Eingeschleppte Arten können für die heimische Flora und Fauna u. U. tödlich sein. Eine Übersicht über 11 invasive Tierarten in NRW.
Nosferatu-Spinne, Sittiche, Mücken11 invasive Tierarten, die sich in NRW ausbreiten
In Nordrhein-Westfalen leben immer mehr gebietsfremde Tiere und Pflanzen. Die meisten bereichern die Artenvielfalt, einige richten Schaden an: Invasive Arten, die sich oft ungehindert vermehren und mit heimischen Arten um Nahrung oder Lebensraum konkurrieren, sie im schlimmsten Fall verdrängen. Manche können als Krankheitsüberträger auch dem Menschen schaden. Wir haben 11 Tierarten im Überblick.
Nosferatu-Spinne
Seit dem Sommer 2022 werden in Köln und Umgebung vermehrt Nosferatu-Spinnen gesichtet, eine etwa sieben Zentimeter große und behaarte Spinnenart. Der Achtbeiner hat sich in den letzten Jahren aufgrund des Klimawandels in Nordrhein-Westfalen ausgebreitet.
Ursprünglich stammt die zu den Kräuseljagdspinnen gehörende Spinne aus dem Mittelmeerraum und wurde vermutlich als „blinder Passagier“ im Güterverkehr nach Deutschland eingeschleppt. „Durch die heißen Sommer der letzten Jahre hat die Spinne hier ihre optimalen Lebensbedingungen und hat es geschafft, sich hier zu etablieren“, sagt Birgit Röttering, die Geschäftsführerin des NABU in Köln. Der Biss der Nosferatu-Spinne sei zwar giftig, aber für den Menschen ungefährlich. Wenn sie beißt, ist das vergleichbar mit einem leichten Wespenstich.
Asiatische Hornisse
Die aus Südostasien stammende Asiatische Hornisse breitet sich mittlerweile in ganz Europa aus. Seit ihrem ersten Auftreten im Jahr 2004 hat sich die Art in weiten Teilen Frankreichs etabliert. Darüber hinaus gibt es Nachweise aus Belgien, den Niederlanden, der Iberischen Halbinsel und Italien.
Die Asiatische Hornisse breitet sich in den vergangenen Monaten immer stärker in Nordrhein-Westfalen und auch in Köln aus. Die invasive Art, die ursprünglich aus Südostasien stammt, wurde alleine im Jahr 2022 achtmal in Nordrhein-Westfalen gesichtet, darunter auch in Köln. Erst 2020 war die Hornissenart Vespa velutina erstmals in Deutschland entdeckt worden. Vor allem für Bienen könnte die Asiatische Hornisse zum Problem werden. Untersuchungen in Frankreich haben gezeigt, dass sich die Art mit einer durchschnittlichen jährlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit von 78 Kilometern ausbreitet.
Nilgans
Die Nilgans hat sich in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen stark ausgebreitet. In Köln werden sie am Rheinufer, am Aachener Weiher und in der Westhovener Aue gesichtet. Ursprünglich ist die Nilgans in Afrika südlich der Sahara und entlang des Nils in Ägypten beheimatet. Die in Deutschland lebenden Tiere stammen überwiegend aus Großbritannien und den Niederlanden, wo sie ausgesetzt wurden oder aus Parks entwichen sind.
Ob sie einheimische Arten schädigen, ist noch unklar. Daher wird derzeit intensiv diskutiert, ob sie als invasive Art einzustufen sind und gelten als „potenziell invasive Art“. Wird eine Art als invasiv eingestuft, sind laut Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) „geeignete Maßnahmen zu treffen, um einer Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen und Arten durch gebietsfremde oder invasive Tiere und Pflanzen entgegenzuwirken“.
Nutria
Die Nutria, auch Biberratte genannt, wurde um 1900 wegen ihres Pelzes eingeführt. Die Nagetiere verursachen erhebliche Schäden an der Ufervegetation und gelten als invasive Art, da sie für den Lebensraumverlust anderer Tiere verantwortlich gemacht werden. Inzwischen werden Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung ergriffen. Dr. Manfred Aletsee vom NABU NRW erklärte gegenüber dem WDR, dass sie „sie ganze Uferbereiche umkrempeln“.
Buchsbaumzünsler
Die Raupen dieses Kleinschmetterlings sind sehr gefräßig und verursachen einen starken Kahlfraß an einheimischen Buchsbäumen. Wie der Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen mitteilt, frisst die Raupe des Buchsbaumzünslers nicht nur die Blätter der Zierpflanze, sondern nagt auch an der Rinde.
In Europa ist der Schmetterling erst vor wenigen Jahren aufgetaucht, erste Beobachtungen gab es 2006 in der Rheinebene Baden-Württembergs. Da natürliche Feinde fehlen, breiten sich die aus Ostasien stammenden Insekten rasch aus.
Spanische Wegschnecke
Die Spanische Wegschnecke wird von Gärtnern und Landwirten als Schädling angesehen, der erhebliche Schäden in Beeten und auf Feldern verursacht. Sie hat sich seit 1969 zunächst im Südwesten Deutschlands etabliert und in den 1990er Jahren ihr Verbreitungsgebiet nach Ostdeutschland ausgedehnt.
Mittlerweile ist sie auch in Nordrhein-Westfalen heimisch und gilt als die häufigste Schneckenart in Deutschland. Sie steht laut dem NABU auf der Liste der 100 Tier- und Pflanzenarten, die europaweit die größten negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, die Wirtschaft und die Gesundheit haben.
Asiatische Tigermücke
Die Asiatische Tigermücke wurde von Bill Gates einst als „tödlichstes Tier der Welt“ bezeichnet. Das Insekt kann bis zu 20 verschiedene Krankheitserreger in sich tragen, darunter Denguefieber oder Zikaviren. Durch die Rekordhitze breitet sich die Tigermücke mittlerweile auch in Deutschland aus – und droht heimisch zu werden.
Es wird vermutet, dass sie über den internationalen Warenhandel aus Asien nach Europa eingeschleppt wurde, wo sie erstmals 1979 in Albanien auftrat. Seitdem hat sie sich nach Norden ausgebreitet und 2007 Baden-Württemberg erreicht. Mittlerweile ist sie auch in Nordrhein-Westfalen angekommen, Nachweise gibt es unter anderem aus dem Rhein-Erft-Kreis.
Waschbär
Der Waschbär gilt in Deutschland und seit 2016 in der gesamten EU als invasive Art. Die putzigen Vierbeiner stammen ursprünglich aus Nordamerika und wurden in den 1930er Jahren in Hessen ausgesetzt. Einige Exemplare entkamen auch aus Pelztierfarmen in Ostdeutschland. Seitdem hat die Population stetig zugenommen und ist in vielen Regionen zum Problem geworden. Sie werden intensiv bejagt, da sie vor allem für Bodenbrüter und Schildkröten eine Bedrohung darstellen, indem sie deren Eier suchen und fressen.
Signalkrebs, Sumpfkrebs und Kamberkrebs
Drei aus Amerika stammende Krebsarten stellen nach Expertenmeinung eine Bedrohung für heimische Flusskrebse und Fische dar. Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs (auch Louisiana-Krebs genannt), der Kamberkrebs und der Signalkrebs kommen nach Angaben des Ruhrverbands in Essen in großer Zahl im Kemnader See, einem der sechs Ruhrstauseen, vor.
Diese Krebse übertragen die Pilzkrankheit Krebspest auf andere Tiere, ohne selbst daran zu erkranken. Eine Sprecherin des Verbandes betonte gegenüber der dpa, dass diese Krankheit für die einheimischen Flusskrebse tödlich sei. Bislang gibt es kein Heilmittel gegen die Krebspest, amerikanische Arten sind dagegen immun. In Nordrhein-Westfalen sind die heimischen Flusskrebse empfänglich. Stirbt ein Krebs an der Krebspest, verbreitet er die tödlichen Pilzsporen weiter.
Ochsenfrosch
Der Ochsenfrosch wird seit einiger Zeit als invasive Art eingestuft. Aufgrund seiner beachtlichen Größe und seines räuberischen Verhaltens stellt er eine Bedrohung für viele einheimische Amphibienarten dar. Ein einheimischer Wasserfrosch hätte gegen einen ausgewachsenen Ochsenfrosch keine Chance.
Schon die Kaulquappen dieser aus Nordamerika stammenden Art erreichen eine beachtliche Größe von 10 bis 15 Zentimetern. Da sie hierzulande kaum natürliche Feinde haben, neigen Naturschützer dazu, die Kaulquappen frühzeitig einzusammeln, was ein behördlicher Genehmigung bedarf. In den USA werden Ochsenfrösche zum Verzehr, den Froschschenkeln, bejagt, was in Deutschland verboten ist.
Marderhund
Marderhunde sind ursprünglich in Ostasien beheimatet. Ab 1928 wurden sie in der westlichen Sowjetunion angesiedelt, um sie besser für die Jagd und die Vermarktung ihres Fells nutzen zu können. Von Osteuropa breitete sich diese Hundeart nach Skandinavien, Südeuropa bis zum Donaudelta und schließlich nach Westeuropa aus.
Seit den 1990er Jahren ist der Marderhund auch in Nordrhein-Westfalen heimisch. Nach Angaben des NABU sind derzeit Nachweise aus mindestens 27 Kreisen und kreisfreien Städten dokumentiert. Interessanterweise konzentrieren sich allein 114 der insgesamt 215 seit 1985 gemeldeten Marderhundbeobachtungen auf die Kreise Lippe, Paderborn und Höxter.
Halsbandsittich
Im Kölner Stadtwald soll man bereits in den 1960er Jahren zum ersten Mal das Krächzen der grellgrünen Papageien gehört haben. Vermutlich wurden sie ausgesetzt oder sind aus einer Voliere ausgebüxt. Seitdem haben sich die Vögel entlang des Rheins immer weiter ausgebreitet: Leverkusen, Düsseldorf, Worms, Wiesbaden, Mainz, Bonn und Heidelberg gehören mittlerweile zum Verbreitungsgebiet der aus den afrikanischen Savannen und dem indischen Subkontinent stammenden Vogelart.
Auch aus Belgien und den Niederlanden werden zunehmende Papageienbestände gemeldet. Die Vögel konkurrieren mit einheimischen Arten um Nistplätze in Baumhöhlen und natürlich um Nahrung. Zurzeit gilt der Halsbandsittich als potenziell invasiv und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) prüft, ob er ebenfalls in die „Schwarze Liste“ invasiver Arten aufgenommen werden soll. (jag)