Bescheid mitgeteilt und wurde mit der Reform auf 0,031 Prozent für Wohngrundstücke gesenkt, bei Nichtwohngrundstücken sind es 0,034 Prozent. Diese Senkung gleicht die neue deutlich höhere Einschätzung des Grundsteuerwertes eines Grundstücks aus. Der dritte Wert für die Berechnung ist der in Kommunen individuelle Hebesatz, in Köln nach Plan der Stadtverwaltung also 515 Prozent.

Für ein beispielhaftes Einfamilienhaus in Köln-Nippes auf einem 300 Quadratmeter großen Grundstück mit einem dadurch geschätzten Grundsteuerwert von 450.000 fallen nach Berechnungen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nach dem beibehaltenem Hebesatz und neuem Berechnungsmodell 718,43 Euro Grundsteuer jährlich an (450.000 x 0,031/100 x 515/100 = 718,425). Mit dem aufkommensneutralen Hebesatz nach letztem Vorschlag des Landes von 464 Prozent wären es für die Beispielrechnung des Hauses in Köln-Nippes 647,28 Euro Grundsteuer gewesen. Auch das hätte für viele Kölnerinnen und Kölner schon einen höheren Grundsteuer-Bescheid als nach altem Modell bedeutet.


Diemert sagte, die Grundsteuerlast falle für Besitzer eines Einfamilienhauses im Median doppelt so hoch aus wie bisher. Für ein Zweifamilienhaus steige die Steuerlast im Median um 96 Prozent. Für Mietwohngrundstücke steigt sie um ein Viertel des bisherigen Betrags. Damit zahlt ein Großteil der Kölner, ob Eigentümer oder Mieter, eine deutlich höhere Grundsteuer ab 2025. Einzelfälle können davon stark abweichen. Wer bisher eine besonders niedrige Grundsteuer gezahlt hat, dürfte sogar eine höhere Veränderung erleben. Andere könnte auch weniger zahlen müssen.

Kämmerin lehnt niedrigere Sätze ab: Das lasse der Haushalt nicht zu

Das nordrhein-westfälische Finanzministerium hatte den Kommunen Hebesätze vorgeschlagen, mit denen sie aufkommensneutral die bisherigen Grundsteuereinnahmen fortführen könnten. Einen Wert also, mit dem der Gewinn aus den Steuern trotz neuer Berechnungsmethode für Kommunen gleich ausfallen würde.

Den ersten empfohlenen Hebesatz für Köln hatte das Land für einen Stichtag im März in Höhe von 461 Prozent herausgegeben. Im September erhöhte das Land ihn schon auf 464 Prozent (Stichtag im August). Und der Wert verändert sich weiterhin, weil Kölnerinnen und Kölner nach wie vor Einspruch gegen die neue Festsetzung ihres Grundsteuerwerts einlegen. Auch das sei für Diemert ein Grund gegen diese Empfehlung: Der aufkommensneutrale Wert könne noch nicht final ermittelt werden, die Stadt muss aber bis Ende des Jahres einen Hebesatz festlegen.

Weil Kölner sich vor allem dann melden, wenn sie ihren Grundsteuerwert für zu hoch angesetzt halten, geht Diemert davon aus, dass sich selbst beim Hebesatz von 515 Prozent der Mehrertrag der Stadt tatsächlich unter 23 Millionen Euro bewegen könnte.

Kölner Kämmerin spricht sich für einheitliche Hebesätze aus

Anders als Wohnhauseigentümer profitieren Gewerbetreibende von der geplanten Beibehaltung der Grundsteuersätze in Köln. Denn nach der Neuberechnung sparen sie künftig. Im von der Verwaltung errechneten Median liegen sie fast neun Prozent unter den bisherigen Steuern. Diese Schieflage hätte die Stadt Köln über differenzierte Hebesätze für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke ausgleichen können.

Das lehnt die Verwaltung mit der Begründung ab, dass eine differenzierte Berechnung die mit der Reform doch eigentlich gerechte Grundsteuer wieder untergräbt. Und auf den Grünstücken die in der Kategorie „Nichtwohnen“ klassifiziert sind, können trotzdem bis zu 80 Prozent Wohnflächen stehen. Zudem besagen Gutachten, dass Kommunen wegen verfassungsrechtlicher Bedenken im Fall der Differenzierung auf den Kosten sitzen bleiben könnten.

Neben der Grundsteuer B gibt es auch die Grundsteuer A für agrarische Flächen, die aber nur einen sehr geringen Teil der Steuereinnahmen der Stadt ausmacht. Ihr Hebesatz von 165 Prozent gilt seit 1983 und Diemert schlägt vor, dass auch dieser gleich bleibt, also die Steuer sich in den meisten Fällen erhöht.

Dörte Diemert stellt den Fraktionen ihren Vorschlag am Freitag in einer Sondersitzung des Finanzausschusses vor. Nach ihrem Plan soll der Stadtrat am 14. November die Hebesatzentscheidung treffen.