In der ausverkauften Lanxess-Arena spielt die junge, italienische Band Måneskin als wäre sie schon ihr ganzes Leben auf Rock-Bühnen zu Hause.
ESC-GewinnerMåneskin bringt Rock and Roll in Köln wieder zum Leben
Måneskin braucht keine Vorband, keine Einleitung, die italienische Band heizt sich und das Publikum am Freitagabend in Köln selbst ein. Hinter einem roten Vorhang bringen sie die Gitarre zum Kreischen, den Bass zum Brummen, das Schlagzeug zum Klirren und die ausverkaufte Lanxess Arena zum Beben. Mit einem einfachen „Let's go“ fällt der Vorhang und die zweistündige Party beginnt.
„Ich tanze, tanze, tanze, tanze, tanze, bis ich sterbe“ („Don't wanna sleep“) ächzt Sänger Damiano David mit kehliger, rauer Stimme in das von der Decke hängende Mikrofon. Es ist eine Ansage, eine Vorhersage: die rund 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauer werden an diesem Abend tanzen, als gäbe es kein Ende. Bassisitin Victoria De Angelis, Gitarist Thomas Raggi und Drummer Ethan Torchio unterstützen ihn mit nahezu musikalischer Perfektion. Jeder Ton sitzt, während Davids Stimme immer wieder bricht.
Das tut seinem Können und vor allem seiner Präsenz jedoch nichts ab, unterstützt viel mehr seine lässige, leicht arrogante, „Mir ist alles egal“-Attitüde. „Ich hoffe, euch gefällt die Show, und wenn nicht, na ja, dann könnt ihr euch f***“ deklariert er nach dem dritten Song. Er und seine Band, die wild über die Bühne springen, lasziv miteinander und ihren Instrumenten tanzen, wissen, dass dieser Abend allen gefallen wird.
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Måneskin in der Lanxess-Arena: Lasziv, arrogant und unglaublich cool
Es ist eine Arroganz, ein pures Vertrauen in ihr Können, das angesichts ihrer jungen Karriere überrascht. Die vierköpfige Band aus Italien, dessen Mitglieder Jahrgänge 1999 bis 2001 sind, gewann erst 2021 den Eurovision Song Contest, legte danach einen ABBA-mäßigen Rausch hin, verkauft Shows auf der ganzen Welt aus, spielt größte Festivals und war Anfang des Jahres bereits für einen Grammy nominiert. Ähnlich wie ABBA hatte auch Måneskin schon vor dem Start Ihrer Karriere mehrere Platten, sie können für ihre Show auf ein Repertoire aus italienischer und englischer Musik zurückgreifen.
Die Band setzt sich zwischen TikTok-Pophits und Disco-Partysongs, denen man vorwerfen könnte, alle gleich zu klingen, mit Rockmusik durch. Ihre Riffs und Rhythmen erinnern an Lieder von Led Zeppelin, Nirvana, der Rolling Stones, teilweise sogar der Beatles. Ihre Musik wirkt wie ein Tribut für die Größen der Zeit vor iPhones und Streamingdiensten.
Auch ihre Kleidung, ihr Auftreten, ist von den 60er bis 90er Jahren inspiriert. Damit fallen sie immer wieder auf, weil sie es wagen, Genderrollen zu durchbrechen. So trägt Schlagzeuger Torchio gerne Rock, Bassistin De Angelis ungerne Kleidung, die ihre Brüste bedeckt und alle Plateauschuhe und Smokey Eyes.
Am Freitag in der Lanxess Arena ist Sänger Damiano David mit einem einfachen T-Shirt, auf dem „Choke“ („Erdrosseln“) steht, fast schon konservativ gekleidet, wahrscheinlich zieht er es deshalb nach der Hälfte der Show aus, verliert zum Ende auch noch seine Schlaghose. Es ist diese Freiheit, alles zu tun, was sie wollen, die die Faszination an dieser Band auszumachen scheint. Oder eben, dass sie auch das Publikum einen Abend lang machen lassen, was sie wollen. Tanzen, wild herumspringen und headbangen – je mehr das Publikum abgeht, desto mehr Energie versprühen sie auf der Bühne.
Laute Gitarrensolos und explosives Publikum: Måneskin liefert ab
Dort haben sie eine unglaubliche Präsenz. Wenn David seine Hüften zum Beat oder Text schwingt, De Angelis und Raggi, die immer wieder lange, exzellente Solos spielen, in die Menge steigen, eruptiert das Publikum. Jede und jeder will ein Stück von ihnen abhaben. Die Rock-and-Roll-Energie versprühen sie nicht nur bei lauten, schnellen Liedern wie „Gossip“, „Supermodel“ und ihrem ESC-Song „Zitti e Buoni“, sondern noch viel mehr bei ihren herzzerreißenden Balladen, die sie zwischenzeitig auf einer intimen B-Bühne spielen.
„Timezone“, „If not for you“ und „For your love“, lassen Davids kratzige Stimme noch mehr glänzen, seine Liebe und seinen Schmerz, der auch durch seinen plötzlichen Ruhm entstanden ist, kauft man ihm ab. „Das Einzige, was uns trennt, ist eine andere Zeitzone. Scheiß darauf, was ich träume, dieser Ruhm hat keine Bedeutung. Ich komme nach Hause“, krächzt er gefühlvoll ins Mikro, während die gesamte Köln-Arena mitschreit.
Es ist deshalb die perfekte Zugabe, als Raggi, nachdem vorher dutzende Fans während „Kool Kids“ zu ihnen auf die Bühne geholt wurden, alleine in einem Lichtkegel steht und minutenlang nur seine Gitarre klingen lässt, das Publikum damit fesselt. Seine Band kommt irgendwann zu ihm. Sie spielen die langsamen Akkorde von „The Lonliest“, einem dramatischen Lied, das allen Instrumenten, den Raum gibt, zu glänzen und in der Bridge noch einmal richtig laut wird, bevor sie dann zum zweiten Mal „I wanna be your Slave“ spielen, die Halle noch ein letztes Mal zum Glühen bringen.