Als Solistin glänzt bei dem Konzert unter Dirigent Ádám Fischer die italienische Pianistin Beatrice Rana.
Academy of St. Martin in the Fields in der PhilharmonieWie ein Feuerwerk
Am Schluss sollte es, kündigte Dirigent Ádám Fischer die Zugabe an, „leise“ zugehen – was dann auch im Bach´schen Air der Fall war. Ein starkes Kontrastprogramm, denn vorher war es, in Mozarts Jupitersinfonie, in der Tat ziemlich „laut“ gewesen. Und zwar dergestalt, dass man die „leisen“ Töne zuweilen vermissen mochte.
Der ungarische Dirigent und die Academy of St. Martin in the Fields ließen das Werk im Kölner Meisterkonzert wie ein Feuerwerk abbrennen – zündend, erhitzt, aggressiv, dramatisch. Fischer neigt dazu, sich auf bestimmte Stellen mit teils tempomindernder Wucht gleichsam mit der raumgreifenden Gewalt eines Sumo-Ringers zu „setzen“, im Menuett genauso wie in dem stets aufs Neue überwältigenden Finale.
Kündigte sich da etwa die Französische Revolution an?
Dort kam die zumal in den Trompeten artikulierte punktierte Figur mit derart obsessiver Drastik herüber, dass sich in das Götterfest Marschmäßig-Militärisches, mithin Bedrohliches zu mischen schien. Kündigte sich da etwa die Französische Revolution an, die nur ein Jahr nach der Entstehung dieser letzten Mozart-Sinfonie losbrach? Dank der klangdramaturgisch herausgestellten chromatischen Linien war bereits das Andante in eher düstere Farben getaucht gewesen.
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Das alles kann man mit guten Gründen auch anders spielen. An der mitreißenden Verve der am Schluss vom Publikum inbrünstig gefeierten Interpretation, die der überhaupt nachdrücklich vermittelten Vitalität des 74-jährigen das beste Zeugnis ausstellte, sollte allerdings kein Zweifel bestehen. Sie trug bereits Mendelssohns einleitende „Sommernachtstraum“-Ouvertüre, in der Fischer das dritte, den Rüpeltanz und Zettels Eselsschrei illustrierende Thema mit köstlich-humoristischer Plumpheit inszenierte.
Weithin erfreulich war die Performance des legendären Londoner Orchesters, das den glattpolierten Schönklang aus Neville Marriners Zeiten ad acta gelegt hat und mit Erfolg einen robusteren, stärker aufgerauten und somit von der historischen Aufführungspraxis inspirierten Klassik-Sound pflegt. Den herauszuholen, ist Fischer, in diesem Metier seit langem ausgewiesen, in jeder Hinsicht der richtige Mann. Ihre spielerische Klasse konnte die Formation auch jetzt immer wieder zeigen, etwa im Elfenthema der Ouvertüre, das die Streicher mit selbstverständlicher Brillanz ziselierten.
Bei Mozart gelang Rana der langsame Satz mit großem Ernst
Als Solistin in Mozarts Klavierkonzert KV 466 und Mendelssohns erstem Konzert glänzte erwartbar die Italienerin Beatrice Rana, ein in der Philharmonie häufig zu hörender Gast. Ihre technische und gestalterische, stets elegant glänzende Bravour ist genauso atemberaubend wie ihr offensiver Esprit, der sich nicht lange bitten lässt.
Großartig etwa, wie sie etwa die Oktaven im ersten Mendelssohn-Satz aus dem geschmeidigen Donnern anlässlich der Überleitung zum zweiten Thema in ruhigeres, lyrischeres Fahrwasser gleiten ließ. All diese Tugenden bewies sie auch bei Mozart, wo der langsame Satz mit großem Ernst und großem Atem gelang, ohne jede Anmutung an Rokoko-Puppigkeit in der staccato-Begleitung des Hauptthemas.
Das dialogische Zusammenspiel mit dem Orchester scheint allerdings nicht Ranas Hauptinteresse zu sein – das Orchester, muss halt sehen, wie es zurechtkommt. Das gelang trotz Fischers Koordinationsbemühen nicht immer gleich gut, leichte Schlagdifferenzen zeigten, dass man da unterschiedlich unterwegs war. Schließlich: Warum Rana im ersten Satz die – von Haus aus stark stildivergente – Beethoven-Kadenz spielte, im Finale aber eine in Richtung Chopin entgleisende Schöpfung Marke Eigenbau? Ganz ersichtlich war das nicht. Inspiriert und erfüllt geriet die Zugabe: Mendelssohns Lied ohne Worte opus 53/6.