Das Gürzenichorchetser und Geiger James Ehnes führten Brahms' einziges Violinkonzert auf.
Kölner PhilharmonieEine Opulenz gegen die sogar Richard Strauß verblasst
Im langsamen Satz – so begründete einmal ein berühmter Geiger seine Abneigung gegen Brahms' Violinkonzert – habe die einzige schöne Melodie die Oboe, der der Solist ohnmächtig zuhören müsse. Die Kritik bezeichnet, was das Verhältnis von Solo und Orchester in diesem Werk anbelangt, durchaus etwas Richtiges: Es schert trotz der hohen technischen Anforderungen aus der Reihe der romantischen Virtuosenkonzerte aus. Der kanadische Geiger James Ehnes freilich, der es jetzt im Gürzenich-Konzert glanzvoll spielte, hat damit, sprich: mit der sinfonischen Verschmelzung der Partner, keine Probleme – er hat halt nichts gegen eine werkdienliche Selbstzurücknahme.
Diese Einstellung zählte hier womöglich noch mehr als die unstrittige technische Perfektion. Bei Ehnes kommt eh vieles glückhaft zusammen: die leuchtende Klarheit eines Spiels, die nichts mit Kälte zu tun hat, die feine, aber raumfüllende Höhe und die sonore Mittel- und tiefe Lage, die Körperhaftigkeit des einzelnen Tons, das erfüllte Strömen der Melodie und die sorgfältig-gestenreiche Ausformulierung der Details.
Der Spanier Juanjo Mena am Pult des durch die Bank gut aufgelegten Orchesters hatte freilich auf seine Weise dieser erfüllten Interpretation gleichsam das Bett bereitet: Bei 25 Minuten für den ersten Satz bewegt sich das Tempo schon eher an der Unterkante, und die Gefahr eines inspirierten Stillstands auf der Strecke (etwa jeweils vor Einsatz des dritten Themas) stand durchaus im Raum. Aber Mena nutzte die gemächliche Gangart immer wieder für Intensitäten besonderer Art: Die Durchführung des ersten Satzes erfuhr eine bemerkenswert dramatische Verdichtung, und die Vorbereitung der Reprise auf dem Orgelpunkt A geriet zum spannenden Ereignis.
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Nach der Pause dann Edward Elgars selten zu vernehmende zweite Sinfonie (wie der Brite überhaupt immer noch jenseits von „Pomp and Circumstance“ zu den in Deutschland neben Sibelius vernachlässigten Spätromantikern zu gehören scheint). Das Resultat? Nun ja, Elgar wartet hier mit einer orchestralen Opulenz auf, gegen die sogar Richard Strauss verblasst. Dem Gürzenich-Orchester liegt – darin ließ die Aufführung keinen Zweifel – diese Klangsprache gleichsam von Haus aus.
Aber Menas energisches und zugleich um Kontrast und Differenz bemühtes Dirigat konnte doch nicht den Eindruck einer (trotz wiederkehrender Themen und Motive) diffus zerfließenden und also nicht durchweg bewältigten sinfonischen Großform verdrängen. Und unter dem Ansturm eines nicht enden wollenden Überschwangs knicken dann irgendwann auch gutwillig aufgestellte Ohren ein.