AboAbonnieren

Acht-Brücken-Festival in KölnKunterbunte Avatare, mit Gesang gesteuert

Lesezeit 2 Minuten

Kaitlyn Aurelia Smith, Synthesizer-Komponistin aus Kalifornien, spielt in der Kölner Philharmonie Popmusik von einem anderen Planeten.

Die Menschen reißt es von den Sitzen. Sie winkeln die Knie an, sie recken die Arme. Ja, das hier ist die Philharmonie, aber jetzt wollen sie tanzen, im Rhythmus der Kickdrum, alt wie jung.

Das Leo Betzl Trio aus München spielt Techno auf akustischen Instrumenten – Piano, Kontrabass, Schlagzeug – und das kommt beim Publikum des Acht-Brücken-Festivals gut an. So gut, dass sich der Rezensent fragen muss, ob wohl etwas mit seinen Ohren nicht stimmt?

Denn für ihn klingt das hier wie Techno, der noch nie einen Club von innen gesehen hat, wie brav-bratwurstige Stimmungsmusik, die das Genre seinen ursprünglichen Kontexten entreißt und mit virtuosen Jazz-Kabinettstückchen entwertet.

Kaitlyn Aurelia Smith verliebte sich in einen Buchla-Synthesizer aus den 60ern

Und eigentlich sind wir ja auch hier, um Kaitlyn Aurelia Smith zu erleben. Die Wahl-Kalifornierin hatte sich nach ihrem Kompositionsstudium am Bostoner Berklee College of Music in den Buchla 100 verliebt, einen modular aufgebauten Analog-Synthesizer aus den 1960er Jahren.

Seitdem pulsiert ihre Musik abseits fester Strukturen wie das Leben selbst, mal ruhig fließend, als Meditationsangebot oder Ambient-Soundtrack zur Yoga-Stunde, mal übersprudelnd vor Energie und Ideen, wie in ihrem jüngsten Projekt, „Let’s Turn It Into Sound“.

Dessen kurze Tracks könnte man glatt als Popmusik beschreiben, allerdings Popmusik von einem anderen Planeten. Mit Songs, die abrupt abbrechen, in denen man Strophen und Refrains vergeblich sucht. Dafür werden die Glückshormone, die so ein im Radio gehörter, mitsingbarer Kehrreim auslösen kann, im Überschwang ausgeschüttet.

Mit ihrer von Filtern verfremdeten Stimme kontrolliert Kaitlyn Aurelia Smith wechselnde Avatare, die über die Leinwand hinter ihr tanzen. Sie selbst trägt einen neongrünen Bodysuit zum violetten Kleid, ihre gepixelten Doppelgänger sind noch ein bisschen bunter gewandet.

Die Frauenfiguren springen und tanzen über geometrische Figuren in Primärfarben, die den mal glockenhell-glatten, mal muskelzuckenden elektronischen Klängen entsprechend durchs Bild sausen: das Leben, ein von Göttern beatmetes Videospiel.