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„La scuola de’ gelosi“Temporeicher Klamauk an der Kölner Oper

Lesezeit 4 Minuten
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Szene mit  Arnheidur Eiriksdóttir, William Goforth und Kathrin Zukowski (v.l.n.r.)

Köln – Kennen Sie diese Opernszene? Die Gräfin beklagt sich über die Untreue des Grafen, sehnt sich nach den frühen Tagen der Liebe zurück und ringt sich dazu durch, um ihr Glück zu kämpfen. Klar, das ist die große Arie der Contessa Almaviva im dritten Akt von „Figaros Hochzeit“. Aber halt nicht nur dort: In exakt derselben Lage befindet sich auch die Gräfin Bandiera im zweiten Akt von Antonio Salieris Oper „La scuola de’ gelosi“ (Die Schule der Eifersucht), die jetzt an der Kölner Oper im Saal 3 des Staatenhauses Premiere hatte.

Salieri geht Mozarts „Figaro“ (1786) um einige Jahre voraus: 1778 für Venedig komponiert, arbeitete er sein Werk 1783 für das Wiener Burgtheater um und auf – welche erweiterte Fassung jetzt auch in Köln (als Übernahme vom Theater an der Wien) zu sehen ist. Weil Mozart diese Produktion zweifellos kannte, stellt sich die Frage nach möglichen Erbschaftsverhältnissen.

Standardsituationen, die bei Mozart und Salieri wiederkehren

Sie muss zurückhaltend beantwortet werden: Zum einen schöpfen Salieri und Mozart in ihren Opere buffe aus dem Typen-, Formen- und Formelarsenal der Commedia dell’arte. Da kehren halt Standardsituationen immer wieder – weshalb „La scuola de’ Gelosi“ nicht nur an den „Figaro“, sondern massiv auch an „Cosi fan tutte“ und sogar „Don Giovanni“ (das Selbstverständnis des Grafen) gemahnt. Zum anderen zeigt eben gerade der Vergleich des vermeintlich Ähnlichen (seine Gräfinnen-Szene legt Salieri wie Mozart als Steigerungsform mit Accompagnato, langsamem und schnellem Arienteil an), dass Salieri – nun ja – nicht Mozart ist. Diese durch den Filmhit „Amadeus“ in den Köpfen eingebrannte Weisheit aber ist so ausgelutscht, dass man sich fast schämt, sie erneut anzuführen.

Stückbrief

Musikalische Leitung: Arnaud ArbetInszenierung: Jean RenshawBühne und Kostüme: Christof CremerDarsteller: William Goforth, Kathrin Zukowski, Matteo Loi, Alina Wunderlin, Matthias Hoffmann, Arnheidur Eiriksdóttir, Anton Kuzenok, Martin DvorákDauer: 2 Stunden 40 Minuten mit PauseWeitere Aufführungen: 4., 6., 13., 18., 21., 23. April

Worum also geht es in dieser Eifersuchtsschule? Ein Mozarts Don Alfonso vergleichbarer „Spielleiter“ – hier ist es ein Leutnant – hetzt ein Aristokraten- und ein bürgerliches Paar in wechselseitige Eifersuchtsdramen und Untreuefantasien, gegen die lediglich ein mitmischendes cool-zynisches Dienerpärchen immun ist. Am Schluss gibt der Leutnant zu, die Intrigen selbst in Gang gesetzt zu haben, woraufhin sich alle vorläufig beruhigen und einander befrieden. Der Plot – ein künstlich-experimentelles Arrangement ohne starke Realitätsdimension – transportiert sogar eine moralische Botschaft: Eifersucht untergräbt das, was sie angeblich zu hüten vorgibt – die partnerschaftliche Treue –, und wirkt damit zerstörerisch.

Für die szenische Aktion spielt diese Quintessenz aber kaum eine Rolle: Das Stück lebt zentral von seiner Situationskomik, von grotesken Missverständnissen und absurdem „Imbroglio“. Dem Vorwurf der trivial-gewichtslosen Farcenhaftigkeit setzt es sich wehrlos aus. Indes sei in diesem Zusammenhang an keinen Geringeren als Schiller erinnert, der den Gipfel der Kunst dort verwirklicht sah, wo „der Stoff durch die Form vernichtet“ wird. Und die Wien/Kölner Produktion begeht nicht die Todsünde, einen falschen Tiefsinn auf- und einzubauen, sondern belässt es bei der aktionistischen Umsetzung der Handlungsmotive. Zweimal wird wahrscheinlich niemand in diese Aufführung gehen wollen, aber es einmal zu tun, lohnt auf jeden Fall – wovon auch auch der herzliche Schlussbeifall zeugte.

Die Mitglieder des Opernstudios schlagen sich ordentlich

Jean Renshaw stellt einen engen Kasten als Bühne (Christof Cremer) hin, in dem Sachen und Menschen einander zwangsläufig hart stoßen. Dominiert wird er durch einige ineinanderzuschiebende Drehelemente (sie bilden in „Ruheposition“ die Hinterwand), die den Raum zumal dann, wenn sie sich in rechtwinkliger Position zum Publikum befinden, aufteilen – mit dem Effekt, dass Parallelaktionen stattfinden können.

Klar, dass die wetterhäuschenartigen Drehtüreneffekte Tempo und szenischer Auflösung in hohem Maße zugutekommen. Und an Tempo und Witz, an einem atemlosen Staccato von Einfällen mit Bügeleisen und Staubsauger in der in eine nicht näher bestimmte Gegenwart verpflanzten Handlung mangelt es nicht. Vor allem zeichnet es Renshaws Regie aus, dass sie, wenn nur einer singt, das übrige Personal – dessen Kleidung die Motive der blaufarbigen Wandmuster aufnimmt, es gehört halt zum „Inventar“ – nicht herumstehen, sondern quirlig weitermachen lässt. So entsteht eine erhebliche Klamauk-Dichte.

Freilich wird meist im Ensemble gesungen, und unter diesem Aspekt sind auch die Mitglieder des Kölner Opernstudios zu würdigen, die – freilich in Abstufungen – stimmlich und darstellerisch gute Leistungen zeigen. Was so viel heißt, dass sie das schwerelose Buffa-Ambiente angemessen lebendig machen. Das gilt für das Grafenpaar William Goforth und Kathrin Zukowski genauso wie für die Bürgerlichen Matteo Loi und Alina Wunderlin und die durchtriebenen Diener (Matthias Hoffmann und Arnheidur Eiriksdóttir) – sowie den Leutnant Anton Kuzenoks. Verzichtbar, weil ein Overkill, ist die stumme Pantomime des „Eifersuchtsgeistes“ Martin Dvorák.

Es muss offen bleiben, wie viel im (nicht eigentlich vorhandenen) Graben auf den Input des Dirigenten Arnaud Arbet geht, aber das zum Kammerorchester abgespeckte Gürzenich-Orchester befleißigt sich eines bemerkenswert agilen, die Bühnenaktion kongenial mitspielenden Grundklangs. Und Luca Marcossi am Hammerflügel glänzt mit etlichen showträchtigen Soloeinlagen.