Das Kölner Gürzenich-Orchester unter Sakari Oramo brachte frischen Wind in Mahlers berühmte Sinfonie. Auch Mao Fujita wusste zu gefallen.
Gürzenich-KonzertEine interpretatorische Meisterleistung bei Mahlers Fünfter
Mahlers fünfte Sinfonie ist für das Gürzenich-Orchester ein Heimspiel – es hat sie schließlich unter Leitung des Komponisten anno 1904 im alten Gürzenich uraufgeführt. Viele GMDs – zuletzt Markus Stenz und François-Xavier Roth – versäumten es nicht, sich intensiv mit ihr zu befassen. Das Werk gehört freilich nicht den Kölnern, sondern der ganzen Welt, und deshalb kann es nicht schaden, wenn mal frischer Wind von außen kommt. Schon gar nicht, wenn den ein Dirigent mit so viel Klangsinn und dramaturgischem Feingespür wehen lässt wie der Finne Sakari Oramo, der von der kommenden Spielzeit an der stadtkölnischen Formation als Artistic Partner zur Verfügung steht, indes bereits jetzt verstärkt präsent ist. Das jüngste Abokonzert mit Oramo am Pult zeitigte jedenfalls, gerade was die Mahler-Fünfte anbelangt, eine interpretatorische Meisterleistung.
Ist Oramos Mahler irgendwie „nordisch“? Das ist natürlich eine Klischeefrage, die man besser gar nicht stellen sollte. Auffallend ist allemal der klare, schlanke und konzise Angang, der sich mit dem romantischen Grundsound des Ensembles indes gut verbindet. Oramo ist nicht nur ein Meister der horizontalen, sondern auch der vertikalen Kontrastbildung – zu beobachten etwa im zweiten Satz, wenn sich im Verlauf zunächst getrennte und ausdruckshalber völlig unterschiedlichen Sphären zugehörige Motive und Charaktere übereinanderstapeln. Sicher, das ist in der Partitur alles angelegt, aber man muss es halt auch so spielen, dass der Hörer es wirklich erleben kann. Die Gebrochenheit, das Als-ob der Mahler'schen Klangsprache, die das Glück wie die Katastrophe in einen Abgrund von Ambivalenz schickt – eine gute Aufführung hat das herzustellen.
Beim berühmten Adagietto umschiffte Oramo untadelig die Kitschklippen
All das gelang am Sonntagmorgen vorzüglich – bis zum glänzend, aber nicht bombastisch herausgespielten Choralschluss. Und beim berühmten Adagietto umschiffte Oramo untadelig die Kitschklippen. Da durfte sich das Interesse des Publikums tatsächlich darauf konzentrieren, wann und wie Mahlers unendliche Melodien dann doch mal „einrasten“ und zu Ende gehen. Und die Phrasenspannung bei langem strömendem Atem funktionierte hier superb.
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Die Spieler waren dabei überaus entgegenkommende Partner. Die G-Saite der ersten Violinen – ein Muster von inspiriertem, erfülltem Wohlklang. Dieses Lob ist indes auf das komplette Orchester auszudehnen. Gleich das Marschmotiv der Trompeten zu Beginn: So kurz nach dem Aufstehen gleichsam aus dem Stand heraus so eine aufgeweckte Performance hinzulegen – das nötigt schon Respekt ab.
Vor der Pause war – mit der nämlichen Klangschönheit und Präsenz begleitet – Schumanns Klavierkonzert zu hören. Am Flügel saß der japanische Senkrechtstarter Mao Fujita, der nach seinem vor kurzem erfolgten Debüt in der Philharmonie jetzt seinen Gürzenich-Einstand gab. Fujita repräsentiert genau das Gegenteil jenes gedrillten Maschinistentums, das man hierzulande der fernöstlichen Klavierszene immer noch (und zusehends zu Unrecht) gerne nachsagt. Er ist vielmehr, das zeigte gleich seine Formulierung des Hauptthemas im ersten Satz, ein introvertierter Poet am Klavier, der trotz pianistischer Souveränität nicht auftrumpft, der auch seine Oktaven nicht herunterdonnert, sondern sich offensichtlich in den Zonen eines romantischen Wegtauchens und Verschattens besonders wohlfühlt. Und der immer wieder den intensiven kammermusikalischen Kontakt mit den Orchesterinstrumenten sucht.
Manchmal tut er hinsichtlich der expressiven Ausdeutung seines Parts eine Spur zu viel, da gerät das Rubato etwas zu üppig, bleiben in der Abphrasierung auch schon mal Töne auf der Strecke. So recht fanden Poesie und konzertante Brillanz ihren Ausgleich erst im finalen Rondo. Hier ging Fujita mit einer spielerischen Noblesse und Leichtigkeit zu Werke, die in jeder Hinsicht zu fesseln und zu bezaubern vermochte.