Bei „Hart aber fair“ sollte es am Montag um den Rechtsruck in Italien gehen – stattdessen wurde lange Zeit über ein anderes Thema diskutiert.
Barley bei „Hart aber fair“„Konservative Parteien müssen aufhören, Rechtsradikale zu normalisieren“
Vor der Ausstrahlung von „Hart aber fair“ konnten sich Zuschauerinnen und Zuschauer 45 Minuten lang bereits ein Bild vom Italien Ingo Zamperonis machen. In der Dokumentation „Mein Italien unter Meloni“ zeichnet der Moderator der ARD-Tagesthemen ein differenziertes gesellschaftspolitisches Porträt seiner zweiten Heimat. Beleuchtet wird unter anderem, was das Rechtsbündnis in Italien für Deutschland und Europa bedeutet.
„Hart aber fair“: Die Gäste am 18. September
Der Rechtsruck in Italien bildete auch das ursprüngliche Diskussionsthema der aktuellen „Hart aber fair“-Ausgabe vom 18. September. Unter dem Sendungstitel „Melonis Italien: Wie gefährlich ist der Rechtsruck für Deutschland und Europa?“ diskutierte Moderator Louis Klamroth mit folgenden Gästen:
- Ingo Zamperoni, Moderator der ARD-Tagesthemen, Autor der Dokumentation „Mein Italien unter Meloni“
- Katarina Barley, SPD, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Mitglied im SPD-Parteivorstand
- Monika Hohlmeier, CSU, Mitglied des Europäischen Parlaments (EP), Parlamentarische Geschäftsführerin der CSU-Europagruppe im EP
- Ulrich Reitz, Chefkorrespondent von Focus Online
- Prof. Dr. Thomas Biebricher, Politikwissenschaftler, Autor des Buchs „Mitte/Rechts. Die internationale Krise des Konservatismus“
Sollte es also eigentlich um die Gefahr von Italiens rechtsnationaler Regierung für Deutschland und die EU gehen, wurde de facto ein Großteil der Sendung vielfach von der Frage beherrscht, wie gefährlich Melonis Italien für die nach Europa strömenden Migranten ist.
„Hart aber fair“: Vorschläge zu Migrationsproblem werden nicht konkretisiert
Es wurden einige Vorschläge genannt, um das Migrationsproblem anzugehen. Könnte etwa der Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) helfen, die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge auf jährlich 200.000 zu begrenzen? Könnte die Wiederaufnahme einer staatlichen, EU-weiten Anti-Schlepper-Aktion im Mittelmeer nach dem Muster der 2019 beendeten „Mission Sophia“ Abhilfe schaffen? Oder ist es doch besser, auf Rückführungsverträge mit weiteren afrikanischen Staaten nach Machart der jüngsten Vereinbarung mit Tunesien zu setzen? Doch blieb in der Sendung nicht die Zeit, diesen Fragen auf den Grund zu gehen.
Erst in den letzten 20 Minuten von „Hart aber fair“ ging es dann halbwegs um die Gefahren, die von Melonis Italien ausgehen. Aber sind nicht schon vorher Fakten geschaffen worden – etwa durch die langjährige autoritäre Politik des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban? Oder durch die Kooperation von konservativen Parteien in Schweden und Finnland mit rechtspopulistischen Kräften – wie sie Katarina Barley zu Recht beklagte und sagte: „Die konservativen Parteien müssen aufhören, die Rechtsradikalen zu normalisieren.“
„Hart aber fair“: Sickern rechtsradikale Positionen ins allgemeine Denken in Europa?
Die maßgebende Gefahr, die von Melonis Italien ausgeht und sich im Verlauf der Sendung bei den Gästen herauskristallisierte, ist, dass die rechtsradikalen Positionen langsam aber sicher ins allgemeine Denken in Europa einsickern. Nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit der konservativen Parteien mit den rechtsradikalen Parteien, wie Barley betonte.
Am Ende blieb für die Zuschauerin und den Zuschauer so etwas Ähnliches wie die Hoffnung, dass es in Italien unter der rechtsradikalen Giorgia Meloni zwar etwas „robuster“, aber nicht demokratiegefährdend zugeht. Ist diese Hoffnung berechtigt?
Ingo Zamperoni betonte in seiner Dokumentation und in „Hart, aber fair“ dass die Italiener doch große Pragmatiker seien und sich selbst als gar nicht so rechts wahrnehmen würden. Und Ulrich Reitz lobte die Gelassenheit der Stiefelstaat-Bewohner – diese wollten keine rechtsradikalen Erzählungen von der Regierungschefin in Rom hören. Man hört es – und wünscht von Herzen, dass es so auch sein möge.