Köln – Mit einer dürren Pressemitteilung sagte der Kölner Erzbischof Rainer Woelki am Montagmittag seinen ersten öffentlichen Auftritt nach fast fünf Monaten Auszeit ab. Der Kardinal habe sich entschieden, am Mittwoch, 2. März, keine Messfeier im Dom zu halten, teilte das Erzbistum mit.
Beim traditionellen „Aschermittwoch der Künstler“ wollte Woelki ursprünglich die Messe zelebrieren und auch das Aschenkreuz austeilen. Der Kardinal wolle nicht, dass „dieses wertvolle Ereignis von den aktuellen kirchenpolitischen Spannungen überschattet wird“.
Eine Geste der Zurückhaltung
Weiter wolle Woelki die „Künstlerinnen und Künstler, die er sehr schätzt, vor weiteren Polarisierungen schützen“. Der Erzbischof kündigte allerdings einen Fastenhirtenbrief sowie eine Medienmitteilung für seine Rückkehr am Aschermittwoch an.
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist Woelkis Entscheidung als Versuch eines Wiedereinstiegs ohne großen (Medien-)Rummel zu verstehen. Der Verzicht auf öffentlichkeitswirksame Gottesdienste in den ersten Tagen nach seiner geplanten Rückkehr solle als Geste einer anfänglichen Zurückhaltung verstanden werden.
Liturgie des Aschermittwochs hat besondere Symbolkraft
Vom ursprünglichen Woelkis Vorhaben, den „Aschermittwoch der Künstler“ mit einem von ihm geleiteten Gottesdienst im Dom zu beginnen und damit gleich am ersten Tag nach Ende seiner Beurlaubung einen weithin wahrnehmbaren Akzent zu setzen, soll die amtierende Bistumsleitung unter dem vom Papst eingesetzten Apostolischen Administrator, Weihbischof Rolf Steinhäuser, überrascht bis überrumpelt worden sein. Es habe dazu keine Konsultation oder Absprachen gegeben, hieß es.
Die Liturgie des Aschermittwochs hat besondere Symbolkraft, weil sie mit der Austeilung des Aschenkreuzes verbunden ist, einem Zeichen des Schuldeingeständnisses, der Reue und der Bereitschaft zu Buße und Umkehr.
Mädchenchor sollte musikalische Gestaltung übernehmen
Die musikalische Gestaltung des von der „Künstler-Union-Köln“, der Künstlerseelsorge des Erzbistums, veranstalteten Gottesdienstes sollte der Mädchenchor am Kölner Dom übernehmen. Dieser allerdings hatte bereits vor Versand der Pressemitteilung des Erzbistums seine Mitwirkung am Aschermittwochsgottesdienst aufgekündigt.
Er habe der Künstler-Union mitgeteilt, dass der Mädchenchor nach einer internen Besprechung mit den Sängerinnen die Beteiligung am Gottesdienst abgesagt habe, so Domkantor Oliver Sperling. Er selbst werde den Gottesdienst nun alleine mit Domorganist Ulrich Brüggemann gestalten. Aus Kreisen der zum
„Der Kardinal hat keinen Plan B.“
In Bistumskreisen wurde die Vermutung strikt zurückgewiesen, eine„zum Zeitpunkt seiner Rückkehr“ angekündigte Pressemitteilung Woelkis mitsamt dem traditionellen Hirtenbrief zum Beginn der Fastenzeit werde eine Rücktrittserklärung sein. „Nichts deutet darauf hin, dass er nicht wiederkommen will“, hieß es dazu aus verlässlicher Quelle. „Der Kardinal hat keinen Plan B.“
Allem Anschein nach offen ist noch die Möglichkeit einer Last-Minute-Entscheidung aus Rom. Insider gehen davon aus, dass eine so wichtige Personalie wie die Rückkehr des Kölner Kardinals einerseits, eine Absetzung oder Entmachtung durch Beiziehung eines sogenannten Koadjutors andererseits nur mit Zustimmung oder auf Weisung von Papst Franziskus persönlich erfolgen wird. Als sicher gilt, dass Bistumsverwalter Steinhäuser bislang keine Gelegenheit zu einer Unterredung mit dem Papst hatte. Einen schriftlichen Lagebericht überbrachte Steinhäuser dem Präfekten der zuständigen Bischofskongregation im Vatikan, Kardinal Marc Ouellet.
„Jetzt wird wieder wild spekuliert: Kommt er zurück oder nicht?“
Die repräsentative Umfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus der vorigen Woche, der zufolge eine überwältigende Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken im Erzbistum gegen Woelkis Rückkehr ist und eine Absetzung durch den Papst wünscht, habe Eindruck hinterlassen. Aber wohl nicht bei Woelki selbst.
„Jetzt wird wieder wild spekuliert: Kommt er zurück oder nicht?“, sagt Gregor Stiels, Vorsitzender des Katholikenausschusses in der Stadt Köln, zur Absage des Aschermittwochs-Gottesdienstes im Dom. Jede Geste des Erzbischofs werde „genau beäugt“, jedes seiner Worte auf die Goldwaage gelegt im Bemühen, daraus abzulesen, wie er sich nach dem Ende seiner „geistlichen Auszeit“ zu verhalten gedenkt.
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So beschäftige man sich nur mit der „Personalie“ und nicht mit dem, „was wichtig ist“. Statt zu spekulieren gelte es abzuwarten. „Es wäre gut, wenn so schnell wie möglich Klarheit herrscht“, so Stiels. Auch die Absage der Teilnahme des Kardinals am ökumenischen Gottesdienst zu Beginn der Fastenzeit mit dem rheinischen Präses Thorsten Latzel geht dem Vernehmen nach auf einen einsamen Entschluss Woelkis zurück.
Die Evangelische Kirche im Rheinland, die die Neuigkeit am Wochenende eilends verbreitete, sei erleichtert über Woelkis Entscheidung gewesen. Es wäre sonst damit zu rechnen gewesen, dass die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit auf die Präsenz und auf die Worte des Kardinals gerichtet gewesen wäre.