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Kölner PhilharmonieHerreweghe begeistert mit Strawinsky

Lesezeit 3 Minuten
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Philippe Herreweghe     

Köln – Seit dem 4. März darf die Kölner Philharmonie zu zwei Dritteln besetzt werden – also mit 1500 statt vorher 750 Zuhörern. Eine gute Nachricht, die freilich angesichts des Krieges in der Ukraine aus der Ukraine verblasst. Wie könnte es auch anders sein – wenn nicht weit weg von uns in großem Ausmaß gestorben und gelitten wird, kann eine Lockerung der Corona-Maßnahmen im Kulturbereich wenig zählen.

Davon abgesehen kam Philippe Herreweghe mit dem Collegium Vocale Gent und dem Mahler Chamber Orchestra bei seinem Samstagabend-Konzert in der Kölner Philharmonie noch kaum in den Genuss, als Dirigent wieder auf durchweg gefüllte Publikumsreihen schauen zu können. Schade, denn zumindest dem ersten Teil des Abend mit Strawinskys Psalmensinfonie hätte man in jeder Hinsicht ein volles Haus gewünscht.

Nur auf Anhieb eingängig

Das Werk mutet gerade, was den Chorpart anbelangt, auf Anhieb eingängig, ja simpel an – mit seinen vielen „psalmodierenden“ Unisoni und der Wucht der akkordischen Vertikalen. Auch die Bach-Imitation des zweiten Satzes kommt einigermaßen vertraut daher. Aber das täuscht: Die federnde Motorik, die rhythmische Komplexität inklusive der Taktwechsel im dritten Teil, auch die eigentümlichen Glockeneffekte, dann die in Dissonanzen schwebende Klanggestalt – all das erfordert größte künstlerische Könnerschaft und Wachheit. Der von Herreweghe gegründete Genter Profichor ist diesbezüglich eine 1a-Adresse: Was für eine ekstatische und dabei in der Formung plastisch-antike Gewalt in den Fortissimo-Stellen, welche Kraft und Transparenz der Klangrealisation über die Sprache, was für eine berückende Intensität und Spannkraft im ganz Leisen! Besser kann man diese Musik nicht aufführen.

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Der zweite – chorlose – Teil mit Bruckners zweiter Sinfonie konnte allerdings nicht ganz die Höhe des Beginns halten. Das mag teils am Werk liegen: Es wird wohl nicht ohne Grund selten aufgeführt, der „satisfaktionsfähige“ Bruckner beginnt gemeinhin mit der Dritten. Obwohl der Personalstil in diesem zu Recht „Pausensinfonie“ genannten Werk bereits weithin ausgeprägt ist: Da zerfasern schon mal – vor allem im zweiten Satz und im Finale – die Verläufe, finden nicht zur wuchtigen Schlüssigkeit der späteren Sinfonien. Und schematisch klappernde Barocksequenzen gibt es obendrein.

Bruckner etwas schwächer

Aber der gegenüber dem großartigen Strawinsky reduzierte Eindruck hing auch mit dem Aufführungsstil zusammen (keineswegs übrigens mit der Spielqualität des MCO, die in allen Belangen gewohnt superb war). Unglücklich war schon die Positionierung der Kontrabässe vorne auf der linken Seite. Bei Bruckner-Aufführungen empfiehlt sich ihre Aufstellung an der Rückwand des philharmonischen Podiums – dann strahlt ihr dunkler Sound auf das Ganze ab und verbessert außerdem die Holzbläser-Intonation. So waren sie jetzt eine Gruppe unter anderen und beförderten auf diese Weise eine Helle und Offenheit, eine Durchsichtigkeit des Klanges, die sich bei dieser Agenda generell nicht unbedingt empfiehlt.

In der Partitur versunken

Dass Herreweghe kein medienaffiner Pultstar ist, muss man nicht kritisieren – das ist sogar sympathisch. Aber seine Versunkenheit in der, ja sein Sicht-Festklammern an die Partitur vermittelten allein optisch den Eindruck, da werde mehr buchstabiert als mit souveränem Zugriff frei und souverän gestaltet. Und zuweilen war eben auch das klingende Resultat danach – allenunbestrittenen Schönheiten im Einzelnen zum Trotz.