Nach zwei Jahren Krieg in der Ukraine gab es im ganzen Land Großkundgebungen für den Frieden. Im Dom-Schatten dominierten Blau und Gelb.
„Jetzt aufzugeben, wäre ein großer Fehler“Köln zeigt am Roncalliplatz eindrücklich Flagge für die Ukraine
Sie tragen blau-gelbe Flaggen um den Oberkörper gebunden, haben Schilder vorbereitet, die sie in die Luft strecken. „Stop Putin. Stop War“, „Russland ist ein Terrorstaat“ oder Danke, Deutschland steht auf den Bannern am Kölner Roncalliplatz. Mehrere tausend Menschen sind am Samstagnachmittag gekommen, um nach zwei Jahren Krieg in der Ukraine für den Frieden und zur Unterstützung der Ukraine zu demonstrieren.
Es sind junge und alte Menschen, auch Familien mit Kindern, die ein Zeichen setzen. „Jetzt aufzugeben, wäre ein großer Fehler“, sagt eine blonde Frau in der Menge. Ihr Gesicht ist blau und gelb bemalt. „Die Ukraine braucht uns nach wie vor. Und ich werde nicht aufhören, auf die Straße zu gehen, bis das Land seinen verdienten Frieden zurückbekommen hat.“
Demonstration für die Ukraine: Mona Neubaur und Henriette Reker sprechen am Roncalliplatz
Mona Neubaur, Stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin, spricht auf Deutsch und Ukrainisch über ihre Erlebnisse, die sie nur wenige Tage zuvor in der Ukraine gemacht hatte. „Die Angst in den Augen der Menschen, die sich fragen, ob das Dröhnen, das sie hören, ein Angriff ist und sie in den Bunker müssen, Sorge haben müssen – oder ob es nur ein Flugzeug war, das aufsteigt – diese Angst ist unbeschreiblich“, sagt Neubaur merklich mitgenommen.
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Deutschland sei in der Pflicht, die vielen notleidenden Menschen in der Ukraine mit allen möglichen Mitteln zu unterstützen. Dazu zählten sowohl humanitäre und finanzielle als auch militärische Hilfsgüter. „Dieser Kampf gegen den Wahnsinn, der von Putin angeführt wird, muss endlich ein Ende finden. Russland muss sehen und hören, dass wir nicht bereit sind, aufzugeben“, appelliert sie und erntet großen Beifall.
„Nach zwei Jahren Krieg ist es mir besonders wichtig, all denen zu danken, die sich mit Ausdauer und Hingabe in der Ukraine-Hilfe einbringen. Vereine wie das Blau-Gelbe Kreuz setzen der Brutalität des russischen Angriffskrieges tatkräftige Nächstenliebe entgegen. Gemeinsam geben wir der Solidarität Gesicht, Stimme und Hände“, sagt Europaminister Nathanael Liminski.
Moderatorin Julia Chenusha vom Verein Blau-Gelbes-Kreuz Köln ruft zum Auftakt in die Menge: „Wir sind Ukrainer, wir sind freie Menschen und wir wollen nichts mit einer Diktatur am Hut haben!“ Sie bedankt sich für die Solidarität der Kölnerinnen und Kölner, deren Spenden umfassende Hilfslieferungen in die Ukraine möglich gemacht hätten.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker erinnert an die Kölner Hilfe für die „neuen Freundinnen und Freunden in Dnipro, die wir jetzt akut mit Hilfstransporten und langfristig mit Hilfe zwischen Städten unterstützen. Köln hat zehntausende Ukrainerinnen und Ukrainer aufgenommen. Zu Hause und in den Herzen der Kölnerinnen und Kölner“. Die Solidarität sei groß, weil die meisten wüssten: „Die Ukraine gehört zu Europa. Die Freiheit ist stärker als die Unterdrückung. Die Ukraine kämpft dafür, dass auch wir in Frieden und Freiheit leben können.“ Die Oberbürgermeisterin appelliert daran, „nicht mit den Demonstrationen aufzuhören, bis die Ukraine ihr Land und ihre Freiheit zurückerobert hat“. Denn: „Niemand braucht sich Illusionen zu machen, dass Putin am Dnepr oder an der polnischen Grenze anhält.“
Demonstration für die Ukraine in Köln: „Wir mussten unsere Familien zurücklassen“
In der Menge stehen drei junge Frauen eng beieinander. Sie haben bunte Haare und hell geschminkte Wimpern, wirken, als würden sie sich seit Jahren kennen. Sie teilen das gleiche Schicksal. Mit dem Krieg mussten sie allein ihre Heimat verlassen. Ohne Familie, Freunde, Sprachkenntnisse, ohne Gewissheit, wie es weitergeht. Sie nennen es Glück, dass der Zufall sie in Köln zusammenbrachte. „Es ist viel wert, hier jemanden zu haben, der versteht, was man selber durchgemacht hat“, sagt eine der Frauen. „Alle Menschen, die mir begegnen, sind sehr offen und hilfsbereit. Aber nur, wer es erleben musste, kann nachvollziehen, was es heißt, wenn plötzlich neben dem eigenen Haus eine Bombe einschlägt. Das wünsche ich keinem.“ Viele Geflüchtete sind am Samstag gekommen - und für Solidarität zu werben uns sich für die Hilfe der Kölner zu bedanken.
Kontakt zu ihrer Familie haben die Frauen nur unregelmäßig. Aus ihrer Heimat gerissen, fällt es ihnen schwer, sich in die fremde Kultur zu integrieren. Sie wünschen sich, nach Hause zurückkehren zu können. Bis dahin gehen sie weiter gemeinsam auf die Straße und demonstrieren für den Frieden und ein selbstbestimmtes Leben in ihrer Heimat.
Neben der Großkundgebung auf dem Roncalliplatz fand in der Innenstadt auch eine Demonstration des Kölner Friedensforums sowie am Rudolfplatz eine prorussische und eine Gegenkundgebung statt. Alle Veranstaltungen verliefen nach Polizeiangaben weitgehend friedlich.