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Miroslav Nemec„Tatort"-Schauspieler kommt mit Stück nach Köln

Lesezeit 4 Minuten
Schauspieler Miroslav Nemec sitzt auf einem Sessel auf der Bühne. Er hat ein Bein hochgelegt und liest von Zetteln. Mit der linken Hand gestikuliert er.

Miroslav Nemec gastiert mit „Alexis Sorbas“ am 10. April in der Kölner Philharmonie.

Mit seinem Stück „Alexis Sorbas“ kommt „Tatort“-Schauspieler Miroslav Nemec nach Köln. Es geht um Freiheit und ums Scheitern.

Vor 45 Jahren, mit abgeschlossenem Musikstudium, Züricher Schauspielausbildung und großem Liebeskummer ist Miroslav Nemec nach Köln gekommen. Am Schauspiel Köln begann er seine Karriere. Kurz danach brach die Frau, die ihm Liebeskummer bereitet hatte, endgültig das Herz, sie hatte ihn betrogen. Köln sei damals die richtige Stadt gewesen, ihn abzulenken, erzählt der 68-Jährige. In den Bars ließ er sich Kölsch schmecken. In der Südstadt zeigte Herbert Grönemeyer ihm seine Platten. „Das war vor seinem großen Durchbruch“, sagt Nemec lachend.

Am Theater stürzte er sich in die Arbeit, ein weiterer Weg der Ablenkung. „Man kann Trübsal blasen oder produktiv werden aus solchen Schmerzen.“ So investierte er all seine Energie ins Schauspiel an verschiedenen Theatern im Rheinland, Ruhrgebiet, Frankfurt und München, bevor er 1991 die Rolle bekam, für die er heute den meisten deutschen Zuschauerinnen und Zuschauern bekannt ist: Im Tatort München verkörpert er neben Udo Leitmeyer den Kommissar Ivo Batic. Damit tauschte Miroslav Nemec die Theaterbühnen gegen die Fernsehkamera ein, die Wohnung am Chlodwigplatz gegen ein Leben in München.

Miroslav Nemec kommt mit „Alexis Sorbas“ nach Köln

Nebenbei nutzt er seine Zeit für andere Projekte, ist Sänger, Gitarrist und Keyboarder, engagiert sich ehrenamtlich, veröffentlicht die autobiografischen Erzählungen „Miroslav – Jugoslav“ und kehrt immer wieder auf Theaterbühnen zurück. So hat er mit Regisseur Martin Mühleis den Klassiker „Alexis Sorbas“ adaptiert und kehrt damit am 10. April zurück nach Köln.

Die archaischen, gesellschaftlichen Strukturen, die Kazantzakis beschreibt, sind aus heutiger Sicht verstörend
Miroslav Nemec über „Alexis Sorbas“

Das Stück basiert auf dem Roman von Nikos Kazantzakis. Es geht um einen von Selbstzweifeln geplagten Autor, der Erzähler der Geschichte, und einen vor Lebensfreude sprudelnden Freigeist Alexis Sorbas. Es geht um einen Kopfmensch und ein Bauchmensch, um Freiheit, Scheitern und die Suche nach sich selbst. Themen, die heute noch genauso aktuell sind wie vor 77 Jahren, als der Roman veröffentlicht wurde. „Die archaischen, gesellschaftlichen Strukturen, die Kazantzakis beschreibt, sind aus heutiger Sicht verstörend“, sagt Nemec.

Miroslav Nemec steht zwischen Musikerinnen und Musikern auf der Bühne. Er tanzt mit ausgestreckten Armen.

Miroslav Nemec tanzt den berühmten „Sirtaki“.

Es ginge um die historischen Zusammenhänge, die gezeigt werden müssten, auch heute noch, findet der Schauspieler. Er ist für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, bei Geschichten sei es aber immer auch wichtig, keine gewünschte, sondern eine wahre Realität zu zeigen. Dass „Alexis Sorbas“ also beispielsweise ein veraltetes Frauenbild zeichne, sei vertretbar, wenn man die Entstehungszeit betrachte. „Wir können ja heute froh sein, dass es besser ist und es mit Abstand betrachten“, so Nemec.

Scheitern ist für„Tatort“-Schauspieler Miroslav Nemec von großer Bedeutung

Wichtiger seien bei dem Stück für ihn die Motive. Sorbas ist ein Lebensprinzip für ihn, und der mediterrane Touch, der ihn an seine Herkunft erinnert. Nemec wurde 1954 in Kroatien geboren und kam mit zwölf nach Deutschland. Dieses Freie, Lebensfrohe, vom Bauch Angetriebene des Sorbas trage er stark in sich. „Ich bin als Bauchmensch nach Deutschland gekommen“, sagt er, „Aber ich habe dazu gelernt. Das heißt: Die emotionale Seite nicht verlieren und dennoch einen klaren Kopf bewahren. Ich habe von beiden Welten profitiert.“

Im Stück mit dem fünfköpfigen „Orchístra Laskarina“ spielt Nemec beide Rollen, beide Welten. Das musste er in der Vorbereitung beachten. Die Trennung der beiden Welten machte er im Skript sichtbar, markierte gleichzeitig bewusst und intuitiv die jeweiligen Rollen farblich, sagt er. „Blau ist der kühle Verstand“, beschreibt Nemec, „Gelb sind die Seele, der Bauch, die Freiheit. Da ist mehr Sonne drin – für mich.“

Freiheit ist eins der wichtigsten Motive der Geschichte - und auch für Nemec spielt sie eine große Rolle. Doch Freiheit würde häufig falsch verstanden. „Freiheit bedingt immer Rücksichtnahme“, so der 68-Jährige. Für ihn bestehe Freiheit darin, herauszufinden, was man machen will und das dann zu tun, ohne anderen zu schaden. „Das heißt nicht, dass das immer klappt“, fügt Nemec hinzu. Scheitern spiele eine ebenso große Rolle im Leben, im Schauspiel und im Stück wie die Freiheit.

„Ich bereite mich immer so vor, dass es nicht zum Scheitern kommen soll, aber es vorkommen kann“, beschreibt Nemec. „Man muss lernen, damit umzugehen und weiterzumachen.“ Es sei das Wichtigste, sich vom Scheitern nicht negativ beeinflussen zu lassen – das lehrt auch das Stück. Nemec: „Ist es nicht wunderbar, wie der Ich-Erzähler von Sorbas erfährt, dass selbst Scheitern Genuss sein kann?“


„Alexis Sorbas“: 10. April 2023, 20 Uhr, Köln Philharmonie, ab 35,90 Euro unter www.tickets-direkt.de sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen