Köln – Joja Wendt ist einer von Deutschlands erfolgreichsten Pianisten und spielt am Mittwoch, 10. August, den Auftakt seines Programms „Stars on 88 Part II“ in der Kölner Philharmonie. Dabei verbindet er klassische Klavierkunst mit modernen Songs und einer Menge Humor.Zudem startete kürzlich seine Serie „Jojas Bulli Show“ auf RTL Plus, in der er mit prominenten Gästen wie Bastian Pastewka singt, lacht, spricht und Musik macht - mit an Bord des VW Bulli ist immer sein Klavier. Karten für sein Konzert in der Philharmonie sind ab 36 Euro über www.koelner-philharmonie.de und an der Konzertkasse der Kölner Philharmonie erhältlich.
Was macht deine Aufritte anders als die von anderen Pianisten?
Es gibt sehr viel mehr Genres bei mir. Ich bin ausgebildeter Jazz-Pianist, spiele auch viele klassische Stücke, habe Eigenkompositionen und neuerdings ein paar Pop-Hits so für Klavier arrangiert, dass sie pfiffig rüberkommen. So ein Abend hat eine gewisse Dramaturgie, sodass die Leute möglichst viel von dem, was ein Klavier zu bieten hat, erleben können.
Was hat ein Klavier denn zu bieten?
Das Klavier ist ein Mega-Instrument. Du kannst Melodien spielen, Harmonien, es kann sehr perkussiv sein, du kannst Rocknummern spielen – ich spiele eine Nummer von AC/DC. Stücke und Musik, die man mit dem Klavier gar nicht in Verbindung bringen würde. Es hat einen wahnsinnigen Klang, das fängt richtig an zu schwingen. Diese Schönheit dieses Instruments und der Musik, die man damit machen kann, verbunden mit einer speziellen Dramaturgie und einem unterhaltsamen Element, das macht meine Konzerte aus.
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Wie kann man sich dieses „unterhaltsame Element“ vorstellen?
Es ist jetzt nicht so: „Da kommt der Joja Wendt und macht ‚Kommt ein Mann zum Arzt‘-Witze.“ Ich erzähle Storys über die Stücke, Hintergründe und Dinge, die mir passiert sind. Es hat immer mit der Thematik Musik zu tun. Ich erzähle, was in den Stücken passiert. Ich habe gemerkt, dass, wenn du den Leuten erzählst, was der Komponist sich dabei gedacht hat, oder was da passiert, wie es arrangiert ist, ob da eine Sechs-Achtel-Gruppe drin ist – kein Mensch weiß, was das ist, aber die Menschen hören anders zu. Der Laie hört anders zu, weil er merkt „Oh ja, da war was anders!“ und der Fachmann auch.
Richtest du dich damit eher an ein jüngeres Publikum?
Ich habe nie Konzerte für ein „Insider-Publikum“ gegeben, sondern immer versucht, jeden zu erreichen, auch den Klempner von nebenan, der sagt „Du bist ja lustiger als Mario Barth“ – also, ich gehe ja nicht auf die Bühne und erzähle Kalauer oder mache Stand-Up-Comedy. Dann werden die Leute enttäuscht, wenn sie das erwarten. Es geht um die Situationskomik und Interaktion mit den Leuten. Ich will genauso den Klempner wie den Hochschulprofessor erreichen, als auch die, die sonst keine Kontakte mit Klavierkonzerten haben. Und das ist häufig jüngeres Publikum, aber auch generationsübergreifend.
Du hast eine Show bei RTL Plus, bei der du im VW Bulli mit prominenten Gästen herumfährst und Musik machst. Wie kam es dazu?
Als ich ungefähr 18 war, hat der Freund meiner Mutter mir einen alten T2-Bus geschenkt, total klapprig. Er brauchte den nicht mehr. Da hat genau hinter die Vordersitze ein Klavier gepasst. Und damit war ich frei, ich konnte losfahren, konnte Straßenmusik machen, wir sind nach Frankreich gefahren und haben uns den ganzen Urlaub mit der Straßenmusik verdient. Ich habe gemerkt, was Musik für ein Kommunikator ist. Überall, wo Musik ist, kommen auch Leute zusammen, wie ein wahnsinniger Magnet. Ich dachte mir, das wäre doch auch was für ein TV-Format. Und das hat RTL auch erkannt.
Wie erging es dir in der Coronapause?
Das war für Musiker eine schwierige Sache. Klar, hatte man plötzlich Zeit und dann sagt manch einer „Dann kannst du ja kreativ sein“, aber aus dem Nichts kreativ zu sein ist schwierig. Du arbeitest sonst auf etwas hin, zum Beispiel auf das Konzert in der Philharmonie. Wenn ich mich intensiv darauf vorbereite, fallen rechts und links neue Ideen ab. Wenn du aber nichts hast, sortierst du Noten… Das ist die Tragik dieser Zeit gewesen, dass viele Kreative ausgebremst wurden. Viele aus der Peripherie sind in andere Branchen abgewandert. Und jetzt geht es vielleicht wieder los… Für uns Kulturschaffende wird es ganz dunkel. Es wird so dunkel, dass wir im nächsten Jahr ein richtiges Problem kriegen. Ich persönlich bin auch viel international unterwegs, da ist es nicht so schlimm. Aber es ist für Deutschland richtig schade. Deutschland war immer eine Hochburg der Subkultur und das versandet alles. Ich merke, dass diese Subkultur nicht lebt und auch nichts nachkommt. Sie ist der innovative Motor einer jeden Gesellschaft. Da kommen die Sachen, die auch später möglicherweise für die Wirtschaft interessant sind, her. In einer florierenden Subkultur entstehen Dinge.
Zu Corona kommen nun noch weitere Krisen. Kriege, Inflation und steigende Energiepreise belasten die Menschen. Brauchen sie dann besonders die Musik oder verliert sie an Wichtigkeit, weil sich viele Menschen um grundlegende Dinge sorgen müssen?
Ich fürchte, das ist so. Ich glaube, dass härtere Zeiten anbrechen. Jetzt mit mehreren Kriegen, das sind so Dinge, die die ganze Weltcommunity durcheinanderwirbeln. Da wird das in der Historie schon so oft gesehen haben: Warum sollte es diesmal anders sein? Aber, ich weiß es natürlich nicht. Ich bin ja Musiker. Ich muss versuchen, flexibel zu bleiben.