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Spielzeit 24/25 vorgestelltZu Haydns „Schöpfung“ dreht in der Kölner Oper der „Tatort“ mit

Lesezeit 5 Minuten
Stefan Charles (Beigeordneter für Kunst und Kultur), Hein Mulders (Intendant Oper Köln), Philippe Manoury (Komponist "Die letzten Tage der Menschheit")

Kulturdezernent Stefan Charles (v.l.), Opern-Chef Hein Mulders und Komponist Philippe Manoury

Hein Mulders, Intendant der Oper Köln, stellt im Staatenhaus die kommende Spielzeit vor. Eine Produktion ist dabei von monumentalen Ausmaßen.

Am Anfang steht die Erschaffung der Welt, am Ende deren Untergang. Das verdient fürwahr eine starke thematisch-dramaturgische Klammer, um eine komplette Opernsaison genannt zu werden – genauer: um die Kölner Spielzeit 2024/25, die am Mittwoch Intendant Hein Mulders und sein Team im Staatenhaus vorstellten.

Sie beginnt also Anfang Oktober mit einer szenischen Aufführung von Haydns „Schöpfung“, die – als Deutschland-Debüt – die britische Regisseurin Melly Still erstellt und der Alte-Musik-Experte Marc Minkowski dirigiert (wie zu hören ist, wird diese Produktion in die Dreharbeiten zu einem neuen „Tatort“ eingebunden). Und sie endet, Ende Juni, mit dem seine Uraufführung erlebenden „Thinkspiel“ „Die letzten Tage der Menschheit“ aus der Feder des französischen Komponisten Philippe Manoury, einem auch in Köln gut eingeführten Pionier der elektronischen Musik, der während der Pressekonferenz im Staatenhaus zu seiner Arbeit beredt Auskunft gab.

Philippe Manourys hat Karl Kraus' Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ in eine gewaltige Oper verwandelt

Der Werktitel bezieht sich auf das gleichnamige weitläufige, im und zum Ersten Weltkrieg entstandene Lesedrama von Karl Kraus, das von Manoury selbst, vom Regisseur Nicolas Stemann und dem ehemaligen Gürzenich-Programmdramaturgen Patrick Hahn zu einem Libretto verarbeitet wurde. Mulders bezeichnete das Stück als „Mount Everest-Besteigung“ – eine derart monumentale Produktion habe es seit Zimmermanns „Soldaten“ in Köln nicht mehr gegeben.

Tatsächlich wirken dabei unter anderem nicht weniger als zwölf Solisten mit, darunter Stars wie Anne Sofie von Otter und stets gern gesehene und gehörte Ensemblemitglieder der Kölner Oper wie Emily Hindrichs und Miljenko Turk. Die beklemmende Aktualität des Stoffes, die auch mit hinzugenommenen zeitgenössischen Texten unterstrichen wird, liegt angesichts des Ukraine-Krieges auf der Hand – wenngleich Mulders davon ausgeht, dass jedenfalls der Kölner Oper nicht ihre „letzten Tage“ bevorstehen.

Nicht letzte, aber schwierige Tage erlebt das Haus derzeit freilich allemal. Der Intendant rechnet mit einem Umzug an den Offenbachplatz gegen Ende der kommenden Saison – aber sicher ist das selbstredend nicht. Dabei sind zwei Produktionen dezidiert auf die Riphahn-Bühne hin konzipiert – neben den „Letzten Tagen“ der Doppelabend mit Strawinskys „Rossignol“ und Poulencs „Les Mamelles de Tirésias“ in einer Übernahme der Pariser Inszenierung von Olivier Py im April. Wenn es nichts wird mit dem Umzug, muss diese Produktion verschoben werden.

François-Xavier Roth wird nach den MeToo-Vorwürfen als Dirigent wohl kaum noch antreten

Noch steht für sie übrigens, wie für die „Letzten Tage“, als Dirigent Kölns Noch-GMD François-Xavier Roth auf der Agenda; dass er tatsächlich antreten wird, gilt indes angesichts der um seine Person entbrannten MeToo-Debatte als unwahrscheinlich. Die „Schöpfung“ macht er aber, so viel steht fest, genauso wenig wie die direkt folgende „Elektra“, für die als Ersatz der Ulmer GMD Felix Bender gewonnen werden konnte. Roland Schwab inszeniert, die Frauenpartien werden von Lioba Braun/Dalia Schaechter, Allison Oakes und Astrid Kessler gesungen.

Tatsächlich könnten, so Mulders nicht nur mit Blick auf „Elektra“, die „starken Frauen“ als ein weiteres verbindendes Motiv der Spielzeit bezeichnet werden. Um solche geht es im (von Tomás Netopil dirigierten) „Don Giovanni“ in der Regie der Italienerin Cecilia Ligorio – die, wie man vernehmen kann, dem Mythos eine feministische Lesart abgewinnen wird. Die Titelpartie singt Seth Carico, die Rolle der Donna Anna teilen sich die Ensemblemitglieder Kathrin Zukowski und Emily Hindrichs.

Und eine „starke Frau“ gibt es auch in der – kaum bekannten, ja verschollenen – Operette „Eine Frau von Format“ aus der Feder von Michael Krasznay-Krausz, eines seinerzeit beliebten Vertreters des Genres im Berlin der Weimarer Republik. Hier, wo sich ein „Botschafter“ als Botschafterin entpuppt, inszeniert der Kölner Christian von Götz, die Titelpartie singt die gefeierte, eher im Alte-Musik-Metier großgewordene Sopranistin Annette Dasch.

Wie Mulders beim Personal altbewährte Kräfte und Newcomer mischt, so steht auch in 2024/25 Neues und Ausgefallenes markant neben den Rennern des Repertoires. Zu den Rennern gehört zweifellos Verdis „Nabucco“, der in Köln allerdings zuletzt 1958 über die Bretter ging. Jetzt inszeniert Ben Baur die italienisch dominierte Produktion mit Sesto Quatrini und Giulio Cilona am Pult.

Eher zum Repertoire gehört auch Händels „Orlando“ als Übernahme des Festivals im spanischen Perelada (Regie: Rafael R. Villalobos, Dirigat: Rubén Dubrosky). Ausgefallen ist hingegen Astor Piazollas Tango-Oper „María de Buenos Aires“, in der Adriana Bastidas-Gamboa die Titelpartie übernimmt, „neu“ (von 2006) ist das Monodram „La Passion de Simone“ der kürzlich verstorbenen finnischen Starkomponistin Kaija Saariaho, in dem es um das Schicksal der französisch-jüdischen Philosophin Simone Weil geht. Hier inszeniert Friederike Blum, am Pult steht Christian Karlsen. Unter den Wiederaufnahmen ragen Michael Hampes „La Bohème“ und Lydia Steiers „Carmen“ heraus.

Die Kölner Kinderoper wartet mit einer ausschließlich von Schülern und Schülerinnen erstellten „Community Opera“ („Super Helden Normalos“) sowie Thierry Tidrows „Nils Karlsson Däumling“ (nach Astrid Lindgren) auf. Im Tanzbereich gibt es mit „Fast, Furious & Serious“ eine vielfältig-kleingliedrige Gala unterschiedlicher Choreografen mit Tänzern der Gauthier Dance/Dance Company Theaterhaus Stuttgart, Komoco, des Opera Ballet Vlaanderen und des Berliner Staatsballetts sowie Sidi Larbi Cherkaouis „Ihsane“ mit dem Ballet du Grand Théatre de Genève und Eastman.


Premieren in der Saison 2024/25

- „Die Schöpfung“ (5. Oktober)

- „Elektra“ (6. Oktober)

- „Orlando“ (17. November)

- „Nabucco“ (1. Dezember)

- „Don Giovanni“ (9. März)

- „Le Rossignol“/ „Les mamelles de Tirésias“ (26. April)

- „Eine Frau von Format“ (11. Mai)

- „La Passion de Simone“ (18. Mai)

- „María de Buenos Aires“ (24. Mai)

- „Die letzten Tage der Menschheit“ (27. Juni)