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François-Xavier Roth mit spannendem ProgrammEin Höhepunkt der Gürzenich-Saison

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Roth

François-Xavier Roth

Köln – François-Xavier Roth ist bekanntlich ein Meister der hintersinnig-schlüssigen Programmzusammenstellung, und diese Tugend bewährte sich auch beim jüngsten, von ihm geleiteten Gürzenich-Konzert.

Auf Anhieb hatten die drei aufgeführten Werke wenig miteinander zu tun, aber es gibt auf der kompositorischen wie semantischen Ebene markante wechselseitige Spiegeleffekte. Janáceks Orchesterballade „Des Spielmanns Kind“ und Morton Feldmans De-facto-Bratschenkonzert „The Viola in my Life IV“ werden gleichermaßen durch intervallisch geprägte Zentralmotive beherrscht, die und sei es verwandelt stets wiederkehren. In Strauss’ „Heldenleben“ gibt es gleichfalls solche Motivkerne.

Das Gürzenich-Orchester lässt Autobiografien erklingen

Vor allem aber erzählen diese Stücke allesamt etwas. Ein fiktives Subjekt, das im Fall von Feldman und Strauss ziemlich viel mit den Komponisten selbst zu tun hat (klingende Autobiografie!), zieht ihnen eine dramatisch-narrative Struktur ein.

Die beste Programmation nutzt freilich nichts, wenn die Aufführung mittelmäßig und uninspiriert ist. Davon kann hier allerdings keine Rede sein, dieses jüngste Abokonzert verdient vielmehr, ob der Spielqualität wie der Präsenz und Eindringlichkeit der Klanggestaltung ein Höhepunkt der zu Ende gehenden Gürzenich-Saison genannt zu werden.

Besser kann man den Geist der Bratsche nicht wecken

Gleich die Janácek-Ballade präsentierte Roth mit einer Intensität der „sprechenden“ Charaktere und der bedrohten romantischen Idylle, dass man sich fragen musste, warum solch wunderbare Musik eigentlich so gut wie nie im Konzertsaal zu hören ist. Eine echte Entdeckung!

Bei Feldman schlug dann die große Stunde des großen Solisten. Gegen eine zerklüftete Orchesterlandschaft realisierte Antoine Tamestit (er ist in dieser Spielzeit auch Artist in Residence der Philharmonie) mit erlesener Tongebung die esoterische Schönheit und zerbrechliche Kantabilität seines Bratschenparts. Da gab es keinen einzigen uninspiriert-seelenarmen Ton, besser kann man den Geist des Instruments nicht wecken. Zwei Kurtág-Zugaben gaben Tamestit die Gelegenheit, virtuose Zweistimmigkeiten vorzuführen.

Dirigent François-Xavier Roth überzeugt auf jeglicher Ebene

Der Strauss nach der Pause war dann für Dirigent und Orchester gleichermaßen eine Heimkehr. Vertrautheit führte hier aber nicht zu blasser Routine, ganz im Gegenteil. Roth ist ein Meister der Phrasendramaturgie, der Disposition von Spannung und Lösung, der quasi-szenischen Belebung und der gut belüfteten Tonsinnlichkeit.

Keine Frage: Dieser Schuss Pariser Impressionismus tut der opulenten deutschen Spätromantik (die freilich von Haus aus auch mit einer starken Portion luziden Kontrapunkts aufwartet) ganz gut.

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Klar, Roth kann – zumal in fordernden Sektionen wie „Des Helden Walstatt“ – nicht alles machen, er konzentriert sich dann auf Zäsuren, Umschwünge und klangliche Details. Ein paar überdrückte Einsätze waren da nicht zu vermeiden. Aber ob man nun auf die Hörnerriege, auf das Englischhorn, die Bratschen und Celli oder die fabelhafte Konzertmeisterin Natalie Chee hörte – im Prinzip steht die superbe Güte der Gürzenicher als Strauss-Orchester außerhalb jeden Zweifels.