Mit einem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin wollen Anwälte Vorwürfe gegen den Rammstein-Frontmann entkräften. Lindemann erhält weitere Unterstützung aus Köln.
Vorwürfe gegen Rammstein-SängerKölner Uni-Professor schreibt Gutachten im Auftrag von Till Lindemanns Anwälten
Die Anwaltskanzlei Schertz/Bergmann, die Rammstein-Sänger Till Lindemann zu Vorwürfen wegen Machtmissbrauchs vertritt, hat am Montagnachmittag (26. Juni) die Ergebnisse einer eigenen Untersuchung und eines rechtsmedizinischen Gutachten veröffentlicht. Damit wollen die Verteidiger Vorwürfe gegen den Frontmann der weltweit erfolgreichen deutschen Band entkräften.
Die Stellungnahme basiert in Teilen auf Aussagen des Kölner Rechtsmediziners Markus Rothschild vom Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln. Außerdem kündigt die Kanzlei Schertz/Bergmann an, dass der Kölner Jurist Björn Gercke Lindemann in strafrechtlichen Fragen vertrete. Gercke ist unter anderem dafür bekannt, ein viel kritisiertes Gutachten für das Erzbistum Köln zum Umgang mit sexuellem Missbrauch erstellt zu haben. In der Vergangenheit vertrat er auch schon den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.
Mehrere Frauen beschuldigen Rammstein-Sänger Till Lindemann schwer
In den sozialen Netzwerken hatten seit Ende Mai mehrere Frauen, darunter die Nordirin Shelby Lynn und die deutsche Youtuberin Kayla Shyx, teilweise schwere Vorwürfe gegen Till Lindemann erhoben. Im Fokus steht ein Fan-Castingsystem, das offenbar auch zum Ziel hatte, Till Lindemann Frauen zuzuführen. Innerhalb dieses Systems soll es laut den Vorwürfen zumindest zu Machtmissbrauch gekommen sein.
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Die Lindemann-Anwälte teilten am Montag mit, dass sie, „um Vorwürfe von Frau Lynn weiter aufzuklären“, eine eigene Untersuchung für Till Lindemann veranlasst hatten. Beauftragt wurde laut Schertz/Bergmann das Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln.
Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger: Till Lindemann stellt sich gegen Vorwürfe mit Gutachten – was wurde untersucht?
Im Fokus der Analyse stehen Fotos und ein Videoclip, die Lynn nach einem Konzert in Vilnius (Litauen) veröffentlicht hatte. Die Bilder zeigten einen großen blauen Fleck auf Bauchhöhe, Lynn suggerierte, dass er während des Rammstein-Konzerts am 22. Mai entstanden sei, und dass ihr etwas ins Getränk gemischt wurde. Diese Bilder wurden nun im Auftrag der Anwaltskanzlei untersucht.
Ein Auszug aus dem von Lindemanns Anwälten beauftragten Gutachten soll beweisen, dass die Verletzung nicht durch Fremdeinwirkung entstanden sein könne. „Insgesamt sprechen Morphologie und Lokalisation der dokumentierten Verletzungen eher für ein akzidentielles Geschehen, ohne das eine Fremdeinwirkung von vornherein allein anhand der Befunde völlig ausgeschlossen werden kann. Typisch für eine Fremdeinwirkung sind die Befunde aus rechtsmedizinischer Sicht indes nicht“, wird der Direktor des Kölner Instituts, Markus Rothschild, zitiert.
Rothschild bestätigte am Dienstagvormittag (27. Juni) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, ein rechtsmedizinisches Gutachten „objektiv und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet“ zu haben. Die Analyse sei nur anhand Lynns Fotos und eines Videos, das Lynn ebenfalls veröffentlicht hatte, erstellt worden. Für das Gutachten sei ein marktübliches Honorar in Rechnung gestellt worden.
Sexualisierte Gewalt im Fall Shelby Lynn? Lindemann-Gutachten soll Vorwürfe widerlegen, die nicht erhoben wurden
Laut Lindemanns Anwälten sollte das Rechtsgutachten auch klären, ob es sexualisierte Gewalt von Till Lindemann gegenüber Shelby Lynn gab. „In Ergänzung zu dem unter 4.1. vorgetragenen ergeben sich insbesondere keine Hinweise auf sexualisierte Gewalt als Ursache für die bei der Zeugin dokumentierten Verletzungen. Zwar kann auch hier allein anhand der Verletzungsbefunde eine sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung nicht ausgeschlossen werden. Umgekehrt fanden sich aber auch keine Hinweise auf eine sexualisierte Gewalt“, heißt es in dem Gutachten laut Anwaltsmitteilung.
Das wirft allerdings Fragen auf, weil die Nordirin diese Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger gar nicht erhoben hatte. Bereits am 30. Mai stellte sie auf Twitter klar: „Till (Lindemann, d. Red) hat mich nicht berührt. Er akzeptierte, dass ich keinen Sex mit ihm haben will. Ich habe niemals behauptet, dass er mich vergewaltigt hat“, schrieb sie.
Gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bekräftigt Shelby Lynn nun am Montag die Position: „Ja, ich weiß bis heute nicht, woher diese blauen Flecken kamen, aber sie kamen nicht von Till“, sagte sie im Gespräch. „Er hat mein Nein akzeptiert, er war verärgert über mein Nein, aber er hat es akzeptiert. Ich wurde nicht vergewaltigt, alle meine Kleidungsstücke waren unversehrt, einschließlich meines Rocks, der Shorts unter dem Rock und 2 Paar Strumpfhosen. Ebenso wie mein Korsett, unter dem sich zur Sicherheit ein BH befand. Nichts war bewegt worden“, sagte sie weiter.
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Berlin gegen Till Lindemann
Die Lindemann-Anwälte thematisieren in der Mitteilung auch, dass die Polizei und die Staatsanwaltschaft im litauischen Vilnius die Ermittlungen rund um die Vorwürfe von Shelby Lynn eingestellt haben. Das bestätigte auch die Staatsanwaltschaft gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Bereits seit 7. Juni laufen Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft gegen den Rammstein-Frontmann. Die Tatvorwürfe stammen „aus dem Bereich der Sexualdelikte und der Abgabe von Betäubungsmitteln“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft sind noch offen, wann ein Ergebnis abzusehen ist, ist noch unklar. Die Anzeigen sind nicht von mutmaßlichen Opfern erstellt worden, sondern von Dritten, „die ihre Anzeigen ausschließlich auf Medienberichte und Vorwürfe in den sozialen Netzwerken stützen“, schreibt auch die Kanzlei Schertz/Bergmann.
Nach den Vorwürfen gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann hatte sich Rammstein-Drummer Christoph Schneider als erstes Bandmitglied öffentlich geäußert und von Lindemann distanziert. Rammsteins Plattenfirma Universal schränkte die Werbung für die Band ein. Die wohl erfolgreichste deutsche Band ist derzeit auf Stadion-Tour durch Europa, aus dem Umfeld der Band hieß es gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass diese auch trotz Protesten im Rahmen der Konzerte zu Ende gespielt werden solle.