Köln – Angesichts des unverminderten Ansturms auf Termine für den Kirchenaustritt erhöht das Amtsgericht Köln zum dritten Mal in diesem Jahr sein monatliches Kontingent. Am 1. Juni um 0 Uhr wurden 1800 Termine für den Monat August auf der Online-Buchungsplattform www.justiztermine.nrw.de des Landesjustizministeriums freigeschaltet, sagte Amtsgerichtssprecher Maurits Steinebach dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das sind noch einmal 300 mehr als bisher. Auch für die Monate Juni und Juli hat die Behörde nach Steinebachs Angaben jetzt noch einmal jeweils die gleiche Zahl an Zusatzterminen angeboten. Diese diese allerdings am Morgen des 1. Juni bereits wieder vergriffen.
Zugleich nannte Steinebach auf Anfrage das Ergebnis der vom Amtsgericht erstellten Quartalsstatistik. Diese verzeichnet einen Rekord: So traten Januar bis März dieses Jahres 3346 Menschen aus ihrer Religionsgemeinschaft aus, rund 760 mehr als im bisherigen Rekordjahr 2019, als 2585 Menschen ausgetreten waren. Gegenüber dem Jahr 2020 stieg die Zahl der Austritte von damals 2239 sogar um 1107 ¬ eine prozentuale Zunahme um fast 50 Prozent.
Vermutlich Zusammenhang mit Missbrauchsskandal
In den Quartalen zwei bis vier des Jahres 2020 sank die Zahl der Austritte dann zwar coronabedingt deutlich. Seit Jahresbeginn aber verzeichnet das Kölner Amtsgericht einen außergewöhnlich großen Run, der mutmaßlich auf die Wirren um den Missbrauchsskandal und dessen Aufarbeitung im Erzbistum Köln zurückzuführen ist. Der Kölner Stadtdechant Robert Kleine hatte sich erschüttert über die große Zahl der Menschen gezeigt, die der Kirche derzeit den Rücken kehren.
Mit den jetzt freigeschalteten Zusatz-Optionen summieren sich die angebotenen Termine im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Köln, des größten in NRW, für die ersten sieben Monate des Jahres auf dann rund 9350. Sollten bis Ende August alle angebotenen Termine wahrgenommen werden, wird der Jahresrekord von 2019 mit damals 10 100 Austritten deutlich übertroffen. Die Gesamtzahlen aus dem Corona-Jahr 2020 und aus 2018 mit 6960 bzw. 7400 Austritten werden mutmaßlich schon Ende Juni überschritten sein.
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Am 1. Mai, als die Termine für Juli freigeschaltet worden waren, setzten die Buchungen unmittelbar nach Mitternacht ein. Offenbar hatten Austrittswillige auf diesen Moment gewartet. Die ersten 50 Termine, die im Zehn-Minuten-Takt angeboten werden, waren nach einer Viertelstunde vergeben. Nach einer Stunde waren für den gesamten Monat nur noch etwas mehr als 300 Termine verfügbar.
Wegen des großen Andrangs hatte das Amtsgericht Anfang des Jahres das Angebot von ursprünglich 650 Terminen sukzessive auf 1500 erhöht. Im Februar brach zeitweilig der Buchungsserver zusammen. Das Amtsgericht ist nach Steinebachs Worten "an der Kapazitätsgrenze".