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OB-Kandidat der Kölner CDUParteichef Mandl lehnt Verschiebung der Wahl ab

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Parteichef Karl Mandl.

Parteichef Karl Mandl.

Die Kölner CDU produziert verlässlich Schlagzeilen. Bis zur Wahl des OB-Kandidaten erwarten einige Mitglieder eine „Woche der Entscheidung“.

Es ist früher Sonntagnachmittag, als nach zwei Tagen voller Telefonate und Nachrichten in der Kölner CDU der erste aus der Deckung kommt. Im Gespräch fordert der frühere Fraktionschef im Kölner Stadtrat, Rolf Bietmann, eine Verschiebung der Wahl des Kölner CDU-Oberbürgermeisterkandidaten. Statt am kommenden Samstag soll die Partei den Kandidaten erst nach der Bundestagswahl am 23. Februar küren. Bisher sind Parteichef Karl Mandl und Hendrik Biergans die Kandidaten.

Bietmann schiebt später eine Presseerklärung nach, demnach sieht er den Antrag am kommenden Samstag als seine Pflicht an. Er schreibt: „Zerreißproben, wie sie für den kommenden Samstag und die Zeit danach zu befürchten sind, kann sich die Kölner CDU nicht erlauben. Sie braucht gerade für die OB-Wahl einen Spitzenkandidaten oder eine Spitzenkandidatin mit breitem Rückhalt in der Partei.“ Und: „OB-Bewerber, die sich nicht auf die Geschlossenheit der Partei stützen können, haben im Kreis der politischen Wettbewerber so gut wie keine Aussicht auf Erfolg.“

Der Anwalt nennt den Namen Mandl in seiner Erklärung nicht, doch jedem ist klar, dass er die Verschiebung wegen Mandls Aussagen am Freitag fordert.

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Rolf Bietmann.

Rolf Bietmann.

Wie berichtet, hatte Mandl in einem Pressegespräch angekündigt, das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt zeitnah beenden zu wollen. „Wir stellen jetzt fest, dass wir die aktuellen Fragenstellungen nicht mehr innerhalb des Bündnisses klären werden können und Mehrheiten außerhalb des Bündnisses gesucht werden. Das ist für mich ein klares Zeichen, dass der Vertrag nicht mehr gelebt werden kann und sich überholt hat.“ Er peilte ein Ende für März an, dann sollten die Mitglieder darüber entscheiden. Bietmann nennt den mit weiten Teilen der Fraktion und dem Vorstand nicht abgestimmten Vorstoß „politisch mehr als unklug“ und „ohne Fingerspitzengefühl“.

Hinter vorgehaltener Hand befürworten prominente Mitglieder der Partei und auch Funktionsträger Bietmanns Einschätzung. Sie sagen, dass Mandl sich disqualifiziert habe, als möglicher OB-Kandidat und auch als Parteichef. „Er kann es einfach nicht.“ Oder: „Wie soll so jemand eine Millionenstadt führen?“ Und: „Er hat sich blamiert.“ Noch will niemand Bietmanns Haltung öffentlich unterstützen, solange bleibt sie zumindest in der Öffentlichkeit eine Einzelmeinung.

Unruhige Woche erwartet

Doch alle Gesprächspartner erwarten eine unruhige Woche, sogar „eine Woche der Entscheidung“. Denn am kommenden Samstag zählt es: Die Partei wählt ihren OB-Kandidaten – außer Bietmanns Antrag hat Erfolg. Er braucht eine Mehrheit.

Mandl sagte zu Bietmanns Ansinnen: „Der Kreisvorstand hat den Fahrplan so beschlossen. Es gibt keinen triftigen Grund für eine Verschiebung. Im Gegenteil. Die Mitglieder möchten zeitnah entscheiden.“ Doch Bietmanns Antrag lesen einige Parteimitglieder auch anders: Durch die Verschiebung soll ein neuer Kandidat gefunden werden. Doch schon die Vorschlagskommission war ja letztlich ohne einstimmiges Ergebnis geblieben und Mandl erklärte seine Bereitschaft.

Explosive Sitzung

Bietmanns Ankündigung ist die Fortsetzung eines Freitags, der vielen in Erinnerung bleiben dürfte: Nach Mandls Aussagen setzte die Fraktion eine außerordentliche Sitzung an, sie war laut mehrerer Mitglieder völlig überrascht von Mandls Ankündigung.

Die Sitzung im Spanischen Bau des Historischen Rathauses hat nach Angaben mehrerer Teilnehmer rund eineinhalb Stunden gedauert, viele waren vor Ort, einige über das Internet zugeschaltet. Offen mit seinem Namen darüber sprechen will niemand. Diejenigen, die es mit Mandl halten, sprechen von einer „Sitzung der offenen Worte“. Es ist üblicherweise der Sprach-Code in der Politik dafür, dass die Fetzen geflogen sind.

Diejenigen, die Mandls Aussagen als „unentschuldbar“ bezeichnen, sprechen von einem „Desaster“, „von einer „explosiven Stimmung“, der Parteichef sei an die Wand genagelt worden und habe darauf wie „Teflon reagiert“.

Kahl stützt Mandls Haltung

Danach versenden Fraktionschef Bernd Petelkau und Mandl ein Statement, plötzlich heißt es, es gebe keinen Handlungsbedarf mit Blick auf das Bündnis. Am Wochenende folgt ein Statement des geschäftsführenden Vorstandes, auch hier: kein Wort zu einem möglichen Aus für das Bündnis oder einer Abstimmung im März darüber.

Seit März 2023 ist Mandl Chef der Partei, er war der Kandidat der parteiinternen Initiative „Zukunft Jetzt“. Sie wollte, dass Bernd Petelkau nicht mehr Partei- und Fraktionschef ist, sie forderte eine Trennung, damit die CDU angesichts miserabler Wahlergebnisse wieder eigenständiger rüberkommt bei den Wählerinnen und Wählern. CDU pur eben.

Es ist eine Haltung, die auch andere in der Partei stützen, beispielsweise der frühere Immobilien-Unternehmer Christoph Kahl. Er hatte dem Kölner CDU-Kreisverband dieses Jahr 180.000 Euro gespendet, damit er seine Schulden abbezahlen kann. Er sagte zu Mandls Vorstoß: „Ich finde, dass die Kölner CDU mit einem eigenständigen Profil wahrgenommen werden muss und nicht als Anhängsel der Grünen.“

„Das Schlimmste verhindern“

In der Ratsfraktion hieß es oft, sie mühten sich um Kompromisse, um „das Schlimmste“ zu verhindern. Das war schon zu Beginn des Bündnisses ein oft gehörter Satz.

Und auch in der Fraktion ärgerten sich die Politikerinnen und Politiker über die Grünen. Im Herbst 2023 soll die Fraktion nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bei einer Klausurtagung offen über die Vor- und Nachteile des Bündnisses gesprochen haben, jeder durfte mal Dampf ablassen. Doch das Bündnis hielt. Am Sonntag argumentieren die Mandl-Gegner mit dem Wahlslogan des Wahlkampf 2020: „Wir verantworten Köln.“ Und: „Wir sind nicht die FDP und hauen einfach ab.“

Für Kritik sorgt auch, dass die Partei am Sonntag die Aufstellungsversammlung des CDU-Bundestagskandidaten für den Wahlkreis 93 im Kölner Südwesten am heutigen Montag abgesagt hat. Laut Kreisgeschäftsführer Bastian Ebel hatte die Partei fristgerecht eingeladen, aber die Post ist demnach nicht rechtzeitig angekommen. Wie berichtet, muss die Wahl wiederholt werden, weil das Kreisparteigericht die Wahl von Daniel Otte für ungültig erklärt hatte, weil es Irritationen um die Zulassung von Mitgliedern gab. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.