Pierre Génisson überzeugt in der Kölner Philharmonie mit Stücken des Venezianers Antonio Vivaldi. Der 37-jährige sprang kurzfristig für den schwedischen Klarinettisten Martin Fröst ein.
Concerto Köln in der PhilharmonieVivaldi-Genuss mit der Klarinette

Der französische Klarinettist Pierre Génisson (37).
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Etwa 400 Solokonzerte listet Antonio Vivaldis Werkverzeichnis auf – aber kein einziges davon für Klarinette. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, da sich das Instrument zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch in den Kinderschuhen befand.
Dass Concerto Köln in der Philharmonie dennoch gleich mit zwei Klarinettenkonzerten des Venezianers aufwarten konnte, war einzig dem Arrangeur Andreas N. Tarkmann zu verdanken, der je drei Arien aus Opern Vivaldis zu Konzerten verschmolzen hat.
Auch wenn er dabei mit Geschick und Einfühlung vorging, wirkte das Ergebnis zunächst befremdlich: Die Klarinette ist das prägende Blasinstrument der Klassik und frühen Romantik; an die Verbindung mit einem in historischer Aufführungspraxis musizierenden Barockensemble musste man sich erst gewöhnen.
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Concerto Köln: Martin Fröst fiel krankheitsbedingt aus
Die Bearbeitungen entstanden für den schwedischen Klarinettisten Martin Fröst, der sie gemeinsam mit Concerto Köln 2019 auf CD eingespielt hat. Fröst sollte auch diesmal mit von der Partie sein, musste aber wegen Krankheit absagen. Für ihn sprang kurzfristig der französische Kollege Pierre Génisson ein.
Die schnellen Rahmensätze glitten drucklos und leichtfüßig dahin, selbst in den vom Arrangeur noch einmal virtuos nachgewürzten Reprisen. In den langsamen Stücken kam Génissons gedämpfter und leicht behauchter Ton dem intimen „mezza voce“ der Singstimme schon erstaunlich nah, besonders in der Zugabe, der von duftigen, aber etwas asynchronen Pizzicati begleiteten Arie „Sento in seno“ aus Vivaldis „Giustino“. Theaterdampf verpufft.
Das flankierende Programm bot neben Concerti grossi von Händel (op. 6/5) und Albinoni (op. 5/3) noch zwei Opern-Ouvertüren von Vivaldi, in denen die Truppe um den Konzertmeister Jonas Zschenderlein denn auch gehörig Theaterdampf verpuffen ließ – mit genussvoll ruppigem Strich, mit starken dynamischen Kontrasten und effektvollen Tempo-Stauungen.
Auf ausgedehnten Unisono-Strecken (etwa in der „Giustino“-Ouvertüre) lag gelegentlich ein Schatten der Unsauberkeit, ansonsten bereitete das anspringend lebendige Spiel „all’italiana“ ein ganz unmittelbares sinnliches Vergnügen, von dem man sich an diesem frostigen Sonntag-Nachmittag nur zu gerne aufwärmen ließ.