Köln – Es war die Nacht auf Karnevalsfreitag in diesem Jahr. Mara N. ging die Zülpicher Straße entlang und telefonierte mit ihrem Freund, als sie ungefähr am Bahnhof Süd von einem fremden jungen Mann freundlich angesprochen wurde: Ob er sie ein Stück des Wegs begleiten dürfe. Der 21-Jährigen war es nur recht, denn so fühlte sie sich sicherer. Zum Gefühl der Sicherheit trug auch bei, dass ihr Freund ihr sagte, er werde ihr von der Ägidiusstraße aus, wo er wohnte, entgegenkommen. In Höhe der Uni-Mensa beendete Mara N. (Name geändert) das Telefonat.
Das Verbrechen, das sich dann ereignete, ist Gegenstand des Prozesses, der am Montag vor dem Kölner Landgericht begonnen hat. Angeklagt ist der 22-jährige Brian P. Zur Last gelegt werden ihm eine besonders schwere Vergewaltigung und schwere Körperverletzung.
Umfassendes Geständnis
Nach der Verlesung des Anklagesatzes, der vor brutalen Details strotzt, trug sein Verteidiger Rüdiger Buhr ein umfassendes Geständnis vor, das nur in Nuancen von den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft abweicht. „Ich wünschte, ich könne das ungeschehen machen“, habe ihm sein Mandant gesagt. „Es tut ihm unendlich Leid.“ Der Gewaltexzess begann damit, dass Brian P., der beim Karnevalfeiern einiges getrunken hatte, Mara N. das Handy entriss, es wegwarf, sie an den Armen packte , ihr den ersten Faustschlag ins Gesicht verpasste und sie in eine Grünanlage am Universitätskindergarten zerrte. Dort brachte er sie zu Boden und setzte sich auf ihre Unterschenkel.
„Halt die Fresse"
Je mehr sie sich wehrte, umso aggressiver wurde er. Faustschlag folgte auf Faustschlag. Ihr Flehen quittierte er, indem er sie anschnauzte: „Halt die Fresse.“ Schließlich gelang es ihm, ihr die Hose herunterzuziehen. Die weiteren Details der Vergewaltigung sollen unerwähnt bleiben.
In der Anklage heißt es, Stimmen von Passanten, die von der Zülpicher Straße her drangen, hätten Brian P. dazu gebracht, von seinem Opfer abzulassen. Sein Verteidiger schilderte es geringfügig anders. Die Folge war jedenfalls, dass Mara N., die Todesängste ausgestanden hatte, die Flucht gelang. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft resümierte, in dem etwa zehn Minuten langen Geschehen habe der Täter dem Opfer „mindestens 30 gezielte und kraftvolle Faustschläge ins Gesicht“ gegeben.
Starke Blutungen nach der Tat
Auf der Zülpicher Straße wurden Polizisten auf die stark blutende junge Frau aufmerksam. Sie kam in die Uniklinik. Nase und Kiefer waren gebrochen, dazu kamen unter anderem Prellungen. Beide Augen waren so zugeschwollen, dass sie kaum noch sehen konnte.
Mara N. hatte den Täter so genau beschrieben, dass ein Beamter hellhörig geworden war. Die Beschreibung passte auf einen Mann, den die Polizei kurz vor dem Verbrechen kontrolliert und dessen Personalien sie aufgenommen hatte. Noch in der Nacht holten die Ermittler Brian P. aus seinem Apartment in einem Haus der Straffälligenhilfe und brachten ihn zur Vernehmung auf die Wache. Aufgefallen und überprüft worden war Brian P. in einem Lokal in der Nähe des Barbarossaplatzes. Aus Frust darüber, dass sich eine andere Frau, mit der er angebandelt und die sich zuerst willig gezeigt hatte, nun mit anderen Männern flirtete, hatte er Streit angefangen. Der eskalierte bis die Polizei kam. Sie erteilte ihm dem 22-Jährigen einen Platzverweis. Alleine zog er ab. Dann traf er auf Mara N.
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Was am ersten Prozesstag vom Leben des Angeklagten zur Sprache kam, vermittelt den Eindruck großer Haltlosigkeit. Geboren in Tansania, kam er im Alter von zwei Jahren mit seiner afrikanischen Mutter und seinem deutschen Vater nach München. Bald trennten sich die Eltern. Mit der Mutter, die inzwischen gestorben ist, lebte Brian P. später in Aachen, dann in Köln-Chorweiler. Von der Regelschule kam der Junge, der an ADHS litt, auf eine Fördereinrichtung. Nach dem Abgang machte er keine Ausbildung. „Hatten Sie einen bestimmten Berufswunsch?“, fragte ihn die Vorsitzende Richterin, und Anwalt Buhr umriss die Interessen des Jugendlichen so: „Kiffen und Chillen.“
Brian P. selber fügte hinzu, er habe „viel Scheiße gebaut“. Davon zeugt das Vorstrafenregister. Kurz vor der jetzt angeklagten Tat war er aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er eine viermonatige Haftstrafe verbüßt hatte, unter anderem wegen eines Drogendelikts. Zurzeit ist die Untersuchungshaft unterbrochen, weil er als Ersatz für eine Geldstrafe, zu der er wegen Beleidigung eines Polizisten verurteilt worden ist, eine Freiheitsstrafe absitzt.
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Am Freitag soll Mara N. gehört werden. Um ihr die Konfrontation mit dem Täter zu ersparen, wird sie – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – per Video vernommen.